Neue Berufe:Von der Idee zum Profit

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Die Patentingenieurin untersucht, ob eine Erfindung originell ist und Geld bringt.

Christine Demmer

Längst nicht jede gute Idee ist patentfähig, auch wenn ihr Erfinder fest davon überzeugt ist. "Eine echte Erfindung muss drei Bedingungen erfüllen", sagt Tina Gonka, Patentingenieurin bei Siemens in Erlangen, "sie muss neu, erfinderisch und gewerblich anwendbar sein." Neu ist alles, was es bisher noch nicht gibt. Erfinderisch nennt man Einfälle, die auf einer gedanklichen oder experimentellen Tätigkeit beruhen und sich vom aktuellen Stand der Technik abheben. Eine Schraube anstelle eines Nagels einzusetzen ist beispielsweise nicht immer erfinderisch.

Patentingenieurin Tina Gonka hat einen Beruf mit sehr guten Arbeitsmarktchancen gewählt. (Foto: Foto: oh)

Auf diese beiden Kriterien prüft Tina Gonka zuerst jede Erfindungsmeldung, den ihr die Kollegen aus der Entwicklungsabteilung präsentieren. Erst dann untersucht sie, ob sich damit auch Geld verdienen lässt. "Wenn wir selbst etwas damit anfangen können, was in der Regel der Fall ist, dann melden wir es an", sagt die 29-Jährige. "Manchmal ist die Antwort aber negativ. Dann geben wir die Idee dem Erfinder frei und er kann selbst entscheiden kann, was er damit macht."

Mehrmals im Jahr setzt sich Gonka in einem Gremium mit Kollegen zusammen und diskutiert die interessantesten Vorschläge aus ihrem Arbeitsbereich. Die Vorauswahl trifft sie selbst. Das Beurteilungsvermögen, was patentfähig ist und was nicht, muss ihr zugetraut werden. Als eine der ersten Absolventinnen des Studiengangs Patentingenieurwesen an der Fachhochschule im nordbayerischen Amberg hat sie Natur- und Ingenieurwissenschaften inklusive Recherchetechnik studiert und sich parallel dazu in Betriebswirtschaft, Jura und den gewerblichen Rechtsschutz vertieft.

Auf die Idee zu diesem Studium kam sie durch ihre vorangegangene Ausbildung zur Patentanwaltsfachangestellten. "Jura allein wollte ich nicht, Ingenieurwesen auch nicht, also war das die ideale Kombination." Nach einer ersten Berufsetappe als Patentreferentin bei einem Autoteilezulieferer arbeitet Tina Gonka seit März bei Siemens, dem größten Patentanmelder Deutschlands. Letztes Jahr gingen von hier rund 2400 Anmeldungen direkt an das Deutsche Patent- und Markenamt in München. Viele werden dann bei der benachbarten Europäischen Patentbehörde oder gleich weltweit zum Patent angemeldet. "Der nationale Patentschutz ist nicht so teuer", sagt Gonka, "aber schon die Kosten für ein europäisches Patent betragen mehrere Tausend Euro, und weltweit wird es richtig teuer."

Für Innovationen, die Gonka und die Findungsgruppe abgenickt haben, stellen sie einen Antrag auf Erteilung eines Patents in Deutschland. Der geografisch erweiterte Patentschutz kann warten, er darf noch bis zu zwölf Monaten später beantragt werden. In Asien, wo man sich dem Vernehmen nach gerne mit fremden, allenfalls leicht gestutzten Federn schmückt, vertreten eigene Patentingenieure die Interessen des Konzerns.

Wenn die Behörden den Antrag bewilligen, können sich Daniel Düsentrieb oder die Patentingenieure des Arbeitgebers in Deutschland sieben Jahre Zeit lassen, bevor sie den Prüfungsantrag stellen. "Ob die Frist ausgeschöpft wird oder nicht, hängt von der Anmeldestrategie ab, beides hat seine Vorteile", sagt Tina Gonka. "Schöpft man die Frist beispielsweise aus, kann man in dieser Zeit den Markt und das Verhalten der Wettbewerber beobachten und daraus seine Schlüsse ziehen." Die Patentämter können einen Antrag zurückweisen, wenn ihnen die Idee nicht neu, erfinderisch oder gewerblich anwendbar scheint. "Dann muss ich gegenüber den Prüfern argumentieren und Erklärungen nachliefern oder gucken, ob sie den Sachverhalt möglicherweise anders interpretiert haben - denn das gibt es auch."

Für diesen Beruf ist also neben technischem und wirtschaftlichem Verständnis auch kommunikative Kompetenz nötig. Und Geduld, denn die Mühlen der Behörden mahlen langsam. Im klassischen Werdegang erlernen Patentingenieure und Patentanwälte ihr Handwerk über mehrjähriges "training on the job" nach ihrem technischen oder naturwissenschaftlichen Studium. Der seit 1999 bestehende Studiengang bietet nun eine alternative Einstiegsmöglichkeit.

Dass die Multifunktions-Talente aus Amberg in der Industrie hervorragend ankommen, beweist die Arbeitslosenquote der bisherigen Absolventen: Sie beträgt null Prozent. "Schon vor dem Examen haben die Arbeitgeber bei uns angeklopft", sagt Tina Gonka. "Eine neue Stelle zu finden, ist überhaupt kein Problem."

© SZ vom 29.4.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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