Selbstmarketing:Kauf mich!

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Werbung in eigener Sache ist entscheidend für den beruflichen Erfolg. Expertin Dagmar Säger erklärt, wie Mitarbeiter falsche Bescheidenheit überwinden und sich gut verkaufen.

Julia Bönisch

Die Menschen mit der größten Klappe kommen im Leben am weitesten. Das war schon in der Schule so - da gab es immer einen, der selbst nie Hausaufgaben machte, sich durchschnorrte und trotzdem die guten Noten kassierte.

Erfolg im Job: Sich gut zu verkaufen bringt die Karriere voran. (Foto: Foto: iStockphoto)

Genauso an der Uni: Der Schlauberger, der nie Notizen machte, sich fremde Skripte auslieh und sich bei Teamprojekten drückte, hinterließ mit zwei wohlüberlegten Bemerkungen tiefen Eindruck beim Prof und bekam von nun an eine Vorzugsbehandlung.

Im Job regt uns auch oft ein Kollege auf, der sich selbst gut verkauft und ohne große Mühe den Chef auf seine Seite zieht. Warum gelingt geschicktes Selbstmarketing immer nur den Anderen? Warum ist man selbst immer zu feige, sich mit zwei gezielten Sätzen ins rechte Licht zu rücken?

Die Stillen, Zurückhaltenden haben das Nachsehen

Viele Menschen besitzen Hemmungen, sich und ihre Erfolge gut zu präsentieren. Dabei ist diese Fähigkeit entscheidend dafür, erfolgreich im Beruf zu sein: Laut einer Studie des Computerkonzerns IBM haben die Stillen, Zurückhaltenden das Nachsehen, selbst wenn sie sehr gute oder sogar bessere Arbeit leisten - denn die Arbeitsleistung ist nur zu zehn Prozent für den beruflichen Erfolg verantwortlich.

Weitere 30 Prozent sind abhängig vom persönlichen Eindruck, den jemand hinterlässt. Entscheidend ist jedoch, wie gut man den Chef auf sich aufmerksam machen kann. 60 Prozent des Images eines Mitarbeiters - und damit seine Karriere - hängen davon ab.

"Wenn man sich angesichts solcher Zahlen weigert, Selbstmarketing zu betreiben, kann ich nur sagen: Pech gehabt", sagt Trainerin und Coach Dagmar Säger. Falsche Bescheidenheit führe nur dazu, dass man das im Job das Nachsehen habe und unzufrieden werde. Also lieber das Spielchen mitspielen, selbst wenn man sich innerlich dagegen sträubt.

Zum Verkäufer seiner selbst werde man in vier Schritten, erklärt Säger, die in Seminaren die Kunst des Selbstmarketings vermittelt. Dabei wendet man die Prinzipien des Marketing einfach auf die eigene Person an. "Man führt dabei zwar zusammen, was eigentlich nicht zusammenpasst, denn normalerweise verkauft man Dinge, nicht Personen. Aber es funktioniert."

1. Die SWOT-Analyse

SWOT ist die Abkürzung für Strengths (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Opportunities (Chancen) und Threats (Gefahren). Der Begriff stammt aus dem strategischen Marketing, lässt sich aber auch auf Menschen anwenden: "Um mich gut zu verkaufen, muss ich zunächst etwas über mich selber wissen", erklärt die Kommunikationstrainerin. "Also analysiere ich meine Eigenschaften, Fähigkeiten und mein Netzwerk."

Helfen können bei der Analyse gute Freunde, der Partner oder Kollegen, mit denen man eng zusammenarbeitet. Der Blick von außen hilft, das Selbstbild mit dem Fremdbild zu vergleichen. "Die Schwächen, die dabei zu Tage kommen, sollte man sich nicht zu sehr zu Herzen nehmen", so Säger. "Niemand kann die eierlegende Wollmilchsau sein und alles können." Gegebenenfalls müsse man eben seine Ziele revidieren und Erfolge anpeilen, die eher im Bereich des Möglichen liegen.

Auch in Bewerbungsgesprächen hilft eine gute Analyse - sowohl der eigenen Person als auch der Erwartungen des Personalers. "Man sollte gezielt Fragen nach der Stelle und den Aufgaben, die mit ihr verbunden sind, stellen. Erfährt man, dass ganz bestimmte Fähigkeiten verlangt werden, kann man sofort antworten: Das trifft sich gut, denn ich kann genau das."

2. Die Konkurrenz-Analyse: Wer sind die Mitbewerber?

Als nächstes müsse man sich fragen, mit wem man um Aufmerksamkeit konkurriere, erklärt Säger. Das können Kollegen sein, aber auch Externe, mit denen man um eine Stelle wetteifere. "Dabei ist es wichtig, sein Alleinstellungsmerkmal zu finden. Für eine Buchhalterin ist es selbstverständlich, dass sie gut mit Zahlen umgehen kann. Aber wenn sie sie dazu auch noch gut erklärt, ist das schon etwas Besonderes."

Definiert man die eigenen Kollegen als Mitbewerber, sei es jedoch wichtig, sich nie auf deren Kosten zu profilieren. "Deshalb finden viele Leute Selbstmarketing so schwierig. Aber dabei geht es nicht darum, Andere schlecht zu machen", sagt die Kommunikationstrainerin. "Wenn man etwa eine Beförderung anstrebt, sollte man bei den Kollegen immer mit offenen Karten spielen und weiter hilfsbereit und freundlich bleiben."

3. Die Zielgruppen-Analyse: Wen will ich erreichen?

Wer soll überhaupt davon erfahren, dass man besondere Fähigkeiten hat - der Chef oder der Personaler einer anderen Firma? Bei Selbständigen kann die Zielgruppe auch aus neuen Kunden bestehen. "Weiß man, wen man überhaupt erreichen will, kann man sein Alleinstellungsmerkmal genau auf diese Gruppe abstellen", so Säger. "Es nützt gar nichts, wenn ich etwas besonders gut kann, das aber gerade überhaupt niemanden interessiert."

4. Die Umsetzung: Tue Gutes und sprich darüber

"Zu guter Letzt müssen die entscheidenden Leute von den tollen Fähigkeiten erfahren", sagt Säger. Sie rät, jeden Abend eine Liste mit den Erfolgen des Tages zu führen: "Wenn man sich klar macht, was tagsüber gut gelaufen ist, nimmt man nicht nur den Frust mit nach Hause. Außerdem sieht man oft erst dann, was man wirklich erreicht hat."

Der nächste Schritt sei, auch die Anderen von den Erfolgen wissen zu lassen. Doch was ist mit denen, die sich nicht wohl fühlen beim Prahlen? "Wenn man solche Sätze mit 'Mensch, bin ich froh, dass das Projekt X so gut gelaufen ist' einleitet, kommt man sich gleich weniger blöd vor", so Säger. "Außerdem kann man das üben. Mit der Zeit hat man den Bogen raus."

Als Kontrollmechanismus könne der Widerstand der Kollegen dienen. "Wenn viele Leute mit Unwillen auf mich reagieren, ist das ein Zeichen dafür, dass ich übertrieben habe." Aber Neider gebe es immer und überall. "Wenn man ehrgeizig ist und etwas erreichen will, muss man lernen, damit umzugehen."

Doch wie funktioniert Selbstmarketing in Standardsituationen im ganz normalen Berufsalltag - etwa im morgendlichen Meeting? "Ein Meeting, in dem man nichts sagt - da braucht man gar nicht erst hinzugehen", sagt Säger. Sie rät, sich gut vorzubereiten, um eigene Ideen einbringen zu können. "Wenn einem nichts einfällt, hilft auch schon aktives Zuhören. Dann kann man ein, zwei schlaue Fragen stellen. Das funktioniert auch."

Außerdem zähle auch beim Menschen die Verpackung. "Produkte kauft man auch nur, wenn einem ihre Optik gefällt", erklärt Säger. "Die graue Maus wird es schwerer haben, aufzufallen. Ein rotes Hemd oder ein bunter Schal führt schon dazu, dass man ganz anders wahrgenommen wird."

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