Stellensuche:Bewerber von Beruf

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Arbeitsamt, Berater, Internet: Viele Wege führen zum neuen Job.

Sabine Hense-Ferch

(SZ vom 17.12.2002) Mehr als vier Millionen Arbeitslose - für Walter Bens ist das kein Grund zur Resignation. "Viele Wege führen in den Job", sagt der Berufsberater und Dozent an der Verwaltungsfachhochschule in Mannheim. "Doch das Denken der meisten Menschen ist immer noch geprägt von der staatlichen Versorgung durch das Arbeitsamt. Dabei besorgen sich nach meinen Schätzungen 60 Prozent aller Wechsler selbst einen neuen Job, während das Arbeitsamt nur in zehn Prozent der Fälle wirklich hilft."

Bens weiß, wovon er spricht. Er war selbst jahrelang Berater beim Arbeitsamt. Heute reist er neben seiner Lehrtätigkeit im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit kreuz und quer durch die Republik und hält Seminare, in denen er "Selbstvermarktungsstrategien für Arbeitnehmer" propagiert. "Wichtig ist, sich selbst zu helfen, aktiv zu werden, sich über die beruflichen Wünsche und Fähigkeiten klar zu werden und dann gezielt potenziellen Arbeitgebern ein Angebot zu unterbreiten."

Massenabfertigung mit Erfolgen

"Natürlich gibt es in vielen Arbeitsämtern Massenabfertigung", räumt Roland Schütz, Sprecher der Bundesanstalt für Arbeit, ein. "Ein Vermittler ist für viele Fälle zuständig, da bleibt ihm gar nicht die Zeit, sich so intensiv einem Einzelnen zu widmen, wie ein privater Vermittler das vielleicht kann."

Doch Schütz verweist auch auf Erfolge seiner Behörde: "Seit Anfang des Jahres konnten wir zwei Millionen Arbeitssuchende vermitteln, allein im Oktober gab es 190.000 Vermittlungen, von denen 40.000 auf unsere Internetbörse und 150.000 auf Initiative unserer Vermittler zustande kamen." Auf so viele Vermittlungen bringen es die rund 1000 im Bundesverband Personalvermittlung in Bonn zusammen geschlossenen Unternehmen privater Arbeitsvermittler nicht. "Nach unseren Schätzungen kommen wir auf 120.000 Vermittlungen pro Jahr - wovon allerdings nur ein Viertel der Vermittelten vor Aufnahme des neuen Jobs arbeitslos waren", sagt Sieglinde Schneider, Sprecherin des Verbands.

Vielleicht ist das einer der Gründe, warum die Situation zwischen Arbeitsamt und privaten Vermittlern noch immer etwas verkrampft ist. "Wir hatten größere Hoffnungen auf die Vermittlungserfolge privater gesetzt. Doch nur wenn sie sich auf einzelne Branchen oder Arbeitsmarktsegmente beschränken, sind sie wirklich erfolgreich", meint Roland Schütz.

Immerhin - mit der neuen Regelung der Vermittlungsgutscheine für Arbeitslose (das Arbeitsamt zahlt an den privaten Arbeitsvermittler ein Erfolgshonorar, wenn der den Arbeitslosen vermitteln kann) haben sich inzwischen Wege der Zusammenarbeit eröffnet und beide Seiten betonen, dass die Privaten in mancherlei Hinsicht eine gute Ergänzung zur staatlichen Vermittlung sind.

Abwarten, wer sich meldet

Wer sich selbst auf die Suche machen will, kann auch über eine der zahlreichen Internet-Börsen - wie zum Beispiel Stepstone, Jobpilot, Monster oder die Stellenmärkte der großen Tageszeitungen - einen neuen Job finden. Nach dem Boom im Jahr 2000 ist dieser Markt allerdings auf eine Handvoll Unternehmen geschrumpft. "Für Arbeitssuchende ist es eine gute Möglichkeit, Lebenslauf und Bewerberprofil gratis online zu stellen - und abzuwarten, wer sich meldet", sagt Nicole Göttlicher von der Jobbörse Stepstone, die in 21 Ländern vertreten ist.

Solche Internet-Vermittler funktionieren in der Regel nach dem Prinzip: Das suchende Unternehmen zahlt dafür, dass es seine Stellenanzeige einige Wochen online stellen darf. "Mittlerweile konzentrieren wir uns mehr darauf, den Service für die Unternehmen zu verbessern, zum Beispiel durch bessere Software, die die automatische Suche nach geeigneten Kandidaten erleichtert und somit die Personalrekrutierung effektiver und kostengünstiger gestaltet", sagt Göttlicher.

Wie viele Bewerber tatsächlich auf dem Online-Stellenmarkt einen neuen Arbeitgeber finden, darüber wagt sie jedoch keine Prognose: "Doch ein fester Kundenstamm, der immer größer wird, zeugt davon, dass Idee und Umsetzung so schlecht nicht sein können."

Mal spontan, mal mit Termin

Eine weitere Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und potenzielle Arbeitgeber kennen zu lernen, sind Recruitingmessen - vor allem für Berufseinsteiger.

"Einige Messen bieten allerdings lediglich spontane Kontakte und eine Plattform, auf der man sich unverbindlich informiert. Auf anderen Messen läuft ohne einen vorher festgelegten Interviewtermin gar nichts", sagt Stephen Nündel, Leiter Marketing der IQB Career Services AG, die bundesweit rund 30 Recruiting-Messen veranstaltet. "Wir bieten einen Mix aus beiden Möglichkeiten: Jeder kann kommen zum Beschnuppern potenzieller Arbeitgeber, man kann aber auch vorher sein Bewerberprofil durchgeben und quasi ein erstes Vorstellungsgespräch führen", sagt Nündel.

Das nützt Bewerbern und Unternehmen. Beide treffen eine rasche Auswahl, ob ein weiteres Treffen lohnt, im persönlichen Gespräch kann man sich auf Sympathie abklopfen. "Für die Firmen ist es wesentlich effektiver und preisgünstiger, auf einer Messe gleich mehrere geeignete Bewerber kennen zu lernen, als Hunderte von Bewerbungen zu sichten, und nach und nach Kandidaten zu sich einzuladen. Womöglich liegen dann auch noch Wochen zwischen den Terminen, der Vergleich ist mühsam und schwierig", so Nündel.

Doch auch auf den Recruiting-Messen ist die Wirtschaftsflaute zu spüren. Im vergangenen Jahr stellten beispielsweise auf der JobCon-Messe 80 Unternehmen aus, jetzt seien es nur noch 15, räumt Nündel ein.

Spione des Stellenmarkts

Wer einen unkonventionellen Weg gehen möchte, um an einen neuen Job zu gelangen, kann sich auch an Personal- oder Outplacement-Berater wenden. "Arbeitssuche ist harte Arbeit, mit dem Berater kann man das eigene Profil herausarbeiten", sagt Elke Schumacher, Karriereberaterin aus Gütersloh. "Bloß nicht wahllos Bewerbungen verschicken und sich wundern, wenn immer wieder Absagen kommen!" Die unweigerlichen Frustrationen demotivierten auf Dauer nur.

In den meisten Jobs käme es heute in erster Linie auf menschliche Stärken und Persönlichkeit an. "Auch ein Gabelstaplerfahrer wird nur dann eingestellt, wenn er ins Team passt", meint Schumacher. "Bei höher angesiedelten Jobs gilt erst recht: Je qualifizierter die Tätigkeit, desto stimmiger muss das Profil sein."

So sieht das auch die Münchner Personalberaterin Madeleine Leitner. "Viele Stellen werden gar nicht erst ausgeschrieben, weil die Unternehmen sonst von Bewerbungen überflutet würden. Wer da eine Chance haben will, für den kommt nur der versteckte Stellenmarkt in Betracht."

Statt sich in die Breite zu bewerben, sei es besser, sich eine interessante Firma herauszupicken und durch informelle Gespräche und "Spionage" die Position zu suchen, die man besetzen möchte. "Dann muss man sich als genau der Problemlöser verkaufen, den die Firma immer schon gesucht hat", sagt Leitner. "Auch wenn die Stelle, die man besetzen möchte, noch gar nicht existiert."

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