Tandem in der Chefetage:Trend zum Zweit-Chef

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Zwei Vorgesetzte auf einen Schlag: Wie es Mitarbeitern mit einer Doppelspitze ergeht.

Alexandra Borchardt

Wenn die CSU eine Doppelspitze bekommt, muss dem Fußvolk in der Partei nicht bange sein. Immerhin ist den meisten Menschen ein solches Duo der Macht von Geburt an vertraut. Denn kaum auf der Welt, wird das Baby üblicherweise von der ersten Doppelspitze seines Lebens begrüßt: Mutter und Vater. Nun verhält es sich mit diesen hoffentlich so, dass sie sich in Liebe gefunden haben, was man von den Tandems auf den Führungsetagen von Firmen, Parteien und Verbänden selten sagen kann. Dennoch bieten die Eltern ein gutes Trainingslager für all jene, die im späteren Leben mit der einen oder anderen Doppelspitze klarkommen müssen.

"Wir sind spitze!", "Und ich bin besser!": Für Mitarbeiter eine Qual: rivalisierende Chefs. (Foto: Foto: iStockphoto)

Schon früh lernt das Kind, ob das Schreien eher von Mutter oder Vater erhört wird. Später weiß es ziemlich genau, wer das Lego-Auto finanzieren wird oder mit wem sich die besten Heimkehr-Zeiten aushandeln lassen. Die Erkenntnisse daraus lassen sich mühelos auf den Arbeitsalltag übertragen: Die Dienstreise wird bei einem Führungsduo eher der Vorgesetzte genehmigen, der selbst mit Hingabe Flugmeilen sammelt, den freien Tag wegen des Kindergartenfests eher jener, den wegen des Versäumens eines solchen das schlechte Gewissen plagt.

Um dieser Taktik zu begegnen, hilft den Chefs natürlich das, was auch die Eltern tun sollten: gemeinsam Regeln festlegen und möglichst viel über alles reden. Aber das gelingt nicht immer, und glückt in der Firma noch seltener als in der Familie. Ein Grund dafür ist, dass die in einem Führungsduo Zusammengepferchten gewöhnlich lieber nach ihren eigenen Regeln spielen würden.

Dabei gibt es verschiedene Arten von Doppelspitzen. Unproblematisch für die Mitarbeiter ist jene Variante, in der es zwar offiziell zwei Chefs gibt, aber nur einer von ihnen als solcher arbeitet. An ihm kommt niemand vorbei. Sein Partner erntet bestenfalls Nachsicht, häufig wird er aber zum Kantinenwitz und irgendwann gut abgefunden. Relativ unkompliziert kann auch jene Ausprägung sein, in der beide eine klare Arbeitsteilung haben. Einer kümmert sich um die Kunden, der andere um die Mitarbeiter. Dann gibt es noch die Notlösung, in denen beide nur darauf warten, endlich von einem Überflieger abgelöst und von der Führung befreit zu werden.

Anstrengender ist jene Art Doppelspitze, in der sich beide spitze finden. Aufs Tandem sind sie nur gestiegen, um den Chefposten überhaupt zu erreichen. Aber tief in ihnen nagt die Frage, warum, warum nur man ihnen den Top-Job nicht alleine zugetraut hat. Jeder der beiden wird also versuchen zu beweisen, dass er im Grunde der bessere Chef ist - wobei der verloren hat, der sich diese Absicht anmerken lässt. Abteilungen mit einer solchen Führung stehen viele neue Projekte ins Haus, mit denen sich die Spitzenkräfte gegenseitig übertreffen wollen; wobei ein schlauer Partner versuchen wird, dabei möglichst viele Mitarbeiter für sich zu gewinnen. Dies kann das Ansehen der gesamten Truppe heben - bis der Frust einsetzt. Entweder bei den Mitarbeitern, die Aktionismus und Machtkämpfe leid sind, oder bei einem der Partner, oder bei allen Beteiligten.

Spätestens, wenn aus einem Duo Duellanten geworden sind, ist es Zeit für die Trennung. Bis dahin können Mitarbeiter jenen Vorteil einer Doppelspitze nutzen, den schon Kleinkinder zu schätzen wissen. So lange Mama und Papa mit sich selbst beschäftigt sind, lässt sich ungestört spielen.

© SZ vom 22.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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