Unterrichtsgarantie:Chaotische Vertretungsstunden

Lesezeit: 2 min

Während die hessische Kultusministerin die "Unterrichtsgarantie plus" als Erfolg bezeichnet, sehen Schüler, Eltern und Lehrer das anders. Die GEW zieht eine verheerende Bilanz.

Eltern- und Schülervertreter sowie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft haben ein halbes Jahr nach Einführung der so genannten Unterrichtsgarantie plus in Hessen eine durchweg negative Bilanz gezogen.

CDU-Kultusministerin Karin Wolff sieht die hessische Unterrichtsgaratie als Erfolg. GEW, Elternbund, Schülervertreter und die FDP sehen das anders. (Foto: Foto: dpa)

Bei einer Befragung unter Eltern, Lehrern, Schülern und Vertretungskräften habe es von den 500 Befragten nur zwei positive Rückmeldungen gegeben, berichtete der hessische GEW-Vorsitzende Jochen Nagel. Alle übrigen zeichneten ein sehr kritisches Bild von der Realität in den hessischen Schulen.

Vertretungsstunden enden im Chaos

So hätten die Befragten berichtet, dass die von den eingesetzten Laien gehaltenen Vertretungsstunden häufig im Chaos endeten. Viele Vertretungslehrer seien inhaltlich und pädagogisch überfordert.

Aber auch die Vertretungskräfte hätten Grund zur Klage. Sie bemängelten, dass die Arbeitszeiten oft nicht verlässlich seien und die Bezahlung schlecht organisiert werde. Christine Becker vom hessischen Elternbund erklärte, Eltern sähen die Schulausbildung ihrer Kinder bedroht. Betreuung sei nicht gleich Unterricht: "Eltern fürchten, dass ihren Kinder durch weniger qualifizierte und erfahrene Kräfte in den Prüfungen Nachteile entstehen."

Keine Unterrichtsstunde soll mehr ausfallen

Die zum Schuljahresbeginn eingeführte Unterrichtsgarantie plus soll den Stundenausfall an hessischen Schulen auf null reduzieren. Dazu ist jede Schule verpflichtet, einen Pool aus Vertretungslehrkräften einzurichten, die etwa bei einer Grippewelle einspringen können.

GEW, Elternbund und die hessische Landesschülervertretung forderten die Landesregierung auf, die Unterrichtsgarantie plus zurückzunehmen und stattdessen mehr Lehrer an die Schulen zu schicken.

Hessische CDU: "Blödsinn"

Die hessische CDU bezeichnete die Aussagen aus der Umfrage als "Blödsinn". Die Ergebnisse der Umfrage von GEW, Elternbund und Landesschülervertretung gäben nur die Meinung "dieser SPD-Tarn- und Kampforganisationen wieder", sagte der schulpolitische Sprecher der hessischen CDU-Landtagsfraktion, Hans-Jürgen Irmer. Eltern, Schüler und Lehrer seien landesweit mit der Unterrichtsgarantie plus zufrieden.

Dagegen schloss sich die hessische FDP der Kritik an. Die Unterrichtsgarantie plus sei eine Notlösung. Die Bezeichnung an sich sei schon ein Etikettenschwindel, da von Unterricht nicht die Rede sein könne. Fehler in der handwerklichen Umsetzung hätten zudem ein bürokratisches Monster geschaffen.

Hessens Kultusministerin Karin Wolff (CDU) hatte im vergangenen Dezember eine durchweg positive Bilanz der Unterrichtsgarantie plus gezogen. Von insgesamt rund 700.000 Schulstunden, die jede Woche an den 1.728 betroffenen Schulen nach Plan erteilt würden, falle nur noch ein Anteil von 0,29 Promille aus.

Nach Angaben der Kultusministerin arbeiten derzeit rund 12.000 Männer und Frauen als Vertretungslehrer an hessischen Schulen. Davon seien zwei Drittel ausgebildete Lehrer, ehemalige Lehrer oder werdende Lehrer. Die übrigen Vertretungskräfte seien zumeist Menschen mit einer anderen akademischen Ausbildung.

© AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: