Wissensmanagement:Blitzgescheite Helferlein

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Gute Ideen von Mitarbeitern und gesponserte Diplomarbeiten gewinnen in Unternehmen immer mehr an Bedeutung.

Sabine Hense-Ferch

(SZ vom 20.10.2001) Unternehmen nutzen immer stärker die Kreativität ihrer Mitarbeiter. Zu diesem Ergebnis kommt das Deutsche Institut für Betriebswirtschaft (DIB) in Frankfurt. Eine Studie unter 441 befragten Unternehmen hat ergeben, dass im vergangenen Jahr mehr als 1,2 Millionen Verbesserungsvorschläge eingereicht wurden, sieben Prozent mehr als noch 1999. Die Unternehmen haben mit der Verwirklichung der Ideen 2,12 Milliarden Mark eingespart, als Dankeschön zahlten sie den findigen Mitarbeitern 338 Millionen Mark Prämie, an jeden durchschnittlich 462 Mark.

Aufgabe für den Ideenmanager

Damit aus Ideen auch kapitalträchtigen Innovationen werden, dafür gibt es in vielen Firmen mittlerweile Ideenmanager. Ganze Abteilungen sorgen dafür, dass Ideen aufgenommen, weitergeleitet, beurteilt werden - und im Idealfall auch tatsächlich umgesetzt.

"Das Problem in vielen Firmen liegt darin, dass die Führung den Schatz, der in den Köpfen der Mitarbeiter steckt, als nicht wertvoll genug erachtet. Kreativität wird nicht wichtig genug genommen, das demotiviert", ist Unternehmensberater Wolfgang Fischer aus Troisdorf überzeugt.

Fischer ist verantwortlich für das Ideenmanagement einer mittelständischen Firma und als Unternehmensberater in der Schulung von Firmen aktiv, die ihr Ideenmanagement verbessern wollen.

"Ganz entscheidend ist auch der Faktor Zeit", meint Fischer. "Ein Mitarbeiter, der einen Verbesserungsvorschlag gemacht hat, muss schnell Rückmeldung bekommen - und im Falle einer Ablehnung muss ihm der Grund dafür sachlich erläutert werden. Mit einem Lob und Dankeschön für sein Engagement." Selten, so meint Fischer, seien es die Prämien allein, die einen Mitarbeiter zum Mitdenken motivierten. "Das Lob, die Anerkennung ist die ausschlaggebende Motivation, nicht die 100 Mark Prämie, die es vielleicht gibt."

So sieht das auch Carsten Löwe, Geschäftsführer des Wuppertaler Kreises in Köln, eines Verbandes von Instituten und Einrichtungen, die sich auf die Weiterbildung von Führungskräften spezialisiert haben. "Am Ort des Geschehens sollte entschieden werden - und nicht weit weg in irgendeiner Chefetage. Montags wird die Idee eingereicht und freitags durchgesetzt. Das ist der Idealfall."

Schnelle Rückmeldung

Ein Unternehmen, das erst vor kurzem sein betriebliches Vorschlagswesen überarbeitet hat, ist die Volkswagen AG: "Schnellere Abläufe, schnellere Rückmeldung, das direkte Gespräch mit dem Vorgesetzten, das war uns bei der Neuorganisation des Ideenmanagements wichtig", so VW-Sprecher Kai Grüber. "Der Vorgesetzte entscheidet kurzfristig über den weiteren Weg der eingereichten Idee, der Ideengeber wird so schnell wie möglich informiert, Ablehnungen werden erläutert, Prämien bis zu 500 Mark werden in bar ausgezahlt."

Eine Investition, die sich schnell bezahlt macht: Im Jahr 2000 haben sich 28 Prozent der VW-Mitarbeiter mit einer oder mehreren Ideen beteiligt, insgesamt gingen fast 70.000 Verbesserungsvorschläge ein. Dabei verdoppelte sich die Zahl der Tipps, wie es hausintern heißt, seit die Mitarbeiter ihre Idee beim unmittelbaren Vorgesetzten einreichen konnten.

Zugleich bringt eine Art interner Beteiligungswettbewerb die Mannschaft in Schwung: Eine aktuelle Prozessinformation zeigt allen Organisationseinheiten monatlich, wie viele Mitarbeiter sich in ihrem Rahmen beteiligt haben und welche Effekte sie erzielen konnten. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: In den vergangenen fünfzig Jahren gab es bei VW rund eine Million Vorschläge, aus denen Einsparungen von 2,175 Milliarden Mark hervorgegangen sind. Dem gegenüber standen Prämienzahlungen von 460 Millionen Mark.

Die Mehrzahl der Vorschläge liest sich wie dieser: "Mit dem Lupo und A4-Anlauf hat sich der Schließmechanismus für die Motorhaube verändert. Wenn die Haube eingerastet ist, kann der Zündschlüssel nicht codiert, der Dämpffilter nicht montiert, die Bremse nicht befüllt werden." Was Laien spanisch vorkommt, zeugt von höchster Expertise, brachte 106.000 Mark Einsparung und 21.290 Mark Prämie.

Gekauftes Wissen

Aber nicht überall bringen hausgemachte Ideen die Lösung. Manchmal müssen sich Firmen auch anderswo bedienen. Eine Möglichkeit, die in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden ist, ist der "Ankauf" von Diplomarbeiten. In den Archiven der Universitäten, in denen Abschlussarbeiten von Studenten verwahrt sind, schlummert viel ungenutztes Wissen.

Seit Mitte der neunziger Jahre bemühen sich Agenturen, diese Arbeiten Unternehmen zugänglich zu machen. Zumeist übers Internet - gegen Bares. Kunde solcher Agenturen ist beispielsweise das Personalvermittlungsunternehmen Randstad: "Für uns ist das eine wichtige Form des Wissensmanagements", so Randstad-Sprecherin Sylvia Knecht. "Eine Arbeit sollte einen hohen Praxisbezug aufweisen, wertvolle Literaturhinweise liefern und eine gute Gliederung haben."

Auch AOL-Marktforscher Uwe Scheid ist von der Idee, Diplomarbeiten zu vermarkten, überzeugt. "Da findet ein enormer Wissenstransfer statt." Wenn er Studien in Auftrag gibt, kostet das manchmal mehrere hunderttausend Mark. "Dagegen ist der Preis von ein paar hundert Mark für eine Diplomarbeit nichts."

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