Private Fusionen:Erotik der Macht

Lesezeit: 2 min

René Obermann und Maybrit Illner sind nur ein Beispiel für eine Fusion von Management und Medien. Warum es immer wieder zu solch innigen Verbindungen kommt.

Dagmar Deckstein

Man konnte sozusagen die Uhr danach stellen: Kaum hatten der smarte Jungmanager René Obermann von der Deutschen Telekom und die TV-Talkmasterin Maybrit Illner ihr Techtelmechtel via Bild geoutet, da hob ein gewaltiges Rauschen im Blätterwald an. "Die Nachricht schlug gestern ein wie ein Telekom-Techniker in den Schaltkasten", befand sogar die Tageszeitung. Selbst bis in die fest in Swisscom-Händen befindliche Schweiz rauschte es vernehmlich. "Wie angelt frau sich einen Topshot aus der Wirtschaftsszene?", fragte der Zürcher Tages-Anzeiger. Dazu bedürfe es langwieriger Vorbereitungen, die darin gipfeln, eine eigene Talkshow im Fernsehen zu installieren: "Wer auf diese Weise die Gästeliste selbst bestimmen kann, kann sich die interessantesten Männer sozusagen zur Ansicht bestellen."

Maybrit Illner und René Obermann: Macht und Macht gesellt sich gern. (Foto: Foto: ddp)

Selbstverständlich bot der freimütig verkündete Illner-Obermann-Merger willkommenen Anlass, die einschlägigen privaten Fusionen der letzten Jahre wiederum zu würdigen: Linde-Chef Wolfgang Reitzle und die damalige Nachrichtensprecherin Nina Ruge, Sabine Christiansen und der französische Textilunternehmer Norbert Medus, CDU-Politiker Michel Friedman und RTL-Talkerin Bärbel Schäfer. Aber es bedarf zum Näherkommen nicht unbedingt einer Fernsehkamera, Schreibblock und Stift reichen auch, um den Mächtigen in Politik und Wirtschaft zu Leibe zu rücken - wie an der damaligen Focus-Journalistin Doris Köpf und dem späteren Bundeskanzler Gerhard Schröder zu besichtigen. Den Dreh mit einer Geschichte "ganz nah am Menschen" hinter dem Politiker wahlweise Manager hatte schon die Kollegin Karin von der Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen in den frühen Achtzigern heraus, als sie sich den ewigen Junggesellen und Kasseler Oberbürgermeister Hans Eichel an Land zog.

Macht und Macht gesellt sich gern

Die innige Verbindung zwischen den Medien und den Mächtigen ist eine quasi naturwüchsige. Beide brauchen sich gegenseitig. Das Publikum will Gesichter sehen, die Personen, die hinter jenem juristischen Konstrukt mit einem bestimmten Firmennamen stehen. Immerhin wird das Bild eines Unternehmens Studien zufolge zu mehr als 50 Prozent von seinem Vorstandsvorsitzenden bestimmt. Und die Medien kommen diesem Bedürfnis gerne nach und können gar nicht genug Ober-, Acker- und Diekmänner ins Licht der Öffentlichkeit rücken. Da dem FAZ-Feuilletonchef Frank Schirrmacher zufolge mittlerweile die Frauen die Macht in den Medien übernommen hätten - von Sandra Maischberger, Maybrit Illner über Anne Will und Marietta Slomka bis zu Liz Mohn und Friede Springer -, ist ihnen auch die Männerwelt der CEOs als Studiogäste ausgeliefert.

Macht und Macht gesellt sich gern. Erstens. Zweitens haben wir uns in Coachkreisen umgehört und sind einem Phänomen auf die Spur gekommen, das bei diesen Sparringspartnern des Topmanagements als "Biederkeitssyndrom" weiter verbreitet zu sein scheint als angenommen. Topmanager, besonders solche, die eine Blitzkarriere hingelegt haben, litten oft unter einem Rollenkonflikt: hier die große Welt des glamourösen Business, dort die klein gebliebene biedermeierliche Häuslichkeit mit den Höhepunkten Elternsprechtag und Wohltätigkeitsfest. Keine Frage, dass das einen idealen Nährboden zur privaten Portfolioumschichtung ergibt.

© SZ vom 12.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: