Studiengebühren:Entscheidung hinter Stacheldraht

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In Nordrhein-Westfalen müssen die Hochschulen die Studiengebühren selbst beschließen. Die Politik hält sich fein heraus.

Marco Finetti

Dieses Mal sollte alles glatt gehen, im zweiten Anlauf wollte der Senat der Universität zu Köln ungestört über Studiengebühren entscheiden. Szenen wie Anfang des Monats - als studentische Gebühren-Gegner die Senatssitzung sprengten, sich ein Handgemenge mit dem Boxsport-erprobten Prorektor lieferten und hinterher tagelang das Rektorat besetzt hielten - sollten sich nicht wiederholen.

Studenten der Uni Köln blockieren die Zufahrt zum Forschungszentrum Jülich. (Foto: Foto: dpa)

Und so zog die Kölner Uni-Spitze vor der erneuten Senatssitzung am vergangenen Mittwoch alle Register der Konspiration: Der Tagungsort wurde geheim gehalten, die zwölf Senatoren wurden an Treffpunkten in der Stadt abgeholt und zur Sitzung gekarrt - was manchen an einen schlechten Agentenfilm denken ließ.

Wie in einem solchen ging es dann auch weiter. Denn trotz aller Geheimniskrämerei war natürlich durchgesickert, dass die Entscheidung im 60 Kilometer entfernten Jülich fallen sollte, wo sich der Senat im dort ansässigen Forschungszentrum verschanzen wollte. So machten sich schließlich zwei Konvois auf den Weg an den Niederrhein, neben den Senatoren auch mehrere Hundert Studenten.

Kurz vor den hohen, Stacheldraht-bewehrten Mauern des Forschungszentrums kam es zum Showdown, als die Gebühren-Gegner einen der Kleinbusse mit den Senatoren einkesselten. Für vier Senatoren war der Sitzungsnachmittag damit gelaufen. Die übrigen acht, die auf anderen Wegen ans Ziel gelangten, reichten dennoch aus, um - so die offizielle Sprachregelung - "mit überwältigender Mehrheit" für die größte deutsche Hochschule die Einführung von Studiengebühren zu beschließen. Vom Oktober an sollen alle Studienanfänger, von April 2007 an sämtliche Studenten 500 Euro pro Semester zahlen.

Unter nicht ganz so skurrilen Umständen, aber überall begleitet von wütenden studentischen Protesten, entscheiden sich derzeit auch die anderen Hochschulen in Nordrhein-Westfalen in der Gebühren-Frage. Anders als in Baden-Württemberg oder Bayern sieht das "Studienbeitragsgesetz" der CDU/FDP-Regierung in Düsseldorf keine landesweiten Gebühren vor; die Hochschulen müssen die Einführung des Obolus selbst beschließen oder ablehnen.

Innovationsminister Andreas Pinkwart von den Liberalen nennt das "Freiheit der Hochschulen", die Hochschulen nennen es "Zynismus der Politik". Denn ihnen bleibt keine Wahl; selbst wenn sie wollten - und manche würden durchaus wollen -, können sie auf die Millioneneinnahmen aus den Gebühren nicht verzichten. Mit der Entscheidung aber haben die Hochschulen auch den Ärger mit den Studenten am Hals - und nicht der Minister.

Dieser präsentierte derweil gut gelaunt das Darlehens-Modell der NRW- Bank, mit dem die Studenten zwischen Rhein und Weser bei Bedarf ihre Gebühren vorfinanzieren können - erhältlich von Juni an, verzinst mit 5,9 Prozent, zurückzuzahlen in Raten frühestens zwei Jahre nach dem Examen. Auch bei dieser Gelegenheit schwärmte Pinkwart von den Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen, sie seien in ganz Deutschland die "sozialverträglichsten". Nicht nur viele Studenten, sondern auch manche Hochschulen dürften das Wort für unpassend halten.

© SZ vom 29.5.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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