Kunstfreiheit:Probt den Aufstand!

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Werden selbst ernannte Sittenwächter bald die Welt nach ihrem "künstlerischen" Gusto gestalten? Leserinnen und Leser sehen schon mit Schaudern Verbindungen zu Ausstellungen "entarteter" Kunst und Rad Badburys Buch "Fahrenheit 451".

"Streben nach Reinheit" vom 2. Februar:

Unfehlbare Weltanschauung

Im Streit zwischen Kunstfreiheit und Sittlichkeit wiederholt sich die Geschichte. Zensierten einstmals Monarchen oder Kirchen, so sind es heute Feministen. Da die eigene Weltanschauung unfehlbar ist, darf alles Abweichende verboten werden. Eine Abwägung mit der Kunstfreiheit ist dann nicht mehr erforderlich. Johannes Forck, Freiburg

Auch die Bibel sichten

Die Realität hat die Satire leider schon wieder einmal eingeholt. Wenn das Abhängen von Bildern als "eigenständiger künstlerischer Akt" deklariert wird, so lässt das befürchten, dass die selbst ernannten Sittenwächter noch weitere Be- und Empfindlichkeiten als Vorwand nutzen werden, die Welt nach ihrem "künstlerischen" Gusto zu gestalten. Rauchende oder auch fleischessende Protagonisten aller Couleur müssen aufgespürt und die betreffenden Werke weggesperrt werden. Auch die Bibel sollte einer kritischen Sichtung unterzogen werden, besonders in der Genesis wird ja die Rolle der Frau nicht grade in der heute verlangten politischen Correctness festgelegt. Mit etwas kranker Fantasie ließen sich weitere Felder auftun, die der Säuberung bedürfen. Dieses hysterische Streben nach Reinheit, die Sehnsucht nach dem weißen Riesen, die Ablehnung von individueller Beurteilung der Kunst lässt das Schreckgespenst Bücherverbrennung und das Wort von der "entarteten" Kunst am Horizont erscheinen. Peter Butzbach, Köln

Die Überlegenheit feiern

Nach der Entfernung mehrerer Gemälde aus öffentlichen Sammlungen und der Absage einiger Ausstellungen, weil die Bildmotive bzw. deren Urheber den Vorgaben der politischen Korrektheit nicht genügten, warte ich gespannt auf die Großausstellung "Sexistische Kunst", zu der dann bei selbstverständlich freiem Eintritt die Besucher in Massen strömen sollen, um ihre moralische Überlegenheit zu feiern. Ariane Böckler, Nürnberg

Die Venus mit BH

Mit Schaudern lese ich den Bericht von Alexander Menden über die Auswüchse des puritanistischen Ikonoklasmus in Manchester und New York. Wann bekommt die Venus von Milo folgerichtig einen BH verpasst? Wann wird die Nackte in Manets "Déjeuner sur l'herbe" endlich mit einem züchtigen Badeanzug bekleidet? Und kam Courbet nicht zu Recht in den Knast, weil er nackte Weiber und behaarte Vulven en masse gemalt hat? Ich war immer der Meinung, die Zeit der Gegenreformation, als Nackerte ein tugendhaftes Wein- sprich: Feigenblatt vors Gemächt gepflanzt bekamen, sei endgültig überwunden - offenbar weit gefehlt! Wäre es nicht an der Zeit, einen Aufstand der Unanständigen zu proben? Matthias Wolf, Berlin

Ist es schon wieder so weit?

Erst vor Kurzem sah ich noch mal François Truffauts Verfilmung des Romans "Fahrenheit 451" von Ray Bradbury. Das "Streben nach Reinheit" lässt mich arg fürchten, dass es (schon wieder) so weit ist, dass eine "geistige Feuerwehr" nach "entarteter" bildender Kunst suchen und beseitigen darf, um die Menschen frei von Mündigkeit und Kritikfähigkeit zu halten. Empört euch! Cornelia Heesen, Würzburg

© SZ vom 14.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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