Wall Street:Teure Belästigung

Lesezeit: 2 min

Weniger Gehalt, keine Beförderung: Eine Klage gegen die Investmentbank Morgan Stanley hat einer Wertpapierhändlerin zwölf Millionen Dollar gebracht. Experten rechnen nun mit weiteren Klagen.

Von Andreas Oldag

In letzter Minute hat die amerikanische Investmentbank Morgan Stanley eine Klage wegen Diskriminierung ihrer weiblichen Mitarbeiter abgewehrt. Das Institut einigte sich in einem Vergleich auf Zahlung von 54 Millionen Dollar. Die Hauptklägerin Allison Schieffelin, eine ehemalige Wertpapierhändlerin, erhält zwölf Millionen Dollar.

Sie hatte ihren Ex-Arbeitgeber beschuldigt, bei Beförderung, Bezahlung und anderen Arbeitsbedingungen benachteiligt gewesen zu sein. Auch 340 andere Mitarbeiterinnen in der Sparte können jetzt Ansprüche geltend machen. Morgan Stanley verpflichtete sich, 40 Millionen Dollar in einen Sonderfonds einzuzahlen.

Beförderung verweigert

Das Verfahren könnte nach Meinung von Anwälten weitere Klagen an der Wall Street nach sich ziehen. Das Betriebsklima, insbesondere in Banken und Brokerhäusern, gilt als extrem frauenfeindlich und diskriminierend. Dabei geht es nicht nur um ungleiche Bezahlung, sondern auch um sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Nur ganz wenige Frauen, wie zum Beispiel Sallie Krawcheck, Chefin der Brokersparte Smith Barney von Citigroup, haben es in Top-Positionen geschafft. Der Anteil von Frauen im Bankgeschäft hat sich von 43 Prozent im Jahre 1999 auf 37 Prozent 2003 verringert. Nur 14 Prozent der Direktorenposten sind von Frauen besetzt.

Frauen, die sich in den USA am Arbeitsplatz benachteiligt sehen, wenden sich an die Washingtoner Gleichstellungsbehörde EEOC (Equal Employment Opportunity Commission), die auch im Fall Morgan Stanley im September 2001 Klage eingereicht hatte.

Berühmtheit erlangte ein Fall, der schließlich 1989 vor dem Obersten Gerichtshof zugunsten der Klägerin entschieden wurde. Es ging um eine Mitarbeiterin der Wirtschaftsprüfergesellschaft PriceWaterhouse, der die Beförderung zur Partnerin verweigert wurde. Weil sie zudem nach Meinung ihrer männlichen Vorgesetzten zu unfreundlich mit Kunden umgegangen sei, wurde ihr empfohlen, eine "Charme-Schule" zu besuchen.

In einem anderen Fall einigte sich das Wertpapierhaus Smith Barney im Jahr 1997 in einem Vergleich auf Zahlung von rund 100 Millionen Dollar an fast 2000 Mitarbeiterinnen. Sie hatten ihre Vorgesetzten wegen sexueller Belästigung verklagt. So wurden in einer Filiale in Garden City Partys mit Stripteasetänzerinnen gefeiert. Dazu hielt man einen speziellen Raum mit dem Namen "Boom-Boom-Room" bereit, entlehnt aus einem Broadway-Theaterstück.

Gemeinsam klagen

Bei der EEOC gingen im vorigen Jahr 24.300 Beschwerden wegen ungleicher Bezahlung von Frauen am Arbeitsplatz ein. Von den Klagen erwiesen sich knapp 60 Prozent als unbegründet. In den anderen Fällen gelang es der EEOC, insgesamt 98 Millionen Dollar an Entschädigungszahlungen zugunsten der Betroffenen zu erzwingen, meistens auf dem Wege eines außergerichtlichen Vergleichs.

Es gingen zudem 13.500 Beschwerden wegen sexueller Belästigung ein, von denen sich 46 Prozent als nicht begründet herausstellten. Aber 50 Millionen Dollar konnte die EEOC zugunsten der Klägerinnen einnehmen.

Um sich gegen Diskriminierung und ungleiche Bezahlung zu wehren, wird in den USA auch häufig das Instrument der Sammelklage angewandt. So hat ein Richter in Kalifornien erst vor kurzem eine entsprechende Klage gegen die Supermarktkette Wal-Mart zugelassen.

© SZ vom 14.7.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: