Neue Berufe:Herr über Level und Tod

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Der Gamedesigner denkt sich Spiele aus und visualisiert sie am Computer.

Christine Demmer

Sage keiner, Maximilian Frömter hätte es nicht mit einem ernsthaften Beruf versucht. Maschinenbau hat er probiert, ein paar Semester Kunsterziehung und Englisch fürs Lehramt studiert, ein Jahr lang war er sogar schon als Beamtenanwärter auf dem großen Dienstweg unterwegs. Doch erst ein Praktikum bei einer Werbeagentur machte ihm klar, wofür sein Herz wirklich schlägt: "Ich wollte mit dem Computer etwas Künstlerisches machen." Also bewarb er sich an der Münchner Mediadesign Hochschule und startete zweieinhalb Jahre später als Webdesigner ins Berufsleben.

Maximilian Frömter, Gamedesigner, lebt vom Spielen. (Foto: Foto:)

Schon sein zweiter Job bei einer Fernsehproduktionsfirma kam dem Traumberuf zum Greifen nahe. "Ich habe Raumschiffe für eine Science Fiction-Serie entworfen", sagt der 33-Jährige. Er musste dabei nicht auf Bauteile von Bügeleisen, Sterne aus Styropor und Galaxien aus Glasscheiben zurückgreifen wie weiland bei der Raumpatrouille Orion. "Concept Artists bringen ihre Ideen erst ganz klassisch mit Bleistift zu Papier", sagt Frömter. "Dann werden die Zeichnungen am Computer in 2D- und 3D-Vorlagen umgesetzt, modelliert und animiert."

Der dritte Job bei dem Spieleproduzenten Crytek in Coburg war ein noch größerer Wurf: Aus dem Webdesigner und Concept Artist wurde ein Gamedesigner. Davon träumen viele Jugendliche, wenn sie mit hochroten Ohren zwischen Gamepad und Konsole hocken, fremde Reiche erobern, Schätze anhäufen, böse Buben vernichten und nebenbei die Welt retten. Was Frömter schildert, klingt ziemlich einfach und großartig für eine Arbeit, die dazu noch ziemlich gut bezahlt wird: "Wir denken uns Spiele aus, gestalten die Szenarien, bauen unterschiedliche Level und visionalisieren das Ganze."

Gamedesigner brauchen nicht nur Fantasie, der Beruf verlangt gleichzeitig viel Gespür für den Markt. "Man muss wissen, was morgen ankommt: Ballerspiele? Fantasy? Strategiespiele? Wirtschaftsspiele?", sagt Frömter. Wichtig sei auch die Liebe zum Detail: "Jede einzelne Spielszene muss penibel designt werden." Außerdem viel Sinn für filmische Dramaturgie: "Schon allein, um die Storyboards zu zeichnen." Und natürlich den virtuosen Umgang mit dem PC: "Die Ausbildung Mediadesign deckt vieles ab, aber es kann nicht schaden, wenn man sich auch selbst für Spiele interessiert." Dazu müssen Gamedesigner mit der englischen Sprache vertraut sein, denn bei den elektronischen Spielen setzt das Ausland die Trends. Der englischsprachige Raum ist der wichtigste Markt, in den Firmen ist Englisch Verkehrssprache.

Das hat zur Folge, dass die Belegschaften auch bei deutschen Spieleherstellern aus aller Herren Länder stammen. "Drei von vier Mitarbeitern meines Teams bei Crytek kamen aus England, Kanada, Russland und der Ukraine", sagt Frömter. "Die Branche ist total global, viele Gamedesigner würden liebend gern bei den großen Spielentwicklern in Kanada, den USA oder England anheuern."

Elektronische Spiele sind zu einem Mega-Business mit hohem Kapitalbedarf geworden. Die Entwicklung eines einzigen Spiels kann sich über mehrere Jahre hinziehen und zweistellige Millionenbeträge verschlingen. "Das hat längst keinen Spielzeug-Charakter mehr", sagt Frömter. "Noch vor zehn Jahren haben eine Handvoll Leute ein Spiel konzipiert, heute haben die Teams oft mehr als 50 Personen. Der Produktionsaufwand wird immer größer, denn die Gamer werden immer anspruchsvoller." Der globale Markt für Computer- und Handy-Spiele wächst um rund 20 Prozent im Jahr.

Das spricht zweifelsohne für eine glänzende Zukunft. Aber so spielend leicht, wie sich das mancher 15-Jährige vorstellt, wird man nicht zu einem gefragten Gamedesigner. Zwar ist die Ausbildung rechtlich nicht geregelt, was Quereinsteiger ermutigen dürfte. Private Bildungsträger wie die Mediadesign Hochschule in München bieten spielbegeisterten und gestalterisch begabten Quereinsteigern mit guten Computerkenntnissen neben einem Bachelor-Studiengang auch Vollzeit-Weiterbildungslehrgänge an.

"Eine Vorbildung als Designer, Programmierer oder Grafiker ist nützlich und wird in der Regel bevorzugt, vor allem für leitenden Positionen", sagt Frömter. "Aber noch immer kommen viele über Mods rein". Ein Mod ist eine Modifikation eines bekannten PC-Spiels. "Der Spiele-Editor wird ja oft mitgeliefert, also können die Leute zu Hause daran arbeiten und ihre eigene Version ins Netz stellen." Wenn der Eigenbau gut bei den Spielern ankommt und hinreichend verbreitet wird, kann ein Entwickler darauf aufmerksam werden. Doch darauf gibt's keine Garantie. Eine solide Ausbildung ist daher der sicherere Weg.

Maximilian Frömter nennt sich mittlerweile Digital Artist und ist zu einer österreichischen Firma gewechselt. Dort denkt er sich neue Spielinhalte aus, erstellt Texturen, exportiert Objekte in die engine des Spiels und tweakt (verfeinert) das game bis zur Marktreife. Kurz vor Fertigstellung, in der crunch time, sitzt er oft bis nach Mitternacht am PC. Doch bevor er nach Hause geht, spielt er noch eine Runde.

© SZ vom 18.2.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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