Urlaub:Abschalten ist erlaubt

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Arbeitnehmer müssen im Urlaub nicht jederzeit erreichbar sein.

Von Rolf Winkel

Seit Handy und Internet permanente Erreichbarkeit suggerieren, werden Freizeit und Arbeit immer stärker vermischt. Urlaubende Angestellte, die jederzeit aus einer vernetzten Sandburg mit ihrer Firma kommunizieren können - davon mögen manche Chefs zwar träumen. Verpflichtet sind Arbeitnehmer dazu jedoch keineswegs. "Der Urlaub dient der Erholung und der Wiederherstellung der Arbeitskraft", sagt Michael Felser, Rechtsanwalt aus Brühl. "Der Arbeitnehmer ist weder verpflichtet, das Handy mitzunehmen noch seine E-Mails regelmäßig abzurufen. Er muss noch nicht einmal seine Urlaubsadresse bekannt geben."

Nur im Notfall

Manche Arbeitgeber schließen allerdings mit ihren Beschäftigten ausdrücklich eine Rückruf-Vereinbarung ab. Darin wird der Arbeitnehmer beispielsweise verpflichtet, seinen Urlaub abzubrechen, wenn er dringend im Betrieb gebraucht wird.

Das Bundesarbeitsgericht hat solche Abmachungen, die das Urlaubsrecht einschränken, in einem Urteil vom 20. Juni 2000 als "rechtsunwirksam" angesehen (Az: 9 AZR 405/99). Arbeitnehmer können sich unter Verweis auf die Rechtssituation weigern, ein solches Papier zu unterschreiben. Wenn ein Rückruf der Firma kommt, brauchen sie sich nicht daran zu halten.

Ausnahmen sind nur außergewöhnliche Notsituationen. Dazu gehört weder die Erkrankung von Kollegen noch ein neuer dringender Auftrag. Allenfalls katastrophenähnliche Situationen - etwa plötzliches Hochwasser, das Teile des Betriebsgeländes überschwemmt - könnten den Rückruf eines Mitarbeiters aus dem Urlaub rechtfertigen.

Sobald der Arbeitgeber den Urlaub erteilt hat, kann er den Termin nicht mehr zurücknehmen. "Ein Arbeitgeber muss sich daher vor der Urlaubserteilung entscheiden, ob er dem Arbeitnehmer den beantragten Urlaub gewährt oder den Urlaubswunsch des Arbeitnehmers etwa wegen dringender betrieblicher Belange im Sinne von Paragraf 7, Absatz 1 Bundesurlaubsgesetz ablehnt", heißt es im Urteil des Bundesarbeitsgerichts.

Nach der Urlaubszusage gilt laut Arbeitsgericht: "An diese Erklärung ist der Arbeitgeber gebunden." Das Gericht hat damit klar zwischen der Zeit vor und nach der Urlaubsbewilligung unterschieden: Vor der Erteilung kann die Firma aus wichtigen betrieblichen Gründen - etwa wegen eines dringenden Auftrags - Nein zum Urlaubsantrag sagen. Nach der Erteilung geht das nur in katastrophenähnlichen Ausnahmefällen.

Die Bindung an den erteilten Urlaub gilt beidseitig - also auch für den Arbeitnehmer. Natürlich ist es verständlich, wenn Arbeitnehmer ihren Urlaub wegen einer plötzlichen Erkrankung ihrer Ehefrau oder eines Erdbebens im Urlaubsgebiet absagen wollen. Gegenüber der Firma haben sie jedoch keinen Rechtsanspruch darauf, dass diese einen Rücktritt vom beantragten und bereits bewilligten Urlaub akzeptiert. "Die Urlaubserteilung ist eine verbindliche Vereinbarung, die nicht einseitig widerrufen werden kann", sagt Michael Felser.

Doch der Fachanwalt weiß aus der Praxis: "Freiwillig und einvernehmlich können die Parteien das natürlich regeln." Wenn eine Firma also noch keine Vertretung eingestellt hat und es für den verhinderten Urlauber in der Zeit der geplanten Ferien genug zu tun gibt, wird der Chef der Bitte nach einer Verschiebung der Erholungswochen möglicherweise nachkommen.

Verweigert er das ohne plausiblen Grund, so bleibt dem verhinderten Urlauber immer noch die Möglichkeit, beim Betriebsrat Beschwerde einzulegen - falls es in der Firma einen solchen gibt. Das Betriebsverfassungsgesetz bestimmt nämlich in Paragraf 85, Absatz 1: "Der Betriebsrat hat Beschwerden von Arbeitnehmern entgegenzunehmen und, falls er sie für berechtigt hält, beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinzuwirken." Bleibt der Arbeitgeber auch nach einer Intervention des Betriebsrats ohne gute Gründe bei seinem Nein zur Urlaubsverschiebung, kann dazu sogar die so genannte Einigungsstelle zur Konfliktlösung einberufen werden.

© SZ vom 7.8.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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