SZ-Management:Fettnäpfchen für den Führungsnachwuchs

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Benimm zählt. Schlechte Manieren sind der Karrierekiller Nummer eins.

Dagmar Deckstein

(SZ vom 20.8.2001) Es gibt eine Menge Möglichkeiten für Manager, sich danebenzubenehmen. Je aufmerksamer sich die Augen der Öffentlichkeit und ihrer Stellvertreter, der Fernsehkameraleute, auf sie richten - und das tun sie nun einmal in diesen Zeiten, da jede(r) über alles sofort informiert sein will - , desto größer die Chance, dass kleine rhetorische und große strategische Pannen der Top-Entscheider sofort derart breit getreten werden, dass sich nicht nur die Aktienkurse des Unternehmens nicht so schnell vom Imageschaden erholen.

Spitzenentgleisungen

Wer erinnerte sich nicht an jene Spitzenentgleisung verbaler Art, die der damalige Deutsche-Bank-Vorstand Hilmar Kopper hinlegte, als er den Schaden, den der Bau-Pleitier Jürgen Schneider der Bank hinterließ, als "Peanuts" bezeichnete?

Oder nehmen wir den jüngsten Fauxpas des designierten Bayer-Chefs Werner Wenning, der nach dem Lipobay-Desaster im ZDF freimütig erklärte: "Die Anwendung von hochwirksamen Medikamenten ist immer mit Nebenwirkungen verbunden, die auch zum Tode führen können." Eine Aussage, die zwar korrekt ist, aber von wenig Feinfühligkeit zeugt. "Bayer-Manager verhöhnt Opfer", meinte die Bild-Zeitung rüffeln zu müssen.

Möchtegern-Manager

Fettnäpfchen lauern also überall, aber sie lauern nicht nur in der luftigen Höhe am Ende der Karriereleiter. Danebenbenehmen kann sich jeder schon so früh und so gründlich, dass er oder sie nicht einmal die ersten Sprossen dieser Karriereleiter zu überwinden vermag.

Davon weiß zum Beispiel Roselie Herrmann ein Lied zu singen, die Nürnberger Soziologin, die sowohl gestandenen als auch Möchtegern-Managern gutes Benehmen beibringt. Und das ist schon mal keines: "Guten Tag, ich bin der Herr Meier." Freundlich schüttelt der Bewerber seinem potenziellen Arbeitgeber die Hand - und hat seine Jobchancen schon verspielt. "Der Ranghöhere gibt immer zuerst die Hand und niemand darf sich selbst als "Herr" vorstellen", erklärt Frau Herrman - deren Benimm-Seminare sich übrigens sehr reger Nachfrage erfreuen - die beiden Fehler des gescheiterten Job-Anwärters.

Benimm zählt, wenn es darum geht, die Karriereleiter ein Stück höher zu kraxeln. So hat zum Beispiel eine Studie der TU Darmstadt ergeben, bei der die Karrieren von 6500 promovierten Akademikern über Jahrzehnte hinweg verfolgt wurden, dass korrekte Umgangsformen der absolut dominante Karrierefaktor gewesen waren. In seiner Forschungsarbeit erfuhr der Darmstädter Soziologe und Elitenforscher Michael Hartmann aus dem Munde von Personalentscheidern immer wieder Gleichlautendes: "Entscheidend sind das Auftreten, der Habitus, eine natürliche Souveränität." Eigenschaften also, die nicht unbedingt jedem in die Wiege gelegt wurden.

Tadellose Begrüßung

Doch der Knigge für Führungskräfte ist heute komplizierter denn je. Vor allem beim Umgang zwischen Mann und Frau lockt auf Schritt und Tritt ein Fettnäpfchen. Muss man tagsüber beim Arbeitsgespräch noch den Chef vor der Sekretärin begrüßen, ist es bei der Cocktail-Party am Abend Pflicht, zunächst die Dame willkommen zu heißen. Und auch der Autohändler, der einer potenziellen Kundin freudig lächelnd die Hand entgegenstreckt, begeht einen Fauxpas. "Der Herr stellt sich in diesem Fall vor, die Dame reicht die Hand", betont Roselie Herrmann.

Dass Benimm-Trainer so viel Wert auf eine tadellose Begrüßung legen, hat seine Gründe. Wir entscheiden nämlich innerhalb der ersten sieben Sekunden, wen mir mögen oder auch nicht, wissen die Knigge- Kenner und Karriereförderer. Der erste Eindruck bestimme oft jahrelang unsere Meinung über einen Menschen. Schlechtes benehmen als Karrierekiller Nummer Eins: Wenn man sich so umschaut in der Welt, scheint das vielen alles andere als klar zu sein.

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