Pisa-Schulstudie:Aufgerückt ins Mittelmaß

Lesezeit: 2 min

Die Leistungen deutscher Schüler liegen jetzt im OECD-Durchschnitt.

Von Jeanne Rubner

Deutschlands 15-jährige Schüler haben bei der internationalen Schulstudie "Pisa 2003" etwas besser abgeschnitten als vor drei Jahren. In drei von vier getesteten Disziplinen liegen sie im internationalen Durchschnitt, beim Problemlösen darüber. Nach wie vor hängen die Leistungen stärker als in anderen Ländern von der sozialen Herkunft ab.

(Foto: N/A)

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft kritisierte das mittelmäßige Abschneiden Deutschlands als "Quittung für eine Politik der Hektik und richtungsloser Werkelei". Der Bundeselternrat nannte die unzureichende Förderung von Kindern aus einkommensschwachen Familien einen "sozialpolitischen Skandal". Die Pisa-Ergebnisse werden am Montagabend in Berlin vorgestellt.

Mit Pisa (Programme for International Student Assessment) testet die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) die Bildungssysteme weltweit. Die im Dezember 2001 veröffentlichten Ergebnisse der ersten Runde (Pisa 2000) hatten in Deutschland für Aufregung gesorgt, weil Schüler im Lesen, in Mathematik und Naturwissenschaften unter dem OECD-Durchschnitt lagen. An der zweiten Runde Pisa 2003 beteiligten sich 41 Länder, davon 30 OECD-Staaten. In Deutschland mussten im Mai 2003 knapp 49.000 15-Jährige an 1492 Schulen Aufgaben lösen. Ihre Ergebnisse werden auch in den Bundesländervergleich einfließen, der im September 2005 veröffentlicht werden soll.

In Mathematik erreichen die Schüler 503 Punkte - entsprechend Platz 16 - auf der Skala der 30 OECD-Staaten. Finnland führt mit 544 Punkten die Rangliste an. Damit sind die finnischen Schüler den deutschen ein ganzes Schuljahr voraus, schreiben die Pisa-Forscher in ihrer Zusammenfassung, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Verglichen mit Pisa 2000 steigerten sich die 15-Jährigen hierzulande in einigen Teilbereichen um 22 Punkte. Gerade an den Gymnasien, so heißt es im Bericht, haben die schwächeren Schüler zugelegt.

Hauptschüler dagegen haben sich nicht verbessert. Vor allem sie bilden die Gruppe jener "Risiko-Schüler", die bei den Pisa-Tests höchstens die erste Kompetenzstufe von insgesamt fünf erreichen. Mit knapp 22 Prozent der Schüler ist diese Risikogruppe in Deutschland größer als im OECD-Durchschnitt. Finnland oder die Niederlande haben nur halb so viele schlechte Rechner.

Beim Lesen erreicht Deutschland mit 491 Punkten Platz 19. Verglichen mit Pisa 2000 haben die Deutschen sich um sieben Punkte gesteigert. Diese Verbesserung sei aber nicht statistisch signifikant, heißt es im Bericht. Allerdings werten die Experten das Ergebnis als eine "Stabilisierung" der Lesekompetenz. Nach wie vor aber ist die Risikogruppe sehr hoch - fast jeder vierte Schüler kann nicht ausreichend lesen. Verbessert hat Deutschland sich auch in den Naturwissenschaften. Mit 502 Punkten erreicht die Bundesrepublik Platz 15 und liegt im OECD-Durchschnitt. Weiterhin ist aber die Differenz zwischen den besten und den schlechtesten Schülern sehr groß.

Überraschend für die Pisa-Forscher ist das mit Platz 13 oder 513 Punkten relativ gute Abschneiden Deutschlands beim Problemlösen, das erstmals getestet wurde. Offensichtlich bleiben deutsche Schüler im Mathematik-Unterricht hinter ihren kognitiven Fähigkeiten zurück, schreiben die Pisa-Forscher. Untersucht wurde auch die Computernutzung. Im internationalen Vergleich werden Kenntnisse in der Schule kaum vermittelt und auch PCs selten genutzt. Deshalb könnten jene Schüler den Anschluss verlieren, die zu Hause keinen Computer haben, warnen die Pisa-Forscher.

Nur in Ungarn, Belgien sowie der slowakischen und der tschechischen Republik beeinflusst das familiäre Umfeld die Leistungen stärker als in Deutschland. Jugendliche aus Einwanderfamilien erreichen ein niedriges Kompetenzniveau in Mathematik. Auch weil die leichte Verbesserung Deutschlands nur an den Gymnasien stattgefunden hat, müssten vor allem die schwachen Schüler und jene, deren Eltern nicht in Deutschland geboren sind, besser gefördert werden, heißt es im Bericht.

© SZ vom 6.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: