Reaktionen auf OECD-Studie:Bulmahn: Der Nachholbedarf ist enorm

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Deutschland ist in der Bildung im internationalen Vergleich weiter zurückgefallen. Während Bundesbildungsministerin Bulmahn mehr Geld fordert, reagiert ihre CDU-Kollegin aus Baden-Württemberg mit einem Gegenangriff: Alles, was in Deutschland passiere, werde schlecht geredet.

Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) sprach bei der Vorstellung der OECD-Studie zur Bildung in Berlin von einem "enormen Nachholbedarf". Sie wies darauf hin, dass in anderen Nationen die Auswirkungen der Bildungsreformen erst nach zehn bis 15 Jahren spürbar gewesen seien.

"Die Versäumnisse sind nicht kurzfristig aufholbar": Edelgard Bulmahn (Foto: Foto: AP)

Bulmahn verwies auf die seit 1998 um 36 Prozent erhöhten Bundesausgaben für Bildung und Forschung. Auch Länder und Gemeinden müssten ihre Anstrengungen entsprechend erhöhen. Im RBB-Inforadio sagte die Bildungsministerin, in der Studie werde sehr deutlich, dass Deutschland noch immer unter den Versäumnissen der 80er und 90er Jahre leide. "Die sind auch nicht kurzfristig aufholbar, weil die Wirkungen der richtigen Weichenstellungen, der richtigen Initiativen, die gestartet wurden, eben nicht sofort spürbar sind."

Schavan: Bemühungen dürfen nicht ignoriert werden

Die Kultusminister der unionsgeführten Bundesländer haben dagegen mit scharfer Kritik auf die Folgerungen aus der OECD-Studie zur Bildungsqualität in Deutschland reagiert. OECD-Koordinator Andreas Schleicher ignoriere die grundlegendenden Verbesserungen im deutschen Schulwesen, sagte Baden-Württembergs Kultusministerin Annette Schavan (CDU) in Stuttgart.

"Das systematische Schlechtreden von Bildung in Deutschland diskreditiert die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer, die mit hoher Motivation Neuerungen umsetzen", betonte Schavan. Als Beispiele für Reformen nannte sie die in der Kultusministerkonferenz (KMK) vereinbarte Einführung von Bildungsstandards und die Herabsetzung des Einschulungsalters. Ignoriert werden dürften auch nicht Bemühungen um intensivere frühkindliche Bildung und um Stärkung der Sprachen und der Naturwissenschaften.

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) reagierte auf den Bericht: Es sei höchste Zeit, dem Pakt für Ausbildung einen Pakt für Bildung folgen zu lassen. Darin müssten sich Bund und Länder verbindlich verpflichten, mindestens so viel in Bildung und Jugend zu investieren, wie der Durchschnitt der anderen OECD-Länder. "Eigentlich müssten wir zu den Vorreitern in der OECD gehören", forderte BDI-Präsident Michael Rogowski.

Deutschland fällt trotz Reformen weiter zurück

Aus dem weltweiten Bildungsreport der OECD geht hervor, dass Deutschland trotz der an Schulen und Hochschulen eingeleiteten Reformen mit seinem Bildungssystem im internationalen Vergleich immer weiter zurückfällt. Bei den öffentlichen Ausgaben für die Bildung bildet Deutschland beinahe das Schlusslicht. Nur in der Slowakischen und in der Tschechischen Republik wird noch weniger in Bildung investiert als die für Deutschland errechneten 9,7 Prozent der öffentlichen Ausgaben.

Zudem sind in der Bundesrepublik die Schulklassen erheblich größer als in erfolgreichen Bildungsnationen. Auch haben die Schüler hier deutlich weniger Unterrichtsstunden als in vielen anderen Industriestaaten. Dafür sind die deutschen Lehrergehälter erheblich höher. Nach wie vor bildet das deutsche Bildungssystem zu wenig Abiturienten und Akademiker aus. Während im OECD-Schnitt heute 32 Prozent eines Altersjahranges einen Hochschulabschluss erzeilen, sind es in Deutschland nur 19 Prozent.

Der OECD-Bildungsexperte Andreas Schleicher machte dafür vor allem den "Stillstand" in der deutschen Bildungspolitik der 80er und 90er Jahre verantwortlich. Zwar sei jetzt eine Trendwende eingeleitet, doch andere Staaten marschierten noch schneller voran. Den vom Bund mit einem Vier-Milliarden-Euro-Programm geförderten Ausbau der Ganztagsschule bezeichnete Schleicher als "entscheidendste Reform".

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