Weiterbildung für Manager:Ein bisschen Madonna für die Karriere

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Erfolgreich mit der Madonna-Strategie: Was Manager von der Sängerin lernen können.

Während Madonna durch Deutschland tourt, beschäftigen sich nicht nur Musikkritiker mit der Popdiva. Jamie Anderson, 35, von der privaten European School of Management and Technology in Berlin, hat das Erfolgsmodell Madonna analysiert und bildet Manager nun in seinem Seminar "Madonna - Strategy on a Dancefloor" aus.

Der Star als Erfolgsmodell: Madonna auf ihrer "Reinvention-Tour" in Los Angeles 2004 (Foto: Foto: Reuters)

SZ: Madonna trägt bei ihrer Tour eine Dornenkrone und singt von einem Kreuz herab. Der Vatikan ist empört, Staatsanwälte ermitteln. Was können Manager daraus lernen, Mr. Anderson?

Anderson: Manager erkennen daran, wie man erfolgreich Grenzen austestet und kalkuliert auf Risiken setzt. Trotz aller Kritik ist Madonnas Tour sehr erfolgreich. Jeder Manager wird erfolgreicher sein, wenn er auch mal unkonventionelle Wege geht, und nicht immer sagt: "Das machen wir nicht." Manche Manager fragen gar nicht mehr nach dem Warum.

SZ: Verhilft Provokation zum Erfolg?

Anderson: Madonna versteht ihre Show als Kunst, nicht als Politik. Sie testet Grenzen im fest definierten Rahmen aus. Als Pepsi ihr 1989 den Werbevertrag kündigte, weil sie sich im Video zu "Like a Prayer" halbnackt auf einem Altar räkelte, hat sie eine entschärfte Version gemacht. So hat sie um Vergebung gebeten. Eines aber macht Madonna nie: um Erlaubnis fragen. Wer als Manager ständig um Erlaubnis fragt, steht still. Wer allerdings ständig Grenzen sprengt, schadet sich auch. Die irische Sängerin Sinead O'Connor zum Beispiel hat so massiv Kritik an Politik und katholischer Kirche geübt, dass es ihrer Karriere geschadet hat.

SZ: Wobei Sinead O'Connor deutlich besser singt als Madonna.

Anderson: Natürlich. Aber auch hier lehrt uns Madonna, wie man seine Schwächen verbirgt. Sie kompensiert sie durch hochprofessionelle Zuarbeiter wie Musiker, Produzenten und Tänzer. Sie pflegt Kontakte zu Designern, zu Regisseuren und zum Musiksender MTV. Sie zeigt, wie wichtig Networking für den Erfolg ist. Sie ist ein Manager, weil sie weiß, wie man gute Leute einspannt.

SZ: Warum steht Madonna Pate für Ihre Theorie und nicht etwa Mick Jagger von den Rolling Stones? Die sind ja viel länger im Geschäft.

Anderson: Als Businessmodell fehlt der Band etwas ganz Entscheidendes: die Innovation. Die Rolling Stones sind immer die gleichen geblieben, und ihr typischer Fan ist 57 Jahre alt. Madonna hingegen erfindet sich alle drei Jahre neu und begeistert meine Nichte ebenso wie meine Mutter.

SZ: Anfang der Achtziger war sie ja eher ein Teeniestar.

Anderson: Damals hat Cindy Lauper 4,5 Millionen Alben verkauft, und viele sahen Madonna als Kopie. Heute redet keiner mehr von Cindy Lauper; trotz aller Comebackversuche bleibt sie eine 80er-Jahre-Sängerin. Ständige Erneuerung ist auch für Manager der Schlüssel zum Erfolg. Man muss sich schon entscheiden, ob man Cindy Lauper oder Madonna sein will.

SZ: Wie bringt nun ein Manager ein wenig Madonna in sein Leben?

Anderson: Indem er etwa in der Krise nicht auf die Kündigung wartet, sondern Visionen entwickelt. Indem er sich fortbildet, sich wegbewirbt oder um die Abfindung pokert. An Nokia zum Beispiel lässt sich die Strategie auch gut erklären. Die Firma erfindet sich ständig neu. Früher hat sie Holzchips und Gummi herstellt, heute ist sie erfolgreich in der Telekommunikation und sucht weiter nach neuen Feldern. Man darf sich nicht erst neu erfinden, wenn man schon in der Krise steckt.

SZ: Aber geht es dabei nicht nur um die banale Aussage: Glaube an deine Ziele und alles wird gut?

Anderson: Madonna entstammt der scheinbar fachfremden Popkultur. Dennoch finden sich die Prinzipien erfolgreicher Manager, wie die Fachliteratur sie beschreibt, exakt so bei ihr. Eines aber ist völlig neu: ihre Strategie ständiger Innovation.

SZ: Richtig glücklich scheint der Erfolg Madonna aber nicht zu machen. Sie wirkt ja eher verspannt und aufgesetzt.

Anderson: Ob sie glücklich ist, wissen wir nicht. Das ist auch ein Geheimnis ihres Erfolges: Madonna verrät nie zu viel über sich.

Interview: Claudia Fromme

© SZ vom 21.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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