Networking:Damit Gespräche im Fluss bleiben

Lesezeit: 3 min

Networking muss nicht immer auf Messen stattfinden, originelle Orte fördern das Geschäft mit den Kontakten.

Katja Winckler

(SZ vom 5.7.2003) Blumenfrisch soll man sich kleiden, steht auf der Einladungskarte der Berliner Veranstaltungsagentur A-Muse. Katharina Albrecht und Rahel Kindermann laden zum Frühlingssalon. Unter dem Motto "Beißen Sie in rosa Wände" wollen sie Menschen aus Wirtschaft, Politik und Kultur zusammenbringen, inspiriert von der Tradition der Berliner Salons im 19. Jahrhundert.

Die Salondamen tragen Blumen im Haar und begrüßen die Gäste im rosa gestrichenen Flur einer Privatwohnung. Hunderte von Blumen schmücken die Räume, halbierte Melonen hängen in Stoffschlingen von der Decke, in den Melonen stecken thailändische Hühnerspieße, Fleischbällchen und Shrimps. Was wie eine Performance verspielter Müßiggänger wirkt, ist knallhartes Geschäft.

Süße Stunden im Salon

A-Muse und andere Networking-Agenturen haben es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen in wichtigen Positionen zusammen zu bringen. Aber nicht auf Messen mit Stehtischen, Standard-Häppchen und Hostessen, sondern in gelöster Atmosphäre und originellem Ambiente. Hier fällt es leichter, Kontakte zu knüpfen, und zuweilen entsteht zu fortgeschrittener Stunde sogar eine Geschäftsidee. Manche dieser Networking-Events finden für einen eingeschworenen Kreis statt. Andere sind als Kontaktforum innerhalb des Unternehmens gedacht. Nie ist die Auswahl der Gäste willkürlich.

Bei A-Muse beispielsweise führen die Salondamen durch den Abend. Eine Sopranistin singt klassische Frühlingslieder, eine brasilianische Poetin flüstert den Gästen auf Wunsch Gedichte ins Ohr und verteilt Pralinen aus einer dreifachen Etagere. Beim Autogrammkarten-Spiel stellt man einem anderen, unbekannten Salonbesucher drei persönliche Fragen, etwa "Wie heißt Ihr Lieblingsgedicht?" Spätestens jetzt sind alle Visitenkarten verteilt, das Eis ist gebrochen.

Die Agentur bietet ihr Networking-Konzept Unternehmen oder Botschaften an. Das Motto variiert. Mal ist es ein russischer, mal ein ungarischer oder ein orientalischer Salon. Das Kulturprogramm ist immer auf die Bedürfnisse des Kunden abgestimmt. Die übliche Schlacht am Buffet ist nie dabei.

Geschlossen ins Schlosshotel

Wert auf Exklusivität legt man beim Hamburger CEO.S-Club (Communication Executive Officers Summit). Entscheider aus Banken und produzierendem Gewerbe gehören der erlesenen Runde an, die sich nicht einfach nur als geselliger Managerclub versteht. Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer und Bereichsleiter sollen sich hier ungestört und partnerschaftlich über strategische Fragen austauschen können. Dazu treffen sie sich dreimal im Jahr in Schlosshotels wie in Wilkenhege bei Münster oder in Tremsbüttel bei Hamburg, hören Vorträge oder entspannen beim Golfspiel.

Zutritt zum elitären Kreis erhält man nur auf Empfehlung eines Mitglieds, des Club-Beirats oder durch eine Bewerbung bei Martin Stert, Organisator und Mitgründer des Beratungs- und Weiterbildungsunternehmen Profitel. "Für die wirklich verantwortlichen Entscheider gab es in Deutschland bisher kein adäquates Forum", sagt Wolfgang Wiencke, Geschäftsführer von Profitel. Die Exklusivität hat ihren Preis: Auf 2200 Euro beläuft sich der jährliche Mitgliedsbeitrag.

Gucken was andere machen

Firmeninternes Networking betreibt dagegen die Hamburger Werbeagentur Scholz & Friends. Seit knapp drei Jahren veranstaltet sie "Gespräche im Fluss", eine Anspielung darauf, dass die Agentur ihren Sitz an der Elbe hat. Zur Inspiration lädt sie kreative Menschen aus allen Bereichen ein, bloß nicht aus der Werbung.

So waren bereits der Schauspielhaus-Intendant Tom Stromberg zu Gast oder Tim Renner vom Musikkonzern Universal, der Herausgeber der Zeitschrift Mare oder ein Hamburger Spitzenkoch. Marc Schwieger, Geschäftsführer Kreation bei Scholz & Friends, befragt die Gäste zu ihrem Leben und ihren Visionen. Dann leitet er über zu einer Diskussion, an der alle teilnehmen können, die buchstäblich mit an Bord sind, denn die "Gespräche im Fluss" finden auf einem Schiff statt.

"Abgucken auf hohem Niveau" nennt Schwieger das Konzept. Denn Kreative könnten am besten von Kreativen aus anderen Sparten lernen. "Nur wer die Neugier stillt und immer wieder anstachelt, kann gute Kreative in der Agentur halten", begründet er die internen Aktivitäten der Agentur. Das habe sich inzwischen auch anderweitig ausgezahlt - in barer Münze. Aus der hochkarätigen Gästeschar habe Scholz & Friends neue Kunden gewonnen. So durften die Werber den Printauftritt von Mare, Plakate für das Hamburger Schauspielhaus und das Corporate Design des Hamburger In-Clubs Mandalay entwickeln.

Tanzen auf der Reeperbahn

Feiern bis der Chef kommt - das hat Said Abou-Chabab mit seinem "Club der Kreativen" im Sinn. Alle paar Monate lädt der Partyveranstalter eine der Hamburger Werbeagenturen in den Club Rubin auf der Reeperbahn. In zwangloser Party-Atmosphäre knüpft man Kontakte zu Neukunden und spricht mit jungen Leuten, die in die Werbewelt wollen, über Praktika und mögliche Jobs in den Kreativschmieden. Das empfinden manche schon wie sechs Richtige im Lotto.

Wie Gewinner fühlen sich auch die Gäste des Berliner Frühlingssalons. Sie verlassen zu später Stunde zwar nicht mehr ganz blütenfrisch, aber glücklich den rosa Salon. Die Melonen in den Stoffschlingen sind abgegrast, die Bowle-Kelche ausgetrunken. "Wir bieten ein inspirierendes Erlebnis für Bauch, Herz und Kopf", sagt Veranstalterin Rahel Kindermann. Die Kunst sei es, den Gast nicht spüren zu lassen, dass es dabei eigentlich ums Geschäft geht.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: