Ehe und Familie:Für ein besseres Leben mit Kindern

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Heribert Prantl hat jüngst in seinem Kommentar "Die Steuer, ein Kinderfeind" ein gerechteres Steuersystem angemahnt. Eine Leserin pflichtet ihm bei. Sie meint, dass man sich als Familie mit Kindern oft finanziell abgehängt fühlt.

Fördert der Staat Familien mit Kindern genug? Viele haben da so ihre Zweifel. (Foto: dpa)

"Die Steuer, ein Kinderfeind" vom 3. April:

Die anderen zischen vorbei

Heribert Prantls Artikel erinnert daran, wie sehr "stiefmütterlich" das Thema Familie in der Politik behandelt wir. Aufbauend auf Konrad Adenauers These "Kinder bekommen die Leute immer" wird ab und zu mit einer mehr oder weniger gefüllten Gießkanne Monetäres auf unsere Familien geschüttet. Komisch ist jedoch, dass wir uns sozialpolitisch - wie es mir manchmal scheint - in Deutschland mehr um sämtliche nur möglichen Randgruppen sowie um die ohne Frage wichtige Integration von Migranten kümmern. Unser eigenes Volk, insbesondere die Familien fühlen sich dabei zu oft vernachlässigt.

Zugegeben, es hat sich in den vergangenen Jahren einiges Positive im Bereich Familie getan, und die heute gegründeten Familien haben es um einiges besser als meine mittlerweile teenagerbestückte Familie. Kein Neid an dieser Stelle, sondern Anerkennung. Das ist Fortschritt.

Allerdings - und da pflichte ich Prantl bei - erschreckt es mich zu sehen, wie die kinderlosen Ehen im Tiefflug in punkto Lebensqualität sowie späterer höherer Renten, da beide ja die Möglichkeit hatten, toujours Vollzeit zu arbeiten, an einem vorbeizischen. Es tut auch weh, dass Paare mit Kindern und akademischer Ausbildung und zwei Einkommen im Ballungsraum den Cent dreimal umdrehen müssen. Es tut weh, seinen eigenen Kindern weniger bieten zu können, als wir das als Kinder hatten. Warum gibt es nicht generell eine eigene Steuerklasse nur für Familien - egal ob verheiratet, getrennt, alleinerziehend oder Patchwork? Es sind die Kinder, nicht die Eltern, und somit die Zukunft unseres Landes, die von einer eigenen, gerechteren Besteuerung profitieren. Christiane Winkler-Bleisteiner Vaterstetten

Über die Höhe lässt sich streiten

Die steuerliche Systematik in der Bundesrepublik enthält de facto ein Familiensplitting, genannt "Familienleistungsausgleich" nach Paragraf 31 EStG. Neben dem sogenannten "Ehegattensplitting" gibt es den Kinderfreibetrag, aktuell 2017 in Höhe von 7400 Euro pro Jahr. Soweit das Einkommen der Eltern nicht hoch genug ist, um den entlastenden Faktor des Kinderfreibetrags auszuschöpfen, wird die steuerliche Freistellung des Existenzminimums für Kinder durch das Kindergeld sichergestellt (EStG Paragraf 31 "Familienleistungsausgleich"). Insofern hat das bundesdeutsche Steuerrecht ein integriertes "Familiensplitting", über das Kindergeld sogar mit einer sogenannten negativen Einkommenssteuer.

Das Kindergeld ist also keine generöse familienpolitische Leistung des Staates an Familien, sondern stellt eine Sonderform der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums eines Kindes dar. Und genau deshalb steht das Kindergeld auch nicht zur Disposition. Über die konkrete Höhe der Freibeträge und des Kindergelds ließe sich trefflich streiten; ich bin dabei! Bei der Berechnung des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer werden übrigens die Kinderfreibeträge voll berücksichtigt. Christoph Thoböll, Probsteierhagen

Kleine Mitgesellschafter

Eine funktionierende - nennen wir es Lebensgemeinschaft - ist in vielen Fällen eine de facto Gesellschaft bürgerlichen Rechts, GbR. In die GbR bringen die "Gesellschafter" Anteile in Form von Geld oder anderen Leistungen ein. Die Besteuerung der Gesellschafter erfolgt auf Basis der Gesellschaftsanteile, welche sich in der Regel aus der Bewertung der eingebrachten Leistung ergeben. Nichts anderes macht der Splittingtarif bei der Ehe. Die Partner bringen Anteile in Form von Einkommen oder eben anderer Leistung ein. Die Leistungen der Ehegatten werden steuerlich per Gesetz als gleichwertig betrachtet und entsprechend gleichwertig besteuert. Das erfolgt - wie in jeder Gesellschaft - ungeachtet der Frage, ob beide "Gesellschafter" Einkommen und sonstige Leistung gleichermaßen (arbeitsgleich) oder eben arbeitsteilig einbringen.

Das Modell der GbR kann natürlich auch auf eine Patchwork-Familie - und zwar ungeachtet der Größe und der Geschlechterverteilung - angewendet werden. Es bietet auch Lösungen für die Privilegierung von Kindern. Kinder kann man wie Mitgesellschafter behandeln. Der Grad der Privilegierung ließe sich dann über die Höhe des angenommenen Gesellschaftsanteils steuern.

Mittelfristig wird sich der Staat vom traditionellen Familienbild verabschieden müssen und sich auf die Förderung der Kinder konzentrieren - das ist der ureigenste Zweck des Familienschutzes. Ob der Staat sich aber von der steuerlichen Gleichbehandlung (es ist keine Vergünstigung!) von arbeitsteiligen mit arbeitsgleichen Lebensgemeinschaften verabschieden kann und soll, halte ich für sehr zweifelhaft. Dr. Matthias Kraft, Mühldorf am Inn

Schmerzlicher Leidensweg

Mein Mann und ich sind seit 2008 ein Paar und seit 2011 verheiratet (in einem Alter, in dem durchaus an Nachwuchs zu denken ist). Leider hat sich unser Kinderwunsch bis heute nicht erfüllt - hinter uns (und vielleicht auch mehr Ehepartnern, als es sich so mancher vorstellen mag) liegt deshalb ein langer und schmerzlicher Leidensweg. Dennoch sehe ich uns beide als eine - wenn auch kleine - Familie an. Mich macht es deshalb sehr traurig, wenn Heribert Prantl in seinem Artikel mehrmals davon ausgeht, dass eine kinderlose Ehe keine Familie sei und dass der Stellenwert der Ehe abgenommen habe.

Wir zahlen gerne unsere Steuern und möchten nicht, dass Familien mit Kindern benachteiligt werden. Und wir würden es sehr begrüßen, wenn die Steuern noch mehr zum Wohle der Kinder verwendet werden würden und die Rechte der Kinder gestärkt werden würden. Anne Hofmann, Hamburg

Ausgleich für Entbehrungen

Es ist zwar richtig, dass heute die Institution Ehe und Familie grundlegend anders gesehen wird als vor 40 oder 50 Jahren. Die frühere Ehefrau und Mutter kümmerte sich häufig in erster Linie um die Erziehung des oder der Kinder, was dazu führte, dass sie heute eine Rente bezieht, die als lächerlich zu bezeichnen schamlos untertrieben wäre. Das Ehegattensplitting ist für diese Ehen ein kleiner Ausgleich für die seinerzeitigen Aufwendungen und oft auch Entbehrungen. Hier träfe ein Familiensplitting mit Sicherheit die Falschen. Manfred Walter, Unterwössen

© SZ vom 10.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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