Neue Gründungshilfen für Erwerbslose:Geld fürs Chef werden

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Die Ich-AG ist tot, das Überbrückungsgeld läuft aus. Vom August an gibt es neue Zuschüsse für die Existenzgründung Arbeitsloser. Die Fördersumme beträgt bis zu 23.500 Euro.

Rolf Winkel

Seit dem 1. August gelten für die Förderung von arbeitslosen Existenzgründern neue Regeln. Diese sind besonders für Arbeitslose mit hohem Anspruch auf Arbeitslosengeld (I) vorteilhaft. Sie können demnächst mit bis zu 23.500 Euro gefördert werden.

Die Idee allein reicht nicht: Damit Geld fließt, müssen Gründungswillige ein Gutachten vorlegen. (Foto: Foto: sueddeutsche.de)

Wer nur eine niedrige Versicherungsleistung bezieht, hat aber auch beim neuen Gründungszuschuss das Nachsehen. Welche Leistungen fallen weg?

Bereits seit 1. Juli 2006 kann der erst im Jahr 2003 eingeführte Existenzgründungszuschuss für die so genannte Ich-AG nicht mehr beantragt werden. Und seit dem 1. August fällt das seit 1986 existierende Überbrückungsgeld für Neu-Selbstständige weg. Wer die "alten" Leistungen für Gründer allerdings bereits erhält bzw. das Überbrückungsgeld noch vor August 2006 beantragt hat, wird bis zum Ende der zugesagten Förderungsdauer weiterhin nach altem Recht unterstützt. Zuschüsse für die "Ich-AG" laufen damit spätestens im Juni des Jahres 2009 aus.

Wer hat Anspruch auf die neue Förderleistung?

Die Ansprüche auf den neuen Gründungszuschuss sind in § 57 des dritten Sozialgesetzbuchs geregelt. Wer Arbeitslosengeld (I) bezieht, hat grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf den neuen Zuschuss, soweit die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Neu eingeführt wurde eine "Drei-Monats-Hürde": Die Betroffenen erhalten die Förderung nur, wenn sie noch mindestens 90 Tage Anspruch auf Arbeitslosengeld (I) haben. Für Bezieher von Arbeitslosengeld II gibt es die neue Leistung nicht.

Wird das Gründungsvorhaben fachlich bewertet?

Genau wie beim Überbrückungsgeld und beim Existenzgründungszuschuss muss eine positive Stellungnahme einer fachkundigen Stelle für das Gründungsvorhaben vorgelegt werden. Diese kann man beispielsweise von einem Berufsverband, der Industrie- und Handelskammer oder einem Steuerberater erhalten. Zudem müssen die Betroffenen der Arbeitsagentur ihre "Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der Existenzgründung" darlegen. Bestehen daran Zweifel, so kann der Antragsteller zur Teilnahme an einer Maßnahme "zur Eignungsfeststellung" oder an einer "Maßnahme zur Vorbereitung der Existenzgründung" verpflichtet werden. Wird die Teilnahme abgelehnt oder die Maßnahme nicht erfolgreich abgeschlossen, so liegen die Voraussetzungen der Existenzgründungsförderung nicht vor. Auf diese Weise werden die Gründungsseminare zu einer Art Prüfungseinrichtung ausgebaut. Zweifel der Arbeitsagentur müssen allerdings - laut Gesetzesbegründung - "begründet" sein. Dort heißt es: "Begründete Zweifel setzen das Vorliegen von konkreten Anhaltspunkten voraus. Es muss sich um objektivierbare Zweifel handeln. Subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen reichen nicht aus."

Wie sieht die Förderung aus?

Sie ist in zwei Phasen gegliedert: In eine neunmonatige Grund- und eine sechsmonatige Aufbauförderung.

Was kann man bei der Grundförderung erwarten?

Die Agenturen zahlen neun Monate lang, was sie andernfalls als Arbeitslosengeld (I) überweisen müssten. Dazu gibt es einen monatlichen Bonus von 300 Euro, der - nach der Gesetzesbegründung - zur sozialen Absicherung der Gründer dienen soll. Wenn ein Arbeitsloser zum Beispiel derzeit ein monatliches Arbeitslosengeld (I) in Höhe von 1200 Euro erhält, so hat er nach der Existenzgründung neun Monate lang einen Anspruch auf jeweils 1500 Euro Gründungszuschuss. Insgesamt kommen so 13.500 Euro zusammen.

Und bei der Aufbauförderung?

Ab dem zehnten Monat nach der Gründung wird das Arbeitslosengeld (I) nicht mehr weitergezahlt, sondern allenfalls noch der Bonus in Höhe von 300 Euro monatlich. Auf diese mögliche Weiterförderung besteht aber kein Rechtsanspruch. Sie muss gesondert beantragt werden und wird - laut Gesetzesbegründung - nur dann gezahlt, wenn der Gründer bis dahin "eine intensive Geschäftstätigkeit und hauptberufliche unternehmerische Aktivitäten' belegen kann. Das gilt nur für sechs Monate - so kommen nochmals 1800 Euro zusammen. Damit kann der Selbstständige aus dem Beispielfall von der Arbeitsagentur mit insgesamt 15.300 Euro bezuschusst werden.

Wie hoch ist der Gründungszuschuss maximal?

Beim derzeit maximal möglichen Anspruch auf Arbeitslosengeld (I) von 2117,40 Euro pro Monat (bei Steuerklasse III, mit Kind und einem Bemessungsentgelt von 5250 Euro) werden neun Monate lang 2417,40 Euro gezahlt. Dies sind insgesamt 21.756,60 Euro. Bei einer anschließenden sechsmonatigen Aufbauförderung kommen noch 1800 Euro hinzu, sodass die maximale Fördersumme 23.556,60 Euro beträgt.

Was gibt's für Arbeitslose mit wenig Arbeitslosengeld (I)?

Bei einem niedrigen Arbeitslosengeld (I) von beispielsweise 50 Euro im Monat gibt es nur 9-mal 350 Euro, insgesamt also während der Grundförderung nur 3150 Euro. Dazu können dann möglicherweise noch 1800 Euro bei einer Aufbauförderung hinzukommen. Das ist erheblich weniger als es bisher gab. Bislang konnten selbst Arbeitslose mit niedrigem Arbeitslosengeld (I), die eine Ich-AG gründeten, im Regelfall mit einer Fördersumme von insgesamt 14 400 Euro rechnen.

Gibt es Übergangsregeln?

Ja, und zwar bei der neuen "Drei-Monats-Hürde". Wer zum Zeitpunkt der Einführung des neuen Zuschusses weniger als 90 Tage Restanspruch auf Arbeitslosengeld (I) hatte, kann den neuen Gründungszuschuss nicht erhalten. Da diese Anspruchsvoraussetzung neu eingeführt wird, gibt es für die hiervon Betroffenen eine Übergangszeit von drei Monaten, also bis Ende Oktober 2006.

In dieser Zeit können Gründungsinteressenten mit einem Restanspruch auf die Versicherungsleistung von weniger als 90 Tagen zu den bis zum 31. Juli 2006 geltenden Bedingungen die inzwischen abgeschaffte Leistung "Überbrückungsgeld' erhalten. Dabei zahlen die Agenturen ein halbes Jahr lang, was sie andernfalls als Arbeitslosengeld (I) überweisen müssten, sowie einen Zuschlag von 69,5 Prozent für die Sozialversicherung.

Dazu ein Beispiel: Wer monatlich Anspruch auf 1500 Euro Arbeitslosengeld (I) hat oder hatte, erhält sechs Monate lang jeweils 2542,50 Euro Überbrückungsgeld. Insgesamt kommt er so auf 15.255 Euro. Beim Höchst-Anspruch auf Arbeitslosengeld (I) werden als Überbrückungsgeld maximal insgesamt 21.533,96 Euro gezahlt.

Verfallen Ansprüche auf Arbeitslosengeld (I) durch den Gründungszuschuss?

Ja, auch das ist neu. Wer beispielsweise vor Beginn seiner selbstständigen Tätigkeit noch vier Monate Arbeitslosengeld (I) beziehen konnte, dessen Versicherungsansprüche sind nach vier Monaten mit Gründungszuschuss aufgebraucht. Die Neugründer können sich jedoch seit Februar dieses Jahres für einen Monatsbeitrag von 39,81 Euro (neue Länder: 33,56 Euro) freiwillig gegen das Risiko einer erneuten Arbeitslosigkeit versichern. Nach zwölf Beitragsmonaten haben sie dann einen neuen Anspruch auf sechs Monate Arbeitslosengeld (I) aufgebaut.

Wenn die Gründung scheitert, können die Betroffenen einen zweiten Gründungsversuch mit Förderung der Arbeitsagentur starten (gegebenenfalls auch noch weitere Versuche). Aber: Zwischen der ¸¸Beendigung der Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit' und der neuen Förderung müssen mindestens 24 Monate liegen. Das regelt § 57 Absatz 4 des dritten Sozialgesetzbuchs. Danach ist die Förderung ausgeschlossen, ¸¸wenn nach der Beendigung einer Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ... noch nicht 24 Monate vergangen sind'. Einem Gründer, der bis Ende Juni 2005 Überbrückungsgeld erhalten hat, kann damit frühestens ab Juli 2007 der neue Gründungszuschuss gewährt werden.

© SZ vom 8.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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