Bauprojekte:Was kostet die Welt?

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Wenn der Staat groß baut, passiert immer wieder dasselbe: Die Kosten steigen ins Unermessliche, Termine werden nicht eingehalten, Korruption greift um sich. Das muss besser werden, da sind sich die Leser einig. Aber wie?

SZ-Zeichnung: Jan Rieckhoff (Foto: Jan Rieckhoff)

" Projekt Größenwahn" vom 4./5. August:

Ehrlich sein

Natürlich gäbe es auch für Großprojekte der öffentlichen Hand (die übrigens gar nicht immer schiefgehen müssen: siehe Berliner Schloss) eine Lösung, Preis- und Fristüberschreitungen zu vermeiden: Zum einen müssen selbstverständlich - nach entsprechender Ausschreibung - Fixpreise und feste Fertigstellungsdaten vereinbart werden, die Daten mit saftigen, sofort Tag für Tag fällig werdenden Vertragsstrafen. Und vor allem: Für alle Verpflichtungen aus dem Bauvertrag (der immer nur mit einem Partner geschlossen werden darf!) müssen selbstschuldnerische Bankbürgschaften bereitgestellt werden. Gerade dies wird nahezu ausnahmslos vergessen. Möglicherweise auch, weil das den Preis gewaltig steigern dürfte - dann ist aber von vornherein ehrlich die wirkliche, endgültige Höhe bekannt. Und wenn die Ausschreibung mit diesen Kautelen dann nicht zu Angeboten führt, scheitert das Unternehmen von vornherein. So einfach ist die Sache. Es wäre ebenso natürlich schön, wenn die aufseiten der öffentlichen Hand Handelnden persönlich haften würden. Auch das könnte die Sache ehrlich machen.

Walter Weiss, Kassel

Mangelhaft

Mit Recht identifiziert Thomas Steinfeld als eine der wichtigsten Ursachen der enormen Kosten- und Terminüberschreitungen bei großen Bau- und Infrastrukturprojekten (Beispiel Flughafen Berlin) die gegenwärtige Ausschreibungs- und Vergabepraxis und die Unfähigkeit des Staates, als

Bauunternehmer zu agieren. Auch an Projektorganisation und vor allem Koordinierung mangelt es häufig.

Aber es entstehen auch massive Imageschäden für Deutschland. So fragt sich die ganze Golfregion, ob Deutschland noch Großprojekte bewältigen könne. Dabei gibt es durchaus Alternativkonzepte, die sich in anderen Ländern wie in England und Australien bereits bewährt haben. Gemeint ist vor allem das Partnering-Konzept, das bei den allgemein bekannten Gründen für das Scheitern von Großprojekten, wie zum Beispiel unvollständigen und fehlerhaften Ausschreibungsunterlagen beziehungsweise Leistungsverzeichnissen und zu niedrigen Angeboten und aggressivem Nachtragsmanagement, ansetzt und eine faire Kooperation aller Projektbeteiligten zur gemeinsamen Erreichung der Projektziele anstrebt. Erreicht werden soll unter anderem, dass der ruinöse Preiswettbewerb von einem Kompetenzwettbewerb abgelöst wird, dass der Auftragnehmer früh in die Planungsphase einbezogen wird, Risiken analysiert und fair verteilt und Methoden der Konfliktlösung einvernehmlich vereinbart werden. Entsprechende Initiativen, zum Beispiel des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie und der Ramsauerkommission, liegen vor. Es wäre auch zu überlegen, ob man nicht für besondere Großprojekte der öffentlichen Hand ein zentrales Project Management Office bei der Regierung installieren sollte.

Prof. Dr. Heinz Schelle, Prof. Dr. Hasso Reschke, Oberau

Geht doch

Unerwähnt bleibt, dass es auch genug Gegenbeispiele gibt: Gotthard-Basistunnel, Umbau Wien Hauptbahnhof. Einhaltung oder gar vorzeitiger Abschluss der geplanten Bauarbeiten mit Einhaltung der veranschlagten Baukosten. Es gibt sogar naheliegende Beispiele: Eines ist der Flughafen Franz Josef Strauß im Erdinger Moos. Auch da hat sehr viel geklappt, wenn auch nicht alles (perfekt).Die eigentlich interessante Frage wird aus meiner Sicht nur ansatzweise im letzten Absatz thematisiert: Überheblichkeit, Inkompetenz, Korruption, Verantwortungslosigkeit und die fehlenden Konsequenzen für die Verursacher.

Ich will nicht so weit gehen, drakonische Strafen wie im alten Rom wieder einführen zu wollen, aber eine Amtshaftung muss her.

Joachim Schmitt, Würzburg

Eigene Erfahrung

Die Problematik bei der Vergabe staatlicher Aufträge kann ich nur bestätigen, und zwar nicht zur bei Großprojekten wie dem Berliner Flughafen. Als Geschäftsführer einer Designagentur mit zehn Mitarbeitern erleben wir auch im Kleinen, dass staatliche Aufträge nicht nach Kompetenz und Qualität, sondern in den meisten Fällen ausschließlich nach finanziellen Erwägungen vergeben werden. Das liegt oft daran, dass die mit der Ausschreibung befassten Stellen, besetzt von Juristen oder Controllern, zur qualitativ-inhaltlichen Bewertung der angebotenen Leistungen - in unserem Fall Ideenentwicklung und kreative Arbeiten - gar nicht in der Lage sind und sich deshalb ausschließlich an den Kosten orientieren können. Ein Lösungsansatz wäre, Profis (in unserem Fall: Kreative) als Berater in den Ausschreibungsprozess einzubinden und ihnen ein wesentliches Stimmrecht bei der Vergabe einzuräumen. Ansonsten landet man bestenfalls im Mittelmaß.

Thilo von Debschitz, Wiesbaden

© SZ vom 24.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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