Gemeinnützigkeit:Streit um Urteil zu Attac

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Der Bundesfinanzhof hat dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac die Gemeinnützigkeit aberkannt. Zwei Briefe mit zwei gegenläufigen Meinungen dazu.

Zu "Gemein" vom 2./3. März 2019:

Das Urteil des Bundesfinanzhofes, Attac sei nicht gemeinnützig im Sinne der Abgabenordnung, ist nichts weniger als ein handfester Skandal. Aus mehreren Gründen: Zum einen wird man ungeachtet der geschliffenen und wohlfeilen Auslegung des Gesetzeswortlauts sich des Eindrucks nicht erwehren können, dass mit dieser Entscheidung Attac als kritische Organisation mit den Mitteln des Steuerrechts in finanzielle Schwierigkeiten gebracht und "mundtot" gemacht werden soll. Denn wenn man "gemeinnützig" zutreffend als "der Allgemeinheit nützend" versteht, kann nichts anderes die aufklärerische Tätigkeit von Attac beschreiben. Selbstverständlich nützt es der Allgemeinheit, wenn Attac aufklärt über die Gründe für Armut, die Mechanismen in Politik und Finanzwesen, die diese Missstände begünstigen. Attac diese Gemeinnützigkeit abzuerkennen, während eine Vielzahl von Interessen- und Lobbygruppen, die nicht "(all)gemeinnützig" sondern partikularen Interessen nützlich sind, das Siegel der Gemeinnützigkeit tragen, ist eine Farce. Genauso naheliegend ist natürlich, dass der Erfolg dieser Arbeit - die Verbreitung der Information, die Plattform für Kampagnen - denen in Politik und Wirtschaft ein Dorn im Auge ist, die Profiteure dieser Zustände sind. Ob direkt beeinflusst oder unbewusst unterwürfig hat sich die Justiz zu einem willfährigen Gehilfen dieser Profiteure gemacht. Wenn sich die Justiz in den Dienst (mächtiger) Interessen stellt, ist das eine gefährliche Missachtung demokratischer Prinzipien im Interesse dieser offenbar mächtigeren Interessen. Deshalb ist das Urteil des BFH nicht nur inhaltlich falsch, sondern ein gefährliches Fanal an die Prinzipien der Gewaltenteilung.

Alexander Greiner, Rechtsanwalt, Lindau

Die Kritik Ihres "neuen" Kolumnisten geht in die falsche Richtung. Er kritisiert den BFH für sein Urteil, das Attac die Gemeinnützigkeit aberkennt. Der BFH hat aber nichts anderes getan, als das Gesetz, wie es in der Abgabenordnung steht, anzuwenden. Hier, also in Paragraf 52, sind die Merkmale, wonach sich der Begriff der Gemeinnützigkeit beurteilt, im Einzelnen aufgelistet. Man mag zu diesen Merkmalen stehen wie man will: Sie sind es aber, nach denen sich das Gericht richten muss. Sich an diese Auflistung "streng und eng" zu halten, ist auch keine "Idiotie", sondern die verdammte Pflicht der Richter. Wenn man das Merkmal der Gemeinnützigkeit als zu eng interpretiert empfindet, wie Herr Prantl und andere, sollte man an den Gesetzgeber appellieren. Denn in einem Land, in dem die Werte der Demokratie so hochgehalten werden wie in unserem, sollte das Prinzip der Gewaltenteilung nie vergessen werden: Die Legislative ist für die Gesetzgebung zuständig. Die Judikative aber hat die bestehenden Gesetze anzuwenden. Punktum.

Dr. Uwe B. Sachse, München

© SZ vom 27.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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