OECD-Bericht:Deutsches Bildungssystem fällt weiter zurück

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Zu wenig Studenten, zu wenig Akademiker, zu wenig Chancengleichheit: In ihrem neuen Bericht watscht die OECD das deutsche Bildungssystem erneut ab. Im internationalen Vergleich steht die Bundesrepublik alles andere als erfolgreich da.

Während Deutschland in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der Studenten um fünf Prozent steigern konnte, legten die 29 anderen wichtigsten Industrienationen im Schnitt um 41 Prozent zu.

Ratlos im Hörsaal: Deutschland bildet viel zu wenige Akademiker aus. (Foto: Foto: dpa)

Deutschland sackt damit nach dem am Dienstag in Berlin vorgelegten Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im weltweiten Vergleich vom zehnten auf den 22. Rang ab.

Erneut wird in der jährlichen Bildungsanalyse die geringe Abiturienten- und Akademikerzahl in Deutschland kritisiert. Zudem gebe es zu viele Studienabbrecher. Die Bundesrepublik sei nicht in der Lage, in den nächsten Jahren alle frei werdenden Arbeitsplätze bei Ingenieuren oder Lehrern mit eigenem Nachwuchs zu besetzen, geschweige denn auf den weiteren Trend zur Höherqualifizierung zu reagieren.

Mehr Anreize für Lehrer

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) kündigte einen "Bildungs-Herbst" an. Bund und Länder müssten umgehend über Strategien nachdenken, um diese Schwierigkeiten zu meistern. In der Tat sei es notwendig, mehr junge Leute an die Hochschulen zu bringen und zugleich die Zahl der Abbrecher deutlich zu reduzieren.

Ein erster Schritt sei die neue Struktur mit Bachelor- und Master-Abschlüssen. Schavan plädierte zudem dafür, im öffentlichen Dienst mehr Anreize für Lehrer zu schaffen.

Der Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK), Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD), räumte ebenfalls ein, dass zu wenige junge Menschen an die Hochschulen herangeführt würden. Dabei müssten auch zwischen dem betrieblichen Ausbildungs- und dem Hochschulsystem "Türen" aufgemacht werden für spezielle Studiengänge.

Es spreche nichts dagegen, jungen Leuten nach einer Berufsausbildung einen Hochschulzugang zu ermöglichen. Allerdings müsste dieser dann fachspezifisch sein, argumentierte Zöllner. Schavan plädierte dafür, bestimmte Bereiche zu definieren, in denen diese Durchlässigkeit beider Systeme möglich erscheint.

Bund und Länder meinten es ernst damit, den Forschungsbereich zu stärken, sagte Zöllner bei der gemeinsamen Pressekonferenz. Forschung und insbesondere Spitzenforschung dürfe aber nicht zu Lasten einer qualitativ und quantitativ guten Lehre gehen.

OECD-Generalsekretär Angel Gurría kritisierte die in Deutschland übliche Aufteilung von zehnjährigen Kindern auf unterschiedliche Schulformen. Oberschichtkinder hätten eine mehr als doppelt so große Studienchance wie Schüler aus einfachen Familien. Nur 21 Prozent aller 15-Jährigen in Deutschland könnten sich perspektivisch überhaupt ein Studium vorstellen. Im OECD-Schnitt sind dies 57 Prozent.

© dpa/AP/AFP/sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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