Vorstellungsgespräch:Über den Umgang mit Absagen

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Was sich aus einer Absage nach einem Vorstellungsgespräch lernen lässt und warum manche erst gar nicht eingeladen werden.

Claus Peter Müller-Thurau

Die Zeiten sind nicht so, wie sie sein sollten. "...müssen wir Ihnen leider mitteilen ... ." Die meisten Jobaspiranten kennen derartige Formulierungen und befinden sich damit in guter Gesellschaft. Wer sich bewirbt, hat das "Alles-oder-Nichts-Prinzip" zu akzeptieren. Silber und Bronze werden im Wettbewerb um einen Job nicht vergeben. Statt dessen erhält man eine standardisierte und manchmal auch recht lieblose Absage.

Die nun folgenden Zeilen kann man als Mutmacher verstehen - vorrangig sind sie allerdings als Aufforderung und Anregung gemeint, das bisherige Vorgehen kritisch zu überdenken.

Was ist schief gelaufen?

Zunächst zu jenen "unglücklichen" Bewerberinnen und Bewerbern, die zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden und dann doch den ersten Platz verfehlen. Das Anschreiben, der tabellarische Lebenslauf und die Zeugnisse sind auf jeden Fall überzeugend, sonst wäre man ja nicht so weit gekommen.

Es muss also "vor Ort" etwas schief gegangen sein und wenn einem dies häufiger passiert, darf man wohl von einem "systematischen" Fehler ausgehen. Ein Fall aus der Praxis: Der Bewerber Thomas H. schien das Rennen zu machen - bis zu der Bemerkung, dass er aufgrund des lukrativen Jobs seiner Ehefrau nicht unter Zeitdruck stehe. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Unzweckmäßig ist auch der vorsätzliche Hinweis auf andere Bewerbungsaktionen, die demnächst zur Entscheidung anstünden. Manche Bewerber glauben, sich damit für den potentiellen Arbeitgeber interessanter zu machen - in Wirklichkeit klingt das eher nach Erpressung. Anders ist es, wenn man direkt danach gefragt wird, ob man noch andere Bewerbungen "laufen" habe. Für einen Berufseinsteiger ist es schließlich selbstverständlich, dass er sich auf diverse Angebote bewirbt.

Nicht wenige Interessenten fallen vom Pferd, weil sie keine bzw. die falschen Fragen gestellt haben. Im Vorstellungsgespräch gibt es nun einmal auch dumme Fragen. Dazu gehören einstweilen jene, die sich auf Inhalte beziehen, die man beispielsweise vorab hätte im Internet recherchieren können. Zeitdiebe sind nun einmal unbeliebt.

An das nächste Mal denken

Absage! Warum? Rekonstruieren Sie nach jedem Vorstellungstermin Ihr Gesprächsverhalten und überprüfen Sie es auf Unebenheiten in der Selbstdarstellung - am besten gemeinsam mit einer Vertrauensperson.

Bezüglich des eigenen Verhaltens hat jeder seinen blinden Fleck - Abhilfe ist nur durch jene möglich, die es gut mit einem meinen und das Zeug dazu haben, auch Unangenehmes anzusprechen.

Nach einer Absage sollten Sie auf jeden Fall die Gründe erfragen. Wenn Sie Glück haben, bekommen Sie keine schonende, sondern eine für Ihr weiteres Vorgehen hilfreiche Antwort. Lassen Sie sich nicht mit den üblichen Floskeln abspeisen - fassen Sie nach, auch wenn es unangenehm ist. Schwachheiten, die einem bewusst sind, können einem weniger schaden. Nur so generiert man Chancen für das "nächste Mal".

Eingeladen werden

Nun zu jenen Jobsuchenden, die gar nicht erst die Chance erhalten, sich persönlich vorzustellen. Wer nach einer gewissen Zeit das Gefühl hat, eigentlich nur sich selbst zu schreiben, befasse sich mit den folgenden Fragen:

- Bewerbe ich mich wirklich auf die richtigen Stellenangebote?

- Ist das Anschreiben überzeugend und adressatengerecht formuliert?

- Wird erkennbar, warum ich mich ausgerechnet auf diese Position bewerbe?

- Stimmt die werbliche Optik der Unterlagen?

- Gibt es Unklarheiten im Lebenslauf, die der Adressat möglicherweise falsch interpretiert?

Zunächst hilft hier das Vier-Augen-Prinzip weiter, also der kritische Blick anderer. Was optimiert werden kann, sollte dann auch optimiert werden. Wenn nur zehn Bewerber eingeladen werden, sind es bisweilen nur Nuancen, die einem den undankbaren elften Platz bescheren.

"Klasse statt Masse" - diese Regel gilt auch für die eigene Bewerbungsstrategie. Konzentrieren Sie sich auf jene Angebote, die mit Ihrem Profil stimmig zu sein scheinen und machen Sie das im Anschreiben und tabellarischen Lebenslauf deutlich. Und noch etwas: Personalleiter und Personalberater, die für ihre Tätigkeit geeignet sind, suchen nicht die besten aller Kandidaten, sondern jene, die zu einer bestimmten Aufgabe passen. Die Botschaft einer Absage lautet also "Passt nicht".

Als Bewerber bzw. Bewerberin darf man allerdings getrost davon ausgehen, dass diese Einschätzung oft im Auge des jeweiligen Betrachters liegt.

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