Nachhilfe in .... gekonnt kontern:Schlag mich!

Witzig kontern statt sprachlos dastehen. Wie man schlagfertig wird.

Sagt der eine: "Du siehst ja heute wieder fertig aus!" Kontert der andere: "Dann passen wir ja prima zusammen!" Vielen würde so eine Antwort im entscheidenden Moment nie einfallen. Wie man darauf kommt, erklärt Matthias Pöhm, Schlagfertigkeitstrainer von Beruf.

Matthias Pöhm, Schlagfertigkeitstrainer

Matthias Pöhm stellt Regeln für Schlagfertige auf. Darunter: Niemals rechtfertigen! "Man ist nicht jedem eine Erklärung schuldig", sagt Pöhm.

(Foto: Foto: oh)

sueddeutsche.de: Warum sind wir in manchen Momenten sprachlos, aber eine halbe Stunde später fällt uns die richtige Antwort ein?

Matthias Pöhm: Wenn wir verbal angegriffen werden und wir sind getroffen, dann ist unser Hirn im Stress. Wir verkrampfen geistig und haben keinen Zugriff mehr auf bestimmte Hirnareale. Eine Stunde später, wenn wir wieder entspannt sind, kommt uns plötzlich eine Antwort. Sie war die ganze Zeit schon in uns, wir hatten nur nicht Zugriff darauf. Aber mit der richtigen Technik schafft man es, immer häufiger sofort die Antwort parat zu haben.

sueddeutsche.de: Und wie?

Pöhm: Das funktioniert wie mit der Grammatik. Beim Sprechen verwenden wir ständig ihre Regeln ohne darüber nachzudenken. Vor circa 400 Jahren hat jemand diese intuitiv eingehaltenen Regeln aufgeschrieben: Eine Grammatik ist entstanden und ab dem Moment war Deutsch für Ausländer systematisch lernbar. Mit der Schlagfertigkeit ist das genauso. Man kann sie lernen wie eine Fremdsprache. Es gibt viele verschiedene Techniken dafür. Wenn man die kennt und trainiert hat, ist man sprachlich unverwundbarer.

sueddeutsche.de: Welche ist denn einfach und funktioniert gut?

Pöhm: Unerwartetes Zustimmen. Wenn Sie zum Beispiel angegriffen werden mit dem Satz: "Bist du immer noch nicht verheiratet?", dann stimmen Sie einfach zu und lenken mit einer Frage ab. Sie sagen also: "Ja, selbstverständlich nicht. Wohin fährst du übrigens im Urlaub?" Das ist herrlich einfach und Sie sind sofort aus dem Schneider.

Klaus Wowereit hat diese Technik angewendet, als er gefragt wurde, ob homosexuelle Neigungen vorliegen. Er antwortete: "Ich bin schwul. Und das ist gut so." Man ist nicht jedem eine Erklärung schuldig. "Niemals rechtfertigen!" ist eine ganz wichtige Regel bei der Schlagfertigkeit.

sueddeutsche.de: Was gilt noch?

Pöhm: Verbinden Sie mit dem Wort frech nichts Negatives mehr. Wer verbal angreift, muss mit einem Gegenschlag rechnen. Das hat nichts mit Unhöflichkeit zu tun, sondern mit der Achtung vor sich selber. Wenn Sie sich wie ein blutendes Reh getroffen fühlen, dann ist es erlaubt, etwas zu erwidern, was ihre Gefühle wieder ins Lot bringt. Wenn Sie aber darüber nachdenken, ob jedermann Ihre Antwort auch gut finden wird, werden Sie niemals schlagfertig.

sueddeutsche.de: Raten Sie für Beruf- und Privatleben zu verschiedenen Techniken?

Pöhm: Der gute Menschenverstand reicht völlig aus. Natürlich verwendet man gegenüber einem Kunden keine Angriffstechnik. Stattdessen kann man zum Beispiel mit Rückfragen kontern. Wenn jemand fragt: "Was machen Sie denn da?". Fragt man zurück: "Was glauben Sie, was ich da mache?" Damit haben Sie keinem weh getan, aber Sie haben eine offensive Haltung eingenommen und fühlen sich gut.

sueddeutsche.de: Gibt es eigentlich unterschiedliche Regeln für Frauen und Männer?

Pöhm: Frauen geraten im Berufsleben häufiger als Männer in die Defensive. Sie müssen sich in einer männerdominierten Umgebung behaupten und werden immer wieder auf ihr weibliches Rollenmuster reduziert. Ihnen werden häufig typisch weibliche Attribute vorgeworfen. Dann heißt es bei technischen Dingen zum Beispiel "Kennen Sie das?" oder in der Diskussion "Nun seien Sie doch nicht so emotional!" Frauen fällt es in diesem Moment oft schwerer richtig zu kontern. Das liegt daran, dass Ihnen von Kindesbeinen an beigebracht wurde, schön nett zu sein, immer einen Konsens zu finden und ja nicht aufzufallen. Im meinem Seminar ändere ich dieses Rollenverhalten.

sueddeutsche.de: Wir sollen also unsere gute Erziehung vergessen, um schlagfertig zu sein?

Pöhm: Genau.

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