Studie zur Bürokultur:Alle Macht dem Klatsch

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Ob faul oder fleißig - das ist eigentlich egal. Ausschlaggebend für die Karriere von Angestellten sind nur die Gerüchte über sie.

Eigentlich ist der T. immer total fleißig, die Ergebnisse seiner Abteilung stimmen auch. Trotzdem kommt der arme Kerl nicht recht vom Fleck. Seit Jahren schon heimsen andere die Beförderung ein und ziehen auf der Karriereleiter an ihm vorbei.

Vermutlich liegt das daran, dass da mal dieses fiese Gerücht über T. kursierte, wie er damals, auf der Weihnachtsfeier ... Und die lieben Kollegen verbreiten die Geschichte heute noch.

Fakten spielen keine Rolle

Das Gerede vom peinlichen Fauxpas, angeblichen Charakterschwächen und unangenehmen Wesenszügen hat tatsächlich viel größeren Einfluss auf die Karriere als bisher angenommen. Das legen zumindest Ergebnisse einer Studie des Plöner Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie nahe, die das US-Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences in dieser Woche veröffentlicht.

"Klatsch und Tratsch haben ein starkes manipulatives Potential", sagt der Evolutionsbiologe und Leiter der Studie, Ralf Sommerfeld. In der Studie sollten Studenten in mehreren Durchläufen Geld an andere Teilnehmer verteilen. Als Entscheidungshilfe hatten sie sowohl Fakten als auch Klatsch über die Mitspieler vorliegen.

Fazit: Wer als Geizhals verschrien war, bekam eher kein Geld - unabhängig von seinem tatsächlichen Verhalten. Das funktionierte auch umgekehrt: Als "großzügige Mitspieler" geltende Leute erhielten eher mehr Geld von den Probanden.

Klatsch manipuliert in alle Richtungen

Von dem tatsächlichen Verhalten der Probanden ließen sich die Studenten dagegen bei ihren Entscheidungen kaum beeinflussen. "Die Leute haben auf die Gerüchte gehört, obwohl sie alle früheren Entscheidungen der anderen kannten", erklärte Sommerfeld. Dabei spielte es jedoch keine Rolle, ob die Gerüchte negativ oder positiv ausfielen. Klatsch und Tratsch beeinflussen die Meinungen der anderen demnach gleich stark in beide Richtungen.

"Wenn man weiß, wie sich andere verhalten haben, dann sollte man sich - rational betrachtet - eigentlich daran orientieren. Aber die Probanden hörten trotzdem noch stark auf das, was andere behaupteten."

Da kann T. noch so gute Ergebnisse abliefern - seine Beförderung wird er nie bekommen.

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