Standpunkt:"Ob wir da eine Urkunde bekommen, spielt für uns keine Rolle."

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(SZ vom 16.3.2002) Der Sportartikelhersteller VauDe hat an einem Beruf&Familie-Audit teilgenommen. Die SZ sprach mit Personalleiter Erwin Gutensohn.

SZ: Herr Gutensohn, warum will sich die Firma VauDe denn unbedingt mit einem Beruf&Familie-Zertifikat schmücken?

Gutensohn: Das Zertifikat hat uns anfangs gar nicht besonders interessiert. Als ich zum ersten Mal davon hörte, kannte ich es noch nicht einmal. Wir wollten einfach etwas dafür tun, dass vor allem weibliche Mitarbeiter ihre Arbeit und die Familie besser unter einen Hut bringen können. Als uns deshalb Unternehmensberater ein Beruf & Familie-Audit anboten, haben wir sie engagiert.

SZ: Warum diese Fürsorge für die Frauen in der Firma?

Gutensohn: Aus ganz praktischen Gründen. Wir sind ein junges und schnell wachsendes Unternehmen, und unser Frauenanteil liegt bei mehr als 70 Prozent. Durch familienbedingte Pausen hatten wir eine hohe Fluktuation und verloren ständig fähige Mitarbeiterinnen und ihr Know-how. Das wollten wir ändern.

SZ: Wie haben Sie das angefangen?

Gutensohn: Beim Audit wurden Arbeitsgruppen gebildet, die sich erst einmal mit der Frage befassten: Wie familiengerecht ist der Arbeitsalltag bei uns eigentlich? Dann arbeiteten sie gemeinsam mit den Beratern Vorschläge aus, was man in Zukunft besser machen könnte. Die geeignetsten davon haben wir als Ziele festgeschrieben.

SZ: Zum Beispiel?

Gutensohn: Wir haben aufgrund der Beschlüsse von damals ein Betriebs-Kinderhaus errichtet und neue Teilzeitmodelle entwickelt. Außerdem haben wir die Zahl der Überstunden rigoros begrenzt. Das hört sich natürlich alles leichter an als es ist. Gerade die Überstunden-Regelung zwang viele Abteilungen zu neuen, effizienteren Arbeitsabläufen.

SZ: Haben Sie alle Ziele erreicht?

Gutensohn: Nein, aber das ist auch gar nicht nötig. Beim Audit zählt in erster Linie, dass man konsequent auf seine Vorgaben hinarbeitet.

SZ: Ist das Zertifikat denn etwas wert, wenn es im allgemeinen eher billig zu haben ist?

Gutensohn: Das spielt für uns keine Rolle. Unsere Projekte haben uns auf jeden Fall in der Branche bekannt gemacht. In vielen Vorstellungsgesprächen werde ich darauf angesprochen, und das Echo in Presse und Öffentlichkeit ist sehr positiv. Das ist entscheidend - und nicht, ob wir am Ende eine Urkunde bekommen.

Interview: Manfred Braun

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