Personalgespräche:"Der Kollege war's"

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In Jobinterviews müssen sich Bewerber für ihre Schwächen rechtfertigen. Auch Chefs wollen oft genug wissen, wie Fehler passieren konnten. Wie reagiert man am besten auf Anschuldigungen?

Julia Bönisch

Der Bewerber sitzt im Büro seines zukünftigen Chefs, bisher läuft das Einstellungsgespräch ganz gut. Doch dann schlägt der Personaler zu. "Ich sehe, dass Sie Ihre vorletzte Stelle noch in der Probezeit verlassen haben. Was hat denn dazu geführt, dass Sie dort versagt haben?"

"Ich war's nicht - er war's!" (Foto: Foto: ap)

Solche Fragen sind wie ein Schlag in die Magengrube. Der Kandidat ist verunsichert, fängt an zu stottern und verteidigt sich in wirren Sätzen selbst. "Das ist heute doch gar nicht mehr wichtig", und: "Ein Kollege hat's verbockt", heißt es dann.

Oder der Chef stürmt morgens ins Büro, knallt einen Stapel Papiere auf den Tisch und brüllt: "Ich will sofort wissen, wer dafür verantwortlich ist!" Wegducken und unsichtbar machen ist die erste Reaktion. "Gestern war ich krank, das waren die anderen", lautet die Standardausrede.

Schuld sind immer die anderen

Solche rechtfertigenden Reaktionen sind vollkommen falsch - das legen zumindest Ergebnisse von Psychologen nahe. Rechenschaftskommunikation nennen sie solche Gespräche, in denen Menschen über ihre Misserfolge und Fehler sprechen müssen.

"Wir alle fühlen uns permanent beobachtet und beurteilt", erklärt der Psychologe Marc Solga, der an der Universität Bonn lehrt. "Immer wenn wir das Gefühl haben, gegen Normen verstoßen oder Fehler begangen zu haben, bedienen wir uns der Rechenschaftskommunikation. Sie soll dazu führen, dass andere uns nicht negativ beurteilen."

Grundsätzlich kann man sich dabei verschiedener Taktiken und Argumentationen bedienen. "Als das passierte, war ich gar nicht da", oder "Ich habe die schlechte Note auf meinem Zeugnis nur, weil der Prüfer so unfair war", sind Ausreden, die die Verantwortung abschieben - schuld sind immer die anderen.

Die zweite Strategie zielt darauf ab, das schlechte Ereignis oder Ergebnis herunterzuspielen: "Ich wollte doch nur Gutes", oder "Es ist doch gar nichts passiert" lauten Beispiele dafür.

An sich sind diese Sätze eine ganz normale Reaktion auf eine unangenehme Frage. Wer redet schon gern über seine Schwächen und Fehler? Doch bei Personalern kommt dieses Verhalten gar nicht gut an. "Für die Beurteilung des Bewerbers sind solche Antworten kontraproduktiv", so Solga. "Personaler betrachten nämlich nicht nur das schlechte Ereignis, sondern auch, wie ein Kandidat über Misserfolge spricht."

Gleiches gilt für Chefs, die das Verhalten im Berufsleben beobachten und beurteilen. Dem Kollegen die Schuld in die Schuhe zu schieben, wird nicht besonders geschätzt. Den Satz "Der Kollege war's" sollte man sich lieber sparen.

Standardantwort, mit der man immer Pluspunkte sammelt

Denn mit Argumenten, die die Schuld auf andere abwälzen, erreicht man zwar, dass man selbst weniger Verantwortung trägt. Gleichzeit führt solches Verhalten aber dazu, dass der eigene Charakter negativ beurteilt wird. "Gibt man dagegen Schwächen zu, signalisiert man, dass man selbstkritisch und zuverlässig ist und sich selbst in die Pflicht nimmt. Das erzeugt ein positives Persönlichkeitsbild", erklärt der Psychologe.

In seinen Untersuchungen fand Solga zudem heraus, dass das Bild umso positiver wird, je mehr Entschuldigungsfloskeln man benutzt. Man sollte also ganz bewusst Sätze wie "Ich entschuldige mich dafür" oder "Ich weiß, es war ein Fehler, und in Zukunft wird so etwas nicht wieder vorkommen" sagen - selbst, wenn sie einem nur schwer über die Lippen kommen.

Um nicht als kompletter Idiot dazustehen, kann man darunter ruhig ein paar Ausreden mischen, die die eigene Verantwortung reduzieren. Eine solche Strategie, das legen die psychologischen Studien nahe, werde von Personalern und Chefs auch gut aufgenommen.

"Ich gebe zu, ich hätte mich mehr ins Zeug legen müssen. Doch ich muss auch sagen, dass ich sehr ungerecht behandelt worden bin", wäre etwa eine Standardantwort, mit der man in jeder unangenehmen Situation Pluspunkte sammeln kann.

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