Surfen am Arbeitsplatz:Heimliche Kontrolle

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Stichproben erlaubt: Wie weit der Arbeitgeber die Internet-Nutzung seiner Mitarbeiter kontrollieren darf - und wann er zu weit geht.

Arbeitnehmer sind beim Surfen, Chatten oder Mailen im Büro offenbar zunehmend unter Beobachtung. Die Überwachung am Arbeitsplatz habe zugenommen, sagt Martina Perreng, Arbeitsrechtlerin beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Beschäftigte sollten sich deshalb darüber informieren, wie die private Online-Nutzung in ihrem Betrieb geregelt ist.

Vorsicht: Vielleicht liest der Chef mit. (Foto: Foto: photodisc)

"Im Krisenfall werden Verstöße gegen den Mitarbeiter verwendet", so die Erfahrung Cornelia Brandts vom Bundesvorstand der Gewerkschaft Ver.Di. Ihr Eindruck: "Wenn man den Arbeitnehmer los werden will, nutzt man jetzt auch solche Erkenntnisse."

Dass Unternehmen ihren Beschäftigten gegenüber misstrauischer werden, hat auch eine aktuelle Internet-Trendumfrage der Unternehmensgruppe Steria Mummert Consulting und des IT-Dienstleisters Inworks ergeben. Danach werden heute fast zwei von fünf Arbeitnehmern an ihrem PC-Arbeitsplatz überwacht, 2003 war es noch jeder dritte. Die Betriebe seien aufgrund zunehmender Virenattacken und Betriebsspionage sensibler geworden, heißt es in der Studie. Arbeitsausfälle durch privates Surfvergnügen der Angestellten kosten zudem viel Geld.

Was DGB-Expertin Perreng Kopfzerbrechen bereitet, ist die "Tendenz zu geheimen Überwachungen" in den Büros. Nicht jeder Arbeitgeber spiele mit offenen Karten, kündige seine Kontrollen von Festplatten, Internetklicks und E-Mails an. Oder halte sich an erlaubte Vorgaben. "Es gibt die zunehmende Tendenz, privates Surfen und Mailen komplett zu verbieten", berichtet Ver.Di-Expertin Brandt.

Grundsätzlich gilt laut Bundesbeauftragtem für Datenschutz: kein Beschäftigter hat Anspruch darauf, das Internet privat am Arbeitsplatz nutzen zu können. Erlaubt der Chef seinen Angestellten, in eigener Sache zu surfen und zu mailen, darf er das an Bedingungen knüpfen und "in angemessener Weise kontrollieren".

Stichproben sind demnach erlaubt, eine Totalüberwachung des Personals ist dagegen unzulässig. Das Fernmeldegeheimnis der Beschäftigten ist zu beachten, heißt es im Datenschutz-Wegweiser. "Klare gesetzliche Regelungen zu erlaubter und nicht erlaubter Kontrolle gibt es aber nicht", betont Perreng.

Dass man im Büro nicht so oft privat surfen, mailen, Moorhühner schießen oder e-bay-Auktionen verfolgen kann, wie man will, "dürfte wohl jedem klar sein", ist Brandt überzeugt. Wer bislang immer unsicher war, ob er "nur mal schnell" Karten fürs Kino bestellen oder private Grüße verschicken darf, sollte sich unbedingt schlau machen. Neuerdings lassen Arbeitgeber ihre Position zur Online-Nutzung immer häufiger in den Arbeitsverträgen, in Betriebsvereinbarungen oder Dienstanweisungen festschreiben - vielen Beschäftigten gehe das aber durch die Lappen, weiß Brandt aus ihrer Beratungspraxis. Nach der jüngsten Mummert-Umfrage weiß jeder fünfte Arbeitnehmer nicht, ob er eine Vereinbarung unterschrieben hat. Nur jeder vierte Befragte hat demnach keinen Vertrag, der das private Surfen regelt.

Hat der Chef kein ausdrückliches Surfverbot verhängt, aber auch keine Einschränkungen angeordnet, ist trotzdem Vorsicht angebracht. Eine Orientierung kann in solchen Fällen die Firmengepflogenheit zur privaten Telefonnutzung bieten. Ist privates Plaudern erlaubt, wird der Arbeitnehmer davon ausgehen können, dass in vergleichbarem Umfang auch E-Mails und Internetsurfen in eigener Sache möglich sind, meint Brandt. "Um nicht reinzufallen, sollte man sich aber beim Betriebsrat rückversichern oder notfalls auch beim Chef direkt erkundigen", rät sie.

Arbeitsrechtliche Konsequenzen kann es für passionierte Surfer im Job immer dann geben, wenn klare Verbote missachtet werden oder die Arbeitsleistung stark beeinträchtigt ist. Notfalls wird der Mitarbeiter abgemahnt. Liegt ein erheblicher Vertrauensbruch vor oder ist die Internet-Nutzung strafbar, kann der Betroffene auch ohne Abmahnung fristlos gekündigt werden.

Das Problem an der PC-Überwachung ist nach Ansicht der Gewerkschaften vor allem auch, dass Arbeitgeber aus den gesammelten Daten zunehmend gern auf Fleiß und Engagement ihrer Mitarbeiter schließen, wie Perreng betont. Die Spuren im Internet würden notfalls zur Beurteilung eines Angestellten genutzt. "Darüber muss man sich als Beschäftigter heutzutage im Klaren sein."

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