Party statt Besinnlichkeit:"Die Euros sitzen extrem locker"

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Bobbahn, Schnitzeljagd und Axel Milberg: Wie Münchner Firmen mit ihren Mitarbeitern Weihnachten feiern.

Martin Hammer

Die Geheimniskrämerei hat bei der Werbeagentur Serviceplan schon Tradition. "Es gibt zwar Gerüchte, die seit Tagen durchs Haus laufen", sagt Sprecherin Katrin Kühl, doch wo die heutige Weihnachtsfeier konkret stattfinden wird, könne sie leider nicht sagen. Das wisse niemand bis auf das Organisationsteam, zu dem Mitarbeiter der firmeneigenen Eventagentur und Teile der Geschäftsführung gehören. Vor der Feier gebe es lediglich Hinweise, ob man beispielsweise warme Kleidung brauche. Fest steht nur: Heute Nachmittag soll es losgehen, gefeiert wird irgendwo außerhalb Münchens "im eher ländlichen Raum", sagt Serviceplan-Geschäftsführer Florian von Hornstein.

Prickelnde Überraschung: Ally McBeal auf der Firmen-Weihnachtsfeier. (Foto: Foto: Vox)

Nicht nur geheimnisvoll, sondern auch gruselig geht es bei NBC Universal zu. "Wir stecken viel Herzblut in unsere Weihnachtsfeiern", sagt Marketing-Chefin Esther Henze. Dieses Jahr stehe im Zeichen der Reihe "Böse Nachtgeschichten", die auf dem Sender "13th Street" laufen. Am Firmensitz in Schwabing brechen die Mitarbeiter zu einer Schnitzeljagd auf, an deren Ende der Schauspieler Axel Milberg in der Kneipe Masters Home eine böse Nachtgeschichte vorliest, deren Protagonisten den Zuhörern bekannt vorkommen dürften. Denn in der Grusel-Story, die Henze gemeinsam mit einer Kollegin extra für die Feier geschrieben hat, spielen die Mitarbeiter selbst die Hauptrollen. Nicht ganz so persönlich, aber dafür eine Nummer größer geht es bei Pro Sieben Sat.1 zu: Die Senderfamilie hat für die Münchner Beschäftigten das Café Reitschule gemietet. Um die knapp 2000 Leute unterzubringen, wird sogar die Terrasse überdacht.

400 Euro pro Mitarbeiter

Doch nicht nur die Medien- und Werbeunternehmen, die traditionell einen größeren Aufwand treiben, legen sich dieses Jahr ins Zeug. Mit ein paar Kerzen, Punsch und Plätzchen wollen sich offenbar auch andere Münchner Firmen nicht zufrieden geben. "Der Aufschwung zeigt sich ganz deutlich", sagt Dirk Daniels von der Eventagentur Zeremonienmeister. Die Bereitschaft, mehr Geld in eine besondere Weihnachtsfeier zu investieren, sei in diesem Jahr deutlich gestiegen. Zwischen 120 und 400 Euro pro Mitarbeiter liege das Budget bei den Weihnachtsevents. "Die Euros sitzen extrem locker", bestätigt Fritz Schladitz vom Erlebnisportal Jochen Schweizer. 200 Firmen-Weihnachtsfeiern - von Abteilungen der Dax-Konzerne bis zu kleinen Handwerksbetrieben - werde man heuer veranstalten, dabei gingen Millionen über den Tisch.

Der Autokonzern BMW etwa lasse für Mitarbeiter seiner Finance-Abteilung einen lebensgroßen Human-Kicker im Hofbräukeller aufbauen, einige Siemensianer fahren laut Schladitz mit dem Hundeschlitten oder klettern durch den Hochseilgarten und die Wirtschaftsprüfer von KPMG stürzen sich die Bobbahn hinunter. "Das Motto lautet: höher, schneller, weiter", so Schladitz. Die Firmen wollten sich durch ausgefallene Feiern profilieren und unterscheidbar machen. Einzelne Events wie Hubschrauberfliegen oder Bobfahren reichten da vielen gar nicht mehr aus, "die lassen hinterher noch Cocktailmixer einfliegen und fahren dann mit historischen Bussen nach Hause". Je höher die Ebene in der Firma, desto mehr darf es kosten.

Den Aperitif muss der Mitarbeiter zahlen

Wesentlich nüchterner sieht man die Feierlaune der Unternehmen dagegen in der Münchner Gastronomie. Die Geschäfte liefen zwar gut, "doch so üppig wie früher zu Zeiten des Neuen Marktes wird nicht gefeiert", sagt Roland Kuffler, Geschäftsführer der gleichnamigen Gastro-Gruppe, zu der etwa Spatenhaus, Seehaus oder Mangostin gehören.

Champagner und Hummer kämen heute nicht mehr auf den Tisch, doch nach der Flaute der vergangenen Jahre habe sich die Lage stabilisiert. "Wir sind zwar schon bis Weihnachten ausgebucht", sagt Asam-Schlössl-Wirtin Birgit Netzle-Piechotka, doch erstens sei die Adventszeit heuer sehr kurz, und zweitens werde bei den Feiern gespart. "Aperitif, Dekoration oder gute Weine fallen dem Rotstift zum Opfer", oft müssten die Mitarbeiter die Getränke selbst zahlen.

"Vom Aufschwung ist nichts spürbar", sagt auch Conrad Mayer, der Münchner Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands. Offenbar sei die Konjunkturbelebung noch zu frisch, "die Firmen haben sich einfach ans Sparen gewöhnt".

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