Studentendarlehen:Wer soll das bezahlen?

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Mit der Einführung von Studiengebühren sind neue Finanzierungsformen für Studenten gefragt. Die Banken zeigen sich bislang zurückhaltend.

Von Rigobert Kaiser

Mit seinem Urteil vom 26. Januar 2005 hat das Bundesverfassungsgericht den Weg für die Einführung von Studiengebühren frei gemacht und damit die bundesweite Diskussion über die Hochschulfinanzierung um eine ebenso brisante Frage erweitert: Wie schultern die deutschen Studenten künftig die Kosten ihrer Ausbildung, die ohnehin wegen der Übernahme von Nebenjobs deutlich länger dauert als im internationalen Vergleich üblich? Bayern hat als eines der ersten Bundesländer angekündigt, ab Sommer 2006 eine Semestergebühr in Höhe von maximal 500 Euro einführen zu wollen. Gemessen an der Regelstudienzeit errechnen sich Mehrkosten zwischen 4000 und 5000 Euro.

Nur für die Besten, für alle oder gegen Arbeit: Die Konzepte für Studentendarlehen sind ganz unterschiedlich. (Foto: Foto: sueddeutsche.de)

In aller Regel werden die Studenten in Deutschland von den Eltern unterstützt. Jeder Vierte - das waren zuletzt immerhin rund 330.000 - bessert seine Vermögensverhältnisse durch Bafög auf, dazu kommen Einnahmen aus Nebenjobs. Diese Mischfinanzierung hat den entscheidenden Vorteil, dass die Jungakademiker bis zum Start ins Berufsleben nur einen geringen Schuldenberg aufhäufen, der in aller Regel problemlos abgetragen werden kann. Die erste Rückzahlungsrate für das Bafög wird erst fünf Jahre nach Ende des Regelstudiums fällig. Gute und schnelle Studenten dürfen auf einen teilweisen Erlass hoffen. Der Gesamtbetrag bleibt überschaubar, weil das Bafög-Darlehen nicht verzinst wird.

Kritiker der Studiengebühren wie das Deutsche Studentenwerk und das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren fürchten, dass die Hochschulabsolventen künftig in eine Schuldenfalle tappen.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt, Jürgen Thurmann vom Bundesverband der Deutschen Industrie und der Chef des Münchner ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn plädieren hingegen für noch höhere Gebühren. Bildungspolitiker der Union wollen im Falle eines Wahlsiegs 2006 die bisherige Ausbildungsförderung in einen Mix aus Bafög, Bildungssparen und Darlehen umwandeln. Doch bis dahin ist noch ein langer Weg, denn die Finanzbranche reagiert sehr zögerlich auf die Idee, Darlehen an Studenten zu vergeben, obwohl sie damit eine lukrative Klientel frühzeitig an sich binden könnte.

Geld für die Besten

Die privaten Banken halten sich dabei genauso zurück wie die öffentlich-rechtlichen Institute: Sie alle geben an, entsprechende Modelle prüfen zu wollen. Wann und zu welchen Konditionen sie damit auf den Markt kommen wollen, lassen sie offen.

Die Sparkasse Leipzig legt nun gemeinsam mit der Münchner Career Concept AG einen Bildungsfonds mit einem Gesamtvolumen von zehn Millionen Euro auf, der sich bei genauerer Betrachtung als ein Produkt der Eliteförderung entpuppt. Der Fonds will 2000 Studenten der Wirtschafts- und Naturwissenschaften, sowie aus dem Ingenieurwesen unterstützen, die möglichst schnell und erfolgreich ihre Ausbildung abschließen. Obwohl der Fokus schon bei der Auswahl auf besonders Begabte mit guten Karrierechancen liegt, rechnen die Anbieter mit einer Ausfallquote von zehn Prozent. Dieses hohe Risiko schreckt die meisten Banken und Sparkassen ab, denn auf Ausfallbürgschaften durch die öffentliche Hand können sie nicht hoffen.

25 Jahre lang zahlen

In die Bresche springt momentan die KfW, die sich in diesem Zusammenhang allerdings den Vorwurf gefallen lassen muss, dass sie ihr Modell zu eng kalkuliere und darauf baue, dass der Staat als Eigentümer der Bank die Haftung für eventuelle Ausfälle übernehme.

Noch sind nicht alle Details geklärt, aber folgende Rahmendaten stehen fest: Das Kreditangebot richtet sich, unabhängig vom Einkommen der Eltern, an Studenten aller Fächer. Die maximale Summe liegt bei 650 Euro pro Monat und dient dem allgemeinen Lebensunterhalt. Das Darlehen wird, anders als beim Bafög, verzinst. Die KfW will sich dabei am Marktniveau orientieren, aber als Staatsbank vergleichsweise günstige Konditionen anbieten.

Zurückzahlen muss nur derjenige, der einen Beruf hat, versprach KfW-Chef Hans Reich bei der Vorstellung des Modells. Er rechnet mit langen Rückzahlungszeiten von bis zu 25 Jahren. Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und das Centrum für Hochschulentwicklung, getragen von der Hochschulrektorenkonferenz und der Bertelsmannstiftung, loben das KfW-Modell als erste Antwort darauf, wie man Studiengebühren so flankieren kann, dass keiner vom Studium abgehalten wird.

Großzügige Konditionen

Ohne staatliche Hilfe, ob direkt oder indirekt, wird es wohl nicht gehen: In England, den Niederlanden, Schweden oder Australien, stellen die Regierungen Darlehen mit großzügigen Konditionen zur Verfügung: Entweder fallen überhaupt keine Zinsen an, oder sie werden subventioniert. Die Rückzahlungsmodalitäten richten sich nach Schnelligkeit und Erfolg des Studienabschlusses, beziehungsweise nach den Gehältern, die die Absolventen beziehen. Der zeitliche Horizont ist bewusst lange gewählt und kann wie in Schweden bis zu 25 Jahre betragen. Für Studenten aus einkommensschwachen Familien gibt es weitere Erleichterungen.

Die gegenwärtige Diskussion zeigt, dass noch vieles im Fluss ist, dass noch viele Fragen unbeantwortet sind. Was passiert, wenn der Akademiker aus sozialen Gründen nicht zurückzahlen kann? Sollen bei den Zahlungsmodalitäten Kinder berücksichtigt werden? Denkbar ist auch, dass die EU-Kommission noch eingreift. Sie will prüfen, ob das Angebot der KfW möglicherweise den Wettbewerb in der Finanzbranche behindert.

Viele Varianten sind denkbar, auch ungewöhnliche: Die Ruhruniversität Bochum bietet ihren Langzeitstudenten, die ja schon bezahlen müssen, an, dass sie die Studiengebühren abarbeiten, zum Beispiel als studentische Hilfskraft, Gärtner oder Mitarbeiter in der Mensa. Sollte das Projekt erfolgreich sein, könnte es auf alle arbeitswilligen Studenten ausgeweitet werden.

© SZ vom 27.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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