Woodstock:Eine gelebte Utopie

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Ein Schreiber findet, das Narrativ Woodstock stehe antipodisch zur derzeitigen Situation in Amerika, aber auch darüber hinaus. Ein anderer glaubt, die heutige Ökobewegung hätte es ohne die 68er nie gegeben.

Zu " Wir waren Sternenstaub" und " Intermezzo im Schlamm" vom 14./15. August:

Woodstock war das größte und schönste Erlebnis, das ich - nicht - gehabt habe. Willi Winkler und Kurt Kister haben mit ihren Schilderungen noch einmal jene Tage, in denen sich viele junge Menschen wohl mehr als je zuvor und mehr als je danach als "Gottes Kinder, gemacht aus goldenem Sternenstaub, auf dem Weg zurück zum Garten Eden" fühlten, wachgerufen. Und durchaus ihre Ambivalenzen. So war Woodstock in der Tat nicht ausschließlich der Himmel auf Erden, sondern ein drogistisch und später dann medial und kommerziell aufbereitetes Magical. Aber was zählt und erzählt das heute, insbesondere für die amerikanische Kultur und Politik? Das Narrativ Woodstock steht antipodisch zur derzeitigen gesellschaftlichen Situation in Amerika, aber auch darüber hinaus. Es steht dafür, dass eine bessere, menschlichere Gesellschaft mit mehr Love, Peace and Understanding möglich sein sollte und sein kann. Woodstock ist und bleibt daher für mich eine genuin wirksame Droge für Glaube und Hoffnung.

Matthias Bartsch, Lichtenau

Woodstock ist eine Legende, eine weitere Manifestation des unzerstörbaren menschlichen Glaubens an die Utopie, die jede junge Generation erfassen muss - Utopien sind überlebensnotwendig für unser Menschsein, unsere Zivilisation. Mit Wehmut betrachte ich die Fotografien der unendlichen Menschenmasse, die friedlich, ohne Massenpanik, drei Tage eng aneinandergerückt eine Utopie gelebt hat. Vieles der "Gegenkultur" ist über die Jahrzehnte gerettet worden. Die Friedensbewegung der Achtziger, nicht einmal die Fridays-for-Future-Bewegung ist ohne den Bewusstseinswandel von damals denkbar.

Dass der Mörder Charles Manson und seine "Family" die Sechzigerjahre ruiniert haben sollen, ist eine absurde Behauptung.

Dr. Angelika Klüpfel, Hohenroth

Wieder einer mehr, der nicht dabei war, aber ganz sicher meint, alles war schlecht. Die Hippies waren wohl alle schlecht in den Augen des Autoren und haben nichts gebracht. Ich war auch nicht dabei mit meinem Jahrgang 1985, und im Osten geboren wäre es mir auch nicht möglich gewesen. Die dem Autoren scheinbar verhassten 68er rennen heute nicht mehr in ihren bunten Klamotten herum, aber dennoch ist seitdem viel passiert. Die heutige Ökobewegung lässt sich wohl ohne die Menschen dieser Zeit nicht denken. Wahrscheinlich sind die Ökos auch nur Spinner für den Autoren. Bloß keine Veränderung. Genau das war es doch, gegen das sich diese Menschen aufgelehnt haben. Was für ein Problem besteht mit den 68ern? Die Fakten mögen nicht falsch sein, aber ganz sicher sind sie nicht reflektiert, sondern nur weitere Stimmungsmache für die AfD und andere Nationale.

Merle Brandstetter, Leipzig

© SZ vom 29.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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