Motivation:"Der egoistische Jobhopper ist eine Randerscheinung"

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Was bewegt Menschen, zum Firmenerfolg beizutragen - das Geld, der Chef oder die Blitzkarriere?

Christine Demmer

Was motiviert Mitarbeiter, zum Firmenerfolg beizutragen? Hinweise liefert die soeben erschienene Studie "Global Workforce 2007" des amerikanischen Personaldienstleisters Towers Perrin. 86.000 Arbeitnehmer in 18 Ländern machten bei der Online-Befragung mit, davon mehr als 3000 aus Deutschland. Michael Kramarsch, Deutschland-Chef von Towers Perrin, erläutert die Ergebnisse.

Um Mitarbeiter zu motivieren, sollte ein Unternehmen Interesse an ihnen zeigen. (Foto: Foto: iStockphoto)

SZ: Ist es das Geld? Oder leisten Menschen mehr, wenn der Chef nett ist?

Michael Kramarsch: Ein wettbewerbsfähiges Gehalt ist die Grundvoraussetzung für motivierte Arbeit. Engagement entspringt allerdings einem Dreieck von rationalen, emotionalen und handlungsorientierten Faktoren. Bisher hatte man angenommen, dass der direkte Vorgesetzte von entscheidender Bedeutung für die Bereitschaft eines Mitarbeiters sei, sich mehr zu engagieren und beim Unternehmen zu bleiben. Unsere Studie macht deutlich, dass der Chef bei weitem nicht der dominierende Faktor ist. Die Unternehmensleitung und organisatorische Aspekte haben weit mehr Einfluss auf die Motivation als bisher angenommen.

SZ: Was sind diese Aspekte?

Kramarsch: In erster Linie Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten, der Grad der Entscheidungsfreiheit in der täglichen Arbeit, Investitionen in innovative Produkte und Einflussmöglichkeiten auf deren Qualität. Ein weiterer Treiber ist das Agieren der Unternehmensleitung: Kommuniziert sie klar, zeigt sie Interesse an den Mitarbeitern?

SZ: Wie kann das Top-Management Interesse an den Mitarbeitern beweisen, wenn es oft schon die Namen der Führungskräfte zwei Ebenen darunter nicht kennt?

Kramarsch: Das erwarten die Mitarbeiter gar nicht. Wichtiger ist, dass Strategien klar vorgegeben und Werte wie Offenheit, Fairness oder Kundenorientierung konsequent gelebt werden. Die Studie zeigt, dass das Management mit Visionen und Strategien die Köpfe der Mitarbeiter bereits erreicht. Damit aber auch die Werte gelebt werden, ist es notwendig, den Bauch der Mitarbeiter zu erreichen. Dazu muss das Top-Management Werte nicht nur kommunizieren, sondern selbst vorbildlich agieren.

SZ: Wer ist motivierter - jüngere oder ältere Mitarbeiter?

Kramarsch: Das Bild vom alten Eisen muss man revidieren. Die Ergebnisse zeigen keine altersspezifischen Unterschiede. Das Engagement ist über alle Altersgruppen hinweg ähnlich ausgeprägt.

SZ: Kann man also bei allen denselben Motivationshebel ansetzen?

Kramarsch: Nein, die Treiber sind unterschiedlich. Eine der wichtigen Schlussfolgerungen aus der Studie lautet, dass Unternehmen stärker segmentieren müssen. Sie müssen analysieren, welche Bedürfnisse die Mitarbeiter in unterschiedlichen Altersklassen, Unternehmensbereichen und Ländern hinsichtlich ihrer Motivation haben, und darauf aufbauend maßgeschneiderte Human-Resources-Programme entwickeln.

SZ: Deutsche Arbeitnehmer zeichnen sich durch besonders hohe Betriebstreue aus. Ist das ein Standortvorteil?

Kramarsch: Vor zwei Jahren haben wir die Gründe für die hohe Bindung noch in den schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gesucht. Heute ist klar: Unternehmen in Deutschland können stärker als andere auf die Loyalität ihrer Mitarbeiter bauen. Den egoistischen Jobhopper finden wir in den Studienergebnissen nur als Randerscheinung. Diesen Loyalitätsschatz vorsichtig zu behandeln, ist eine Verpflichtung.

© SZ vom 27.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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