Polizist im Nebenjob:Die Leiden der bayerischen Beamten

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Niedrige Gehälter, fehlende Stellen, keine Beförderungen, Zwangsversetzungen: Vor allem Berufseinsteiger haben es schwer.

Anne Röpke

Niedrige Einstiegsgehälter, Zwangsversetzungen und viel Arbeit - leicht haben es Bayerns junge Beamte nicht. Während bei angehenden Lehrern Zwangsversetzungen und fehlende Stellen für Ärger sorgen, bekommen junge Polizisten sehr wenig Geld. Teilweise brauchen sie sogar einen Nebenjob, um sich über Wasser zu halten. Ein 21-jähriger Polizeimeister nach der Ausbildung bekommt etwa 1300 Euro netto, davon gehen bis zu 200 Euro für die Krankenkasse ab. Selbst mit Zulagen aus Schicht- und Nachtdienst, hat er insgesamt nicht mehr als 1350 Euro auf der Hand.

Harter Job für wenig Geld: Viele Polizisten arbeiten nebenher als Tankstellenwärter, LWK-Fahrer oder auch Fitnesstrainer um über die Runden zu kommen. (Foto: Foto: sueddeutsche.de)

Deshalb fordert der Bayerische Beamtenbund höhere Gehälter für Berufseinsteiger. Finanzminister Kurt Faltlhauser hält das Ganze aber für "eine künstliche Aufregung". Schließlich hätte die Staatsregierung bereits zugesagt, dass ab 2008 über eine Lohnerhöhung entschieden werden solle.

Wie knapp das Geld ist, erlebt Alex Kern (Namen aller Betroffenen geändert), der 25-jährige Polizeimeister aus Augsburg, am eigenen Leib und das, obwohl er durch sein Alter bereits 200 Euro mehr verdient als ein 21-jähriger Berufseinsteiger. Nach seiner Ausbildung wurde Kern ins 100 Kilometer entfernte Kempten versetzt. Seine Wohnung zu Hause wollte er nicht aufgeben, jeden Tag pendeln geht bei Schichtdienst nicht. Also nimmt er zusätzlich in Kempten ein Zimmer. Dort wohnt er mit vier Kollegen in einer Wohngemeinschaft, teilt sich sogar mit einem das Zimmer. Insgesamt kommt er auf eine monatliche Gesamtmiete von rund 650 Euro. Das Pendeln kostet den 25-Jährigen gut 100 Euro Benzingeld.

Höchstens 600 Euro bleiben dem Polizeimeister noch für Lebensmittel, Kleidung, Telefon, Versicherung, Rentenvorsorge und mal ein Bier in einer Kneipe. Nicht viel, bedenkt man, dass er 42 Stunden und mehr pro Woche arbeitet.

Noch schwieriger ist die Situation für junge Polizisten, die in Städten wie Freising, Nürnberg oder München leben, in denen die Lebenshaltungskosten deutlich höher sind. So hoch, dass manchen ihr Geld zum Leben nicht reicht. "Ich kenn einige, die sogar Wohngeld beantragen müssen", erzählt der 25-Jährige Augsburger.

Andere Polizeibeamte lösen ihre finanzielle Knappheit indem sie sich einen Nebenjob suchen. Die Palette an Jobs ist groß, erzählt der 30-jährige Polizeiobermeister, Wolfgang Schmidt, aus Nürnberg: "Tankstellenwärter, LWK-Fahrer, Sicherheitsdienst, Fitnesstrainer - allerdings redet keiner gerne drüber."

Das liegt daran, dass Nebentätigkeiten angemeldet und genehmigt werden müssen. Viele Jobs dürfen Polizisten aber nicht machen und so arbeiten einige ohne das Wissen ihrer Vorgesetzten. "Polizisten dürfen keine Tätigkeit annehmen, die dem Ansehen der Polizei schadet oder zu einem Interessenskonflikt führt", erklärt Kriminalhauptkommissar Rudolf Steinhögel aus Mittelfranken. Ein Augsburger Polizist dürfe beispielsweise nicht in einer Augsburger Diskothek als Kellner arbeiten, da er vielleicht genau dort eine Drogenkontrolle vornehmen müsse. Deshalb hat Wolfgang Schmidt auch nie angegeben, dass er fünf Jahre nebenbei in einer Kneipe gearbeitet hat. "Ich hab Platten aufgelegt und als Rausschmeißer gearbeitet - nur so bin ich über die Runden gekommen."

Note 1,9: zu schlecht

Gut 30.000 Polizisten gibt es in Bayern. Von 200.000 Beamten, die zweitgrößte Gruppe. Die größte Gruppe bilden die über 100 000 Lehrer. Und auch da gibt es Schwierigkeiten beim Einstieg in den Beruf. Allerdings ist hier weniger das Geld ein Problem, sondern der Stellenmangel: Nur Leute, die ihr Referendariat mit sehr gutem Schnitt abschließen, haben die Chance auf eine Beamtenstelle auf Probe. Alle anderen hoffen, Angestellten-Verträge zu bekommen.

Einer von ihnen ist der 27-jährige Sonderpädagoge Robert Luft aus Nürnberg. Er ist dem Staat mit einem Schnitt von 1,91 zu schlecht. Jetzt hat er einen auf ein Jahr befristeten Vertrag, in dem er nur 20 Stunden pro Woche arbeiten darf und schlechter bezahlt wird als seine Kollegen. "Letzte Woche ist mir der Kragen geplatzt, als ich eines morgens mit der Radiomeldung geweckt wurde, in Deutschland gäbe es einen Lehrermangel und es müssten schon Eltern unterrichten."

Jetzt hat er einen Brief Kultusminister Siegfried Schneider geschrieben. "Ich weiß nicht ob ich schreien oder heulen soll", heißt es darin. Rolf Habermann, Vorsitzender des Bayerischen Beamtenbundes, beruhigt: "Wir brauchen Lehrer, also werden auf kurz oder lang fast alle verbeamtet." Der junge Pädagoge hofft, dass es nicht allzu lange dauert. "Du brauchst ja keine Familie gründen, so lange du nicht weißt, wie und wo es nächstes Jahr weiter geht." Außerdem bleiben junge Lehrer nur fünf Jahre auf den Wartelisten des Ministeriums. Dauert die Zeit als Angestellter länger, wird es noch schwieriger eine Beamtenstelle zu bekommen.

Die willkürliche Versetzung ist ein Problem, das Lehrer und Polizisten gemeinsam haben. Die 26-jährige Grundschullehrerin Martina Reich hat Konsequenzen gezogen: Trotz sehr gutem Notenschnitt und Anspruch auf eine Beamtenstelle auf Probe hat sie sich an einer Privatschule beworben und ist genommen worden. Damit hat sie die Chance verspielt, jemals Beamtin zu werden müssen. "Das habe ich in Kauf genommen, auch wenn ich weniger verdiene, kann ich mir so aussuchen, wo ich arbeiten möchte."

Nicht gerade attraktive Aussichten für junge Menschen, die sich für einen Beruf entscheiden sollen, findet Habermann. Er fordert, die Einstiegsgehälter für Beamten anzuheben. "Sonst läuft uns der Nachwuchs weg."

© SZ vom 13.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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