Privates im Job:Teurer Spaß auf Firmenkosten

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Wer am Arbeitsplatz oder mit dem Diensthandy heimlich telefoniert, riskiert die Kündigung. Und das zu Recht: Manche Beschäftigte sind so unverschämt, dass sogar den Richtern der Kragen platzt.

Wolfgang Büser

Ob ein Telefonat mit der besten Freundin geführt oder eine Konzertkarte für das Wochenende im Internet bestellt wird: Kleine private Angelegenheiten werden von Arbeitnehmern immer wieder am Arbeitsplatz erledigt. Manchmal mit der Zustimmung des Arbeitgebers - meist aber wohl ohne.

Nicht immer verboten: private Gespräche am Arbeitsplatz. Ist die Nutzung nicht geregelt, kommt es häufig zu Streitigkeiten zwischen ertappten Mitarbeitern und Arbeitgebern. (Foto: Foto: AP)

Welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen daraus zu ziehen sind, wurde schon oft von Richtern entschieden. So hatte das Bundesarbeitsgericht über einen Fall zu befinden, in dem ein Arbeitgeber es seiner Belegschaft "grundsätzlich nicht" gestattet hat, privat zu telefonieren oder im Internet zu surfen.

Einer seiner Mitarbeiter wurde verdächtigt, den Firmenrechner zum privaten Surfen genutzt zu haben. Der Verdacht stützte sich darauf, dass der Mann eine "Anonymisierungssoftware" auf seinem Gerät installiert hatte. Dies lasse "die Vermutung der privaten Nutzung zu". Das Bundesarbeitsgericht bestätigte dies und damit auch die fristlose Kündigung des Mitarbeiters - obwohl sein Arbeitgeber den genauen Zeitrahmen der privaten Nutzung nicht feststellen konnte. Da aber durch die Installation des "Verschlüsselungsprogramms" gerade diese Information unterbunden werden sollte, könne dies nicht zu Gunsten des Arbeitnehmers ausgelegt werden. (AZ: 2 AZR 179/05)

E-Mails an die Tochter

Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz hielt dagegen die fristlose Kündigung einer Arbeitnehmerin für übertrieben. Ihr Arbeitgeber hatte sich zu dieser Maßnahme entschieden, nachdem er sie zunächst abgemahnt und dann fristgerecht gekündigt - anschließend aber festgestellt hatte, dass sie trotzdem während ihrer Arbeitszeit privat im Internet gesurft hatte.

Die Pfälzer Richter sahen den Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten jedoch nicht als so gewichtig an, dass eine Zusammenarbeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr möglich gewesen wäre. Zudem habe die Mitarbeiterin das Internet lediglich für den E-Mail-Verkehr mit ihrer Tochter genutzt und beispielsweise nicht für den Besuch von Internetseiten mit pornographischen oder verbotenen Inhalten. (AZ: 4 Sa 958/05)

Eine Frage der Besuchsdauer

Apropos Pornographie. Ist einem Arbeitnehmer nachgewiesen worden, dass er während der Arbeitszeit auf pornographische Seiten im Internet zugegriffen hat, so kann er zwar grundsätzlich entlassen werden - nicht jedoch, wenn nicht geprüft wurde, wie viel Zeit der Mitarbeiter privat im Internet verbracht und welche Folgen sein Tun für den Arbeitgeber hat.

"Möglicherweise ist lediglich eine Abmahnung angemessen", so das Bundesarbeitsgericht. (AZ: 2 AZR 581/04)

Keiner Abmahnung bedarf es laut Landesarbeitsgericht München, wenn einem Arbeitnehmer der Internetzugang entzogen worden war, er es aber trotzdem geschafft hat, mit Hilfe von (getäuschten) Kollegen die Sperre zu überwinden und pornographische Dateien auf seinen Rechner zu laden, mit denen er sich pro Tag bis zu sechs Stunden "beschäftigte". Ihm durfte auch nach 27-jähriger Betriebszugehörigkeit fristlos gekündigt werden. Dass er sich selbst als "krank" bezeichnete, half ihm nicht. (AZ: 4 Sa 1203/04)

380 Euro sind zu viel

In einem anderen Fall hielt das Hessische Landesarbeitsgericht eine Abmahnung für überflüssig. Ein als Anlageberater beschäftigter Arbeitnehmer war mit Blick auf eine beabsichtigte Auflösung des Arbeitsverhältnisses freigestellt worden. Sein Diensthandy durfte er in dieser Zeit "für gelegentliche kurze Privattelefonate" behalten.

Allerdings kamen durchschnittlich 380 Euro pro Monat für Privatgespräche zusammen; während seiner Tätigkeit hatte er monatlich 145 Euro Gesamtkosten verursacht. Dem Mann durfte "abmahnfrei" der Stuhl endgültig vor die Tür gesetzt werden. (AZ: 5 Sa 1299/04)

Ungeklärte Schuldfrage

Nutzen mehrere Mitarbeiter denselben Telefonanschluss, kann es dem Arbeitgeber auch schwerfallen, herauszufinden, wer häufig privat telefoniert. Schweigen die Kollegen, dann ist es fast unmöglich, einem die Schuld am hohen Privataufkommen zuzuweisen. Der Arbeitgeber darf die Privattelefonate jedenfalls nicht auf mehrere Kollegen verteilen.

So musste ein Unternehmer hinnehmen, dass er fast 2500 Privattelefonate nicht ahnden konnte, weil sich die beiden Mitarbeiterinnen gegenseitig beschuldigten, allein dafür verantwortlich gewesen zu sein. Dabei war für ein Gewinnspiel immer wieder die Wiederholungstaste gedrückt worden. Einer der beiden konnte schließlich ein einziges Telefonat zweifelsfrei zugeordnet werden. Die 45-jährige Mutter eines Kindes, die bereits elf Jahre im Betrieb war, konnte mit Hilfe des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz eine Kündigung verhindern, weil sie nicht vorher abgemahnt worden war. (AZ: 8 Sa 710/05)

96-Stunden-Geplauder

Um erlaubte Privattelefonate während der Arbeitszeit ging es vor dem Landesarbeitsgericht Hamm. Eine technische Angestellte (Bruttogehalt: 3700 Euro) hatte die Großzügigkeit ihres Chefs "extrem" ausgenutzt, was ihr die Kündigung einbrachte.

Die Frau hatte innerhalb von eineinhalb Jahren 96 Stunden mit Privatgesprächen verbracht. Die Hammer Richter aber vermissten die auch in solchen Fällen beinahe zwingend notwendige vorherige Abmahnung. Ohne einen solchen Schuss vor den Bug habe die Arbeitnehmerin keine Chance gehabt, ihr Verhalten zu überdenken - und sich zu "bessern".

In der Urteilsbegründung ist aber zugleich angemerkt, dass die Entscheidung anders hätte ausfallen können, wenn "kostenintensive Auslandsgespräche" geführt oder teure 0900-Nummern gewählt worden wären. (AZ: 8 \ Sa 1773/04)

Zehn Minuten täglich gestattet

Das Landesarbeitsgericht Köln war gefragt, wie verfahren werden könne, wenn es in einem Unternehmen keine Vereinbarungen oder Vorschriften zu privaten Telefonaten gibt. Die Richter gingen davon aus, dass die Belegschaft dann zumindest von einer Duldung durch den Arbeitgeber ausgehen könnte, "die betrieblichen Kommunikationseinrichtungen privat nutzen zu können" - allerdings "in angemessenem Umfang".

Mit dieser Begründung wurde einer Rechtsanwaltsgehilfin erlassen, ihrem Chef für - in 18 Monaten insgesamt 55 Stunden lang geführte - Privatgespräche Schadensersatz für Telefonkosten und Arbeitsausfall zu leisten. Die "umgerechnet zehn Minuten am Tag" fielen nicht so stark ins Gewicht. (AZ: 4 Sa 1018/04)

© SZ vom 7.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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