Vereinte Nationen:Praktikant für die Welt

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Fristen beachten, Geld organisieren, Fingerabdruck abgeben: der lange Weg zum Praktikum bei den Vereinten Nationen in New York.

Von Annemarie Fischer

Ein Praktikum bei den Vereinten Nationen (UN), ein internationales Umfeld, den Big Apple zu Füßen - dafür bewerben sich jedes Jahr Tausende Anwärter aus 191 Ländern.

Die Bewerbung um einen der begehrten 1100 Plätze ist relativ unkompliziert. Ein tabellarischer Lebenslauf nach englischem Muster, ein ausgefülltes Formular sowie ein englischer Essay über die eigene Motivation und Eignung für das Praktikum genügen.

Doch die formalen Bewerbungskriterien sind hoch. Deutsche Bewerber sollten mindestens im Hauptstudium und seit etwa vier Jahren immatrikuliert sein. Englisch und/oder Französisch sind Pflicht, das Be-herrschen der anderen offiziellen UN-Sprachen Russisch, Chinesisch, Arabisch und Spanisch ein Pluspunkt. Bestimmte Fachbereiche werden nicht bevorzugt, Anwärter aus den Rechts-, Sozial-, Verwaltungs- und Wirtschaftswissenschaften haben jedoch meist einen kleinen Vorteil. Mit der Bewerbung können Prioritäten für die Arbeitsbereiche angegeben werden, in denen man das Praktikum absolvieren möchte.

Außerdem sind bei der Bewerbung bestimmte Fristen zu beachten. Es gibt für die auf jeweils zwei Monate angelegten Praktikantenprogramme drei Zeiträume (Januar bis März, Juni bis August, September bis Oktober). Die Bewerbung sollte dabei nicht früher als zwölf und nicht später als vier Monate vor dem Starttermin bei den Vereinten Nationen eingehen. Der Bewerbungsschluss für jede session variiert und ist auf der Webseite der UN einsehbar (siehe Linkliste).

Geld beschaffen

Praktikanten erhalten von den UN grundsätzlich keinerlei Vergütung. Die Kosten für Visum, Reise- und Lebenshaltungskosten in New York können sich aber schnell auf einige Tausend Dollar summieren. An diesem Punkt könnte ein Stipendium helfen - nur welches? Das Carlo-Schmid-Programm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) ist leider erst für eine Dauer von drei Monaten anwendbar - die Praktika in New York laufen in der Regel aber nur zwei Monate. Außerdem müssen Interessenten die speziellen Bewerbungsfristen des Carlo-Schmid-Programmes im Frühjahr beachten.

Eine Möglichkeit, diesen gordischen Knoten zu lösen, wäre der Versuch, sich im Frühjahr parallel um ein Stipendium des Carlo-Schmid-Programmes (Programmlinie A) und bei den Vereinten Nationen für ein Praktikum in der fall session zu bewerben, und bei einer doppelten Zusage in Absprache mit dem jeweiligen Betreuer die Dauer des Praktikums zu verlängern.

Wem dieser Drahtseilakt zu instabil ist, der kann sich auch für andere DAAD-Programme bewerben. Infrage kommen das Kurzstipendium für Praktika im Rahmen von auslandsbezogenen Studiengängen bzw. die Förderung von selbstbeschafften Praktika in internationalen Organisationen und Praktika in deutschen Außenvertretungen. Hierfür ist ein Sprachnachweis, die Anerkennung des Praktikums durch den universitären Fachbereich und ein Motivationsschreiben notwendig.

Für Bewerber mit einem bereits abgeschlossenen Hochschulstudium gibt es außerdem noch die Vermittlungshilfe des Büro Führungskräfte zu Internationalen Organisationen (BFIO) der Bundesagentur für Arbeit.

Visum holen

So einfach die Bewerbung für das Praktikum ist, so kompliziert ist die Beantragung des Visums, was auch an den strengen Sicherheitsbestimmungen seit dem 11. September liegt. Für das geforderte B1-Visum ist jedenfalls eine persönliche Vorstellung in der US-Botschaft in Frankfurt am Main oder in Berlin von Nöten. Die telefonische Terminvereinbarung wird dabei seit einiger Zeit nur noch über eine 0190-Nummer abgewickelt, wo der Anruf 1,86 Euro pro Minute kostet.

Für den Interviewtermin vor Ort gibt es wiederum genaue Vorschriften, die penibel eingehalten werden müssen. Nur ein (möglichst durchsichtiger) Ordner mit den nötigen Dokumenten und dem Reisepass darf mit in die Botschaft genommen werden - Handys, Laptops sowie größere Taschen sind Tabu. In der Botschaft absolviert der Visa-Anwärter schließlich verschiedene Befragungen und hinterlässt seinen obligatorischen Fingerabdruck. Dann heißt es hoffen und zuhause warten auf den selbst adressierten Rückantwortbrief, der Pass und Visum enthält.

Wohnung organisieren

Nicht ganz einfach ist es auch, in New York eine bezahlbare Bleibe zu finden, die ja auch kein von Kakerlaken heimgesuchtes, feuchtes Kellerloch sein darf. Wohnraum ist rar in Manhattan, weshalb ein Appartement direkt am Central Park schon ein paar 1000 Dollar im Monat kosten kann. Preiswerter sind da die zahlreichen, oft nach Geschlecht getrennten, Wohnheime wie das Webster's für Frauen in Midtown oder das Kolping-Haus, deren Adressen man auch über die UN erhält. 800 Dollar Miete pro Monat inklusive Halbpension sind jedoch Standard.

Im Internet findet man auf der Craig's List zusätzliche Angebote von Vermietern oder kann ein eigenes Gesuch aufgeben. Es gilt aber auch hier: Wer zu spät kommt, den bestrafen die New Yorker Wohnverhältnisse.

Leider ist auch ein UN-Praktikum kein Garant für einen zukünftigen Arbeitsplatz mit East-River-Blick. Es existiert eine Klausel, wonach sechs Monate nach Beendigung des Praktikums keine Anstellung bei den UN erfolgen darf. Ein Praktikum ist jedoch ein Pluspunkt bei einer späteren Bewerbung, etwa für das UN-Auswahlverfahren "NCRE" oder das Programm "Beigeordnete Sachverständige", mit dem der deutsche Nachwuchs bei den UN gefördert wird.

(sueddeutsche.de)

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