(SZ vom 30.8.2003) Fachwissen, Kontakte und Startkapital sind nicht genug. Wer als Existenzgründer erfolgreich sein will, braucht mehr. Eine oftmals unterschätzte Rolle spielt die Persönlichkeit. Sie entscheidet zu bis zu 25 Prozent darüber, ob ein Mensch als Unternehmer scheitert. "Gerade in kritischen Situationen kann sie der wichtigste Punkt sein", sagt Fred Müller. Der Arbeitspsychologe an der Universität Landau hat für mehrere empirische Studien Freiberufler und Unternehmer befragt.
Fünf Typen
Demnach sind die folgenden Eigenschaften für den Erfolg bedeutsam: Streben nach Leistung und vor allem nach Unabhängigkeit, emotionale Stabilität und Kreativität, Durchsetzungskraft und Anpassungsbereitschaft. Wichtig sind darüber hinaus ausreichende kognitive Fähigkeiten, um unstrukturierte Arbeitssituationen zu bewältigen und Risiken zu kalkulieren.
Nicht alle Existenzgründer sind mit diesen Eigenschaften gleich gut ausgestattet. Müller hat fünf Persönlichkeitstypen herauskristallisiert: Der distanzierte Leistungstyp strebt stark nach Unabhängigkeit und ist bereit, viel zu leisten. Seine berufliche Aufgabe empfindet er als Herausforderung. Er ist ein Experte, den die Arbeit selbst mehr interessiert als die Belohnung für ihre Bewältigung. Selbstverwirklichung und persönliches Wachstum spielen eine große Rolle. Er arrangiert sich ungern mit anderen.
Der rationale Ausdauertyp ist emotional belastbar und geht Probleme analytisch an. Er steckt Misserfolge besser weg als andere Menschen, behält seine Zuversicht und ist gegen Stress weitgehend immun. Er bevorzugt anspruchsvolle und längerfristige Aufgaben.
Der ideenreiche Akquisitionstyp handelt intuitiv und geht seine Aufgaben kreativ an. Für Probleme findet er meist ungewöhnliche Lösungen. Mit unsicheren Situationen kann dieser Typus gut umgehen, er sucht bisweilen sogar das Risiko. Zudem ist er sozial anpassungsfähig und stellt sich deshalb gut auf unterschiedliche Gesprächspartner ein. Der Aufbau beruflicher Kontakte gelingt ihm leichter als anderen.
Der kontrollierte Machttyp kann sich gut durchsetzen. Probleme löst er analytisch. Er dominiert gerne andere und behauptet sich in Konkurrenzsituationen. Seine Überlegenheit spielt er gerne aus. In seinem Unternehmen legt er Wert auf Hierarchie und Status. Dieser Typ geht auch Risiken ein, sein kühler Verstand schützt ihn jedoch vor Waghalsigkeit.
Der ichbezogene Aktivitätstyp profitiert von seinen starken Antriebskräften. Weniger gut entwickelt ist seine soziale Anpassungsfähigkeit. Er handelt egozentrisch und lässt sich ungern bevormunden. Dieser Typus arbeitet oft rastlos und bevorzugt Aufgaben, bei denen er sich als Initiator erleben kann. Seine Vorhaben sind meist exotisch und innovativ.
Es ist anzunehmen, dass ein bestimmter Typus in manchen Branchen stärker vertreten ist als in anderen. Das will Fred Müller in einer neuen Studie erforschen. Er vermutet, dass zum Beispiel im Handwerk und in der New Economy mehr ideenreiche Akquisitionstypen arbeiten. Dass jedoch ein Persönlichkeitstyp grundsätzlich erfolgreicher ist als die anderen, glaubt er nicht: "Wichtig ist das unternehmerische Gesamtpotential - egal, wie es sich zusammensetzt."
Manches ist nur schwer zu ändern
Persönliche Schwächen könne man auch mit einem Geschäftspartner ausgleichen. Allerdings nur begrenzt. An sich selbst zu arbeiten, gelinge leichter auf der Verhaltensebene, meint der Arbeitspsychologe, "wenn es zum Beispiel um Kreativitätstechniken und soziale Kompetenz geht." Persönlichkeitsmerkmale wie emotionale Stabilität und Leistungsmotivation seien jedoch durch frühkindliche Erfahrungen geprägt und deshalb nur schwer zu verändern. "Das geht oft nur mit professioneller Hilfe."
Wer also die Existenzgründung plant, sollte sich mit seiner Persönlichkeit auseinandersetzen. "Es bedarf allerdings einer gewissen Selbststärke, eigene Schwächen zu analysieren", sagt Müller. Dabei können Testverfahren helfen. So kann man etwa an der Universität Landau schon für zehn Euro ein Eignungsprofil erstellen lassen.