Projekt Selbstständigkeit:Die Sprache der Gewinner

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Warum sich ein Diskjockey fürs Geschäft in den Zweireiher wirft.

Christine Demmer

Zehn Jahre lang lief Bozidar Miksa in Managertracht herum: grauer oder blauer Zweireiher, mal mit Weste, mal mit Fliege. Zehn Jahre lang sprach der Diplom-Kaufmann die typische Managersprache mit dem einstudierten Brustton der Überzeugung: mal knallharte Ansage, mal sanftes Motivationsgesäusel, stets angereichert mit dem aktuellen Repertoire klug klingender Wirtschaftsvokabeln. Zehn Jahre lang war er Key Account Manager in der Softwarebranche.

Bozidar Miksa hat aus seiner Leidenschaft einen Job gemacht. (Foto: Foto: privat)

Fast klingt es wie eine Entschuldigung, wenn der 36-Jährige sagt: "Um in diesen Kreisen akzeptiert zu werden und für eine ordentliche Einkaufsstimmung zu sorgen, musste ich so auftreten." Viel lieber allerdings trat er in Showgruppen auf und sorgte als Diskjockey für Stimmung. Tausende von Platten und CDs hat er im Fundus. Lounge Music, Funk & Soul, House, Salsa, Merengue - die Musik hatte ihn seit seiner Jugend fest im Griff. Doch dafür hatte er zehn Jahre lang nur samstags und sonntags ein Ohr.

Im Sommer 2003 stand ihm seine Großkundenbetreuer-Existenz nach einer erneuten Standortschließung bis obenhin. "Ich hatte die Nase voll", sagt Miksa. Nie mehr größenwahnsinnigen Jungunternehmern dienen, nie mehr deren Fehler ausbaden müssen. Miksa ließ das Arbeitslosengeld in Überbrückungsgeld umwandeln und wurde sein eigener Chef.

"Mit meiner Leidenschaft für Musik wollte ich mir eine neue Existenz aufbauen", sagt er. "Aber da war natürlich die Frage: Wie verdiene ich mein Geld? Wie schaffe ich es, als Newcomer mit einem DJ-Service in einem hart umkämpften Markt Fuß zu fassen und mich darin auch zu behaupten? Und vor allem: Wie hebe ich mich von der Masse ab?"

Der Kroate mit bayerischem Zungenschlag fing klein an. Er gründete eine Firma (www.dj4dance.de) und arbeitete zunächst von zu Hause aus, da gab es ein Telefon, da waren seine Platten. Endlich frei, fort mit dem Anzug, rein in die Jeans. Verkaufsfloskeln wie "erhebliche Effizienzsteigerungen" und "in Aussicht stehende Produktivitätsgewinne" mochte er weder hören noch jemals wieder aussprechen. Als professioneller DJ benutzte er eine lässige Sprache, um seine Auftraggeber zu erreichen. Nur kam er damit nicht auf den grünen Zweig. Er kam damit nicht an die Kunden, Unternehmen und private Festefeierer heran.

Aber Bozidar Miksa hatte nicht umsonst in Heidelberg und Gießen Betriebswirtschaftslehre studiert, eine Trainee-Ausbildung bei Siemens in Australien und Singapur absolviert und als Key Account Manager von der Pike auf gelernt, Kundenbedürfnisse zu erspüren und darauf einzugehen. Seine Zielklientel war nicht der Gastwirt, der seinen Gästen am Wochenende zum Tanz aufspielen lassen wollte. Miksa wollte ein gehobenes Publikum erreichen. Nach ein paar Wochen auftragslosen Herumhängens und Grübelns, warum er denn nicht an diese Kundschaft herankäme, probierte er es mit einem gezielten Rückfall in die Managerexistenz.

"Ich importierte die Instrumente der alten Welt in die neue Welt", sagt Miksa. Konkret bedeutet das: "Ich wendete sämtliche Marketing-, Vertriebs- und Service-Methoden, die ich früher als Key Account Manager und Kundenbetreuer internationaler und zum Teil sehr servicefokussierter Softwarefirmen kennen gelernt hatte, auf meine DJ-Firma an."

Wenn er zu Verkaufsgesprächen ging, trug er auf einmal wieder Anzug. Er warf die jugendliche Lässigkeit des Existenzgründers über Bord und bot den Kunden jenes Bild ausgesuchter Professionalität und Höflichkeit, die sie von ihren Rechtsbeiständen und Wirtschaftsprüfern gewohnt waren. Selbst die Fliege fand, wenn es ihm angeraten schien, zum Hemdkragen zurück und der DJ verbalisierte sein Leistungsspektrum wieder wie früher. "Professionelles Account-Management konsequent auf den neuen Tätigkeitsbereich wie Musik, Events, Hochzeiten etcetera anwenden", nennt er das. Oder: "Auf umfassende Kundenzufriedenheit zielen, von der Kundenansprache bis zur After-Sales-Betreuung, beraten, nicht nur verkaufen wollen."

Dieser Schachzug, der aus dem modernen Account Management stammt, hat Bozidar Miksa eine lukrative Klientel erschlossen: Akademiker, Anwälte, Ärzte, Geschäftsführer und Firmen. Er spricht ihre Sprache, kennt ihre Themen und weiß, was seine Kunden von ihm wollen: eine Potenzialanalyse ihrer Business- und Privatparties, erhebliche Effizienzsteigerungen und in Aussicht stehende Spaß- und Produktivitätsgewinne.

© SZ vom 8.10.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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