Herxheim:Hitlers Glocke

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Sollen die Bewohner von Herxheim am Berg in Rheinland-Pfalz ihre einst dem Vaterland und Adolf Hitler gewidmete Kirchenglocke abhängen oder nicht? Eine Leserin hat eine andere Idee.

"Hört doch keiner" vom 2./3. September:

Das wollten sie so haben

Dieser arme Herr Bürgermeister von Herxheim am Berg redet, wie er denkt. Er merkt, dass der Klang seiner Worte plötzlich nicht mehr richtig ist. Ansonsten traf er wohl stets den in Herxheim nachhallenden Sound der Erinnerung. Das hat jetzt diese blöde Glocke übertönt. Es war ja nie ein Problem, es hat ja keiner die Aufschrift gesehen. Nach 1945 war die Dorfgemeinschaft von Herxheim sicherlich eine andere als 1934. Das abweichende Hören, welches sich an der c-Glocke hätte stören können, war als widerständige Praxis anscheinend abhandengekommen. Nun kommt ein Sound "von außen", schallt hinein zwischen Rebstöcke, hallt in ein beschauliches Dorf. Die Gegenwart des Sagbaren und Hörbaren besitzt einen anderen Takt und darauf funktioniert die kommunale Wagenburg nicht. "Deutscher Wein und deutscher Sang, sollen in der Welt behalten, ihren alten, schönen Klang."

Nun kommt die böse, überregionale Presse her und schreibt schlecht, dass heißt mit Aufhänger und Haltung, über eine Gemeinde, die gar nicht wissen will, was ihr geschieht. Eine Kommune wie Herxheim war 1934 keineswegs vom nationalsozialistischen Regime gezwungen, eine Alarmglocke mit dieser Aufschrift bei der Glockengießerei Schilling in Apolda zu bestellen. Das wollten man/frau im Ort so haben. Der damalige Bürgermeister hatte das durchgesetzt, der Gemeinderat hatte es abgesegnet. Das Zurückliegende vergeht eben nicht, verklingt nicht einfach so. Das Dorf hört, stellt sich gleichzeitig taub.

Zwar ist es naheliegend und wünschenswert, dass die Glockensachverständige der evangelischen Kirche ihre Expertise dazu einbringt. Eigentlich sind aber dafür das Regierungspräsidium beziehungsweise das rheinland-pfälzische Innenministerium zuständig. Schließlich handelt es sich um weltliches Geläut, und Luftangriffe sind inzwischen auch in Herxheim eher selten geworden. Dr. Heiner Stahl, Siegen

Frieden spendendes Bild

Der in oben genannter Ausgabe erschienene Artikel von Josef Wirnshofer zur Kirchturmglocke von Herxheim am Berg hat mich das gesamte Wochenende über umgetrieben. Interessanterweise konnte ich keine eindeutige Antwort für mich finden. Weder auf die Frage, ob die betreffende Glocke nun am Ort weiter ungestört ihren Dienst versehen sollte, noch ob ich die Relevanz dieser Frage als hoch genug empfinde, um das Gemüt damit zu beschäftigen. Da sich mein Gemüt nun offenbar aber damit beschäftigen wollte, habe ich nun einen, wie ich denke, praktikablen und kostengünstigen Vorschlag:

Statt die Glocke zu entfernen oder zu ersetzen, würde ich Hakenkreuz und Schrift mit einem Frieden spendenden Bild überarbeiten. Einem guten Künstler wird sicher etwas einfallen, um die erhabene Gravur so einzubinden, dass sie nicht länger ein Stein des Anstoßes sein muss.

Das wäre eine schöne Herausforderung, eine Förderung der Kunst und preisgünstiger als das Ersetzen der Glocke. Vivien Knoth, Witten

© SZ vom 12.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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