Debattenkultur:Ob  Partei oder Youtuber - keiner  macht es recht

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An einem Essay von SZ-Autor Hilmar Klute reiben sich die Leser. Die Meinungen zu den Diskussionsbeiträgen von Politikern wie Netzprofis könnten unterschiedlicher nicht sein.

Neue Form der Debatte: Das CDU-kritische Video des Youtubers Rezo sorgte für Diskussionen, nicht nur wegen des Inhalts. (Foto: Getty Images)

Zu " Jetzt rede ich" vom 29./30. Juni:

Ein großes Dankeschön für den Artikel von Hilmar Klute. Ich kann den Ausführungen nur voll und ganz zustimmen. Viele Politiker, insbesondere der großen Parteien, reden viel und tun wenig. Sie sind zu sehr um das eigene Wohl sowie das ihrer Partei besorgt und starren gebannt auf das Ergebnis der unsinnig vielen Umfragen. Und sie sind Erfüllungsgehilfen der großen Firmen (einige spenden auch).

Da die Unternehmen die Arbeitsplätze schaffen, kann man ihnen unterstützend entgegenkommen. Man darf und muss aber auch Bedingungen stellen. Das geschieht jedoch nicht oder zu wenig (etwa bezüglich Autoindustrie, Banken, Rüstungsindustrie, Energieversorgung, Landwirtschaft). In den Kommunen sind dieselben Parteien jedoch in der Regel sehr gut aufgestellt und leisten gute Arbeit. Für mich fehlt der "Berliner Blase" die Erdung.

Dietrich Borchert, Walldorf

In seiner Eilfertigkeit, den neuen Meinungsführern zu gefallen, lässt Hilmar Klute sich zu einer Kritiklosigkeit hinreißen, die einen wehmütig nach den alten Diskursen werden lässt. Gewisse Fragen machen den, der sie stellt, noch nicht zur Kramp-Karrenbauer, sind nicht "läppisch" und dürfen, ja sollen gestellt werden: Warum sind es mit Ausnahme der Beauty-Tipps vorwiegend weiße, männliche Youtuber aus der Mittelschicht, die dort den Diskurs dominieren? Und sind es bei den "Friday"-Demonstrationen nicht großstädtische Abiturienten, die nach Ostdeutschland oder Osteuropa wie auf einen anderen Planeten sehen? Klingen die "Fridays for Future"-Slogans nicht hohl, wenn sie nicht vom eigenen Verzicht auf Avocados, Flugreisen, der zweijährlichen Handy-Erneuerung oder vom energieaufwändigen Livestreamen der Demonstrationen begleitet werden? Ist das Nebeneinander von Kommerz und ernsthaftem Anliegen, die Abhängigkeit von kommerziellen Plattformen wie Youtube völlig unproblematisch? Ist die Verkündung eines Youtube-Stars durch sein Video nicht die Fortsetzung des Top-Bottom-Diskurs-Stils, den gerade soziale Medien überwinden sollten?

Gerade bei den Größen der Szene stellen die Kommentare mitsamt Daumen hoch oder runter in der Regel vor allem Huldigungen dar. Haben die als unbeflecktes Gegenbeispiel hochgehaltenen Grünen sich dieses Label auf irgendeiner politischen Ebene verdient? All die Fragen werden derzeit höchstens in den Leserbriefspalten der Uraltmedien gestellt, kaum von deren Redakteuren, die sich lieber an die Spitze der Bewegung setzen und sie als "kulturpessimistisches Getöse" denunzieren. Schade.

Mathias Kowoll, München

Ein Lesegenuss, dieser Aufsatz, aber am Ende ist der Verfasser wieder bei Eva Menasse, bei Kassandren, Neo-Spenglers, Langsamschreibern, Langsamdenkern, Langsamnörglern, wenn er schreibt: "Die Sorge, die alle tragen, ist vielleicht eher die um die analogen Wasserstellen." Es wäre gut gewesen, wenn Klute hier den Punkt gesetzt und nicht noch geschrieben hätte: ... "von denen die meisten von uns immer noch gut und gern leben". Man möchte glauben, dass Eva Menasse, Kassandren etc. andere Sorgen umtreiben, als Hilmar Klute vermutet.

Albert Hagn, Ravensburg

© SZ vom 17.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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