Miese Tricks im Job:Der Ferkel-Faktor

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Wenn Kollegen, Chefs oder Geschäftspartner die Ellenbogen ausfahren, gehen Zurückhaltende schnell unter. Was hilft gegen miese Tricks im Job? Eine Hilfestellung für alle, die immer wieder ausgetrickst werden.

Julia Bönisch

Der Kleinkriminelle sitzt im kahlen Verhörraum der Polizeiwache. Ein blaues Auge hat er schon, doch noch hat er nicht gesungen. Beamter Nummer eins fängt an zu drohen, seine Faust tanzt bedrohlich vor dem Ganovengesicht.

Bulle Nummer zwei dagegen hält sich erst mal im Hintergrund. Irgendwann schickt er den tobenden Kollegen mit den Worten "Hol dir doch mal 'nen Kaffee", raus, und dann ist er mit dem armen Tropf allein. "Hör gut zu", sagt er, "wenn du jetzt aussagst, können wir vor Gericht wirklich was für dich rausholen."

Aus jedem Gangsterfilm kennt man das Szenario, die Ermittler spielen "Guter Bulle, böser Bulle" - bis der Dieb zusammenbricht und alles verrät. Die gleiche Taktik wenden auch Geschäftsleute in Verhandlungen an: Einer droht, treibt das Gegenüber in die Ecke und verlässt plötzlich den Raum. Dann schlägt die Stunde des Verständnisvollen, Freundlichen.

Verbrüderung und Entgegenkommen suggerieren

"Ich lege ein gutes Wort für Sie ein", heißt es dann. "Ich bekomme zwar Ärger, wenn wir den Stückpreis auf 90 Euro drücken, aber für Sie kriege ich das hin." Das suggeriert Verbrüderung und viel Entgegenkommen - und schon tappt man in die Falle und schlägt ein, obwohl man als Stückpreis maximal 80 Euro zahlen wollte.

"Der Freundliche ist in diesem Spielchen der eigentlich Gefährliche", sagt der Trainer und Coach Günther Beyer, der in seinem Seminar "Der Ferkel-Faktor" über miese Tricks im Job aufklärt. "Der Bad Cop ist nur der Treiber, der Good Cop aber macht das Geschäft wasserdicht und erledigt den anderen damit."

Beyer rät, in solchen Situationen den Spieß einfach umzudrehen und selbst den Good Cop zu geben. "Das können wir so zwar nicht machen, aber ich komme Ihnen da entgegen. Ich spreche mit meinem Vorgesetzen und setze mich für Sie ein", wäre etwa eine gute Antwort auf das vermeintlich freundliche Angebot.

Inzwischen bekommen Vertriebler in zahlreichen Seminaren beigebracht, wie sie unfaire Methoden anwenden und ihre Geschäftspartner austricksen können. "Das ist der Ferkel-Faktor im Job", sagt Beyer. Er will den Gegenspielern zeigen, wie man sich gegen solche Schachzüge zur Wehr setzt.

"Ein beliebtes Instrument ist auch das Verletzen von Tabuzonen", erklärt er. "Das irritiert uns so sehr, dass wir uns nicht mehr auf das Gespräch oder die Verhandlung konzentrieren können." Solche Grenzverletzungen sind simpel: Der Verhandlungspartner schiebt langsam erst seinen Stift in die Tischhälfte seines Gegenübers. Dann folgt die Kaffeetasse und vielleicht noch der Notizzettel. Nicht besonders auffällig, aber effektiv. "Das lenkt uns ab", sagt Beyer. "Wir fragen uns: 'Was soll das?', und schon sind wir unkonzentriert."

Auf der nächsten Seite: Wie man sich gegen Grenzverletzungen und andere miese Tricks zur Wehr setzen kann.

Das Sammelsurium einfach wieder in die andere Tischhälfte zurückzuschieben, käme einer Kriegserklärung gleich, erklärt der Coach. Er rät, entweder mit dem eigenen Stuhl nach hinten zu rücken, um so auch die Grenze zu verschieben, oder die Sache mit Humor anzusprechen: "Ja ja, der Tisch ist schon sehr voll."

Ähnlich unkompliziert und wirkungsvoll ist die Pausen-Taktik: Auf ein geschäftliches Angebot reagiert der andere mit langem Schweigen. Dabei komme es darauf an, auf jeden Fall länger durchzuhalten als der andere, erklärt Beyer. "Schweigen ist uns allen unangenehm. Aber in so einer Situation darf man nicht schwach werden." Zur eigenen Ablenkung könne man noch einmal die Unterlagen durchblättern.

Verhandlungspartner in Zugzwang

Damit die Stille nicht ewig dauert, dürfe man dem Spielchen schließlich doch selbst ein Ende setzen. "Ich sehe, Sie haben keine Fragen mehr. Dann gebe ich Ihnen jetzt die Gelegenheit, die Sache noch einmal in Ruhe zu überdenken. Ich halte das Angebot zwei Tage aufrecht, und dann reden wir wieder." Packt man dabei bestimmt seine Tasche und nimmt sich den Mantel, kommt der Verhandlungspartner in Zugzwang und muss antworten.

Ein Standard im Repertoire der miesen Tricks ist auch das Wartenlassen: Der wichtige Termin soll eigentlich um zehn Uhr beginnen, doch um zwanzig nach zehn wartet man immer auf dem Flur. "Das macht jeden nervös", sagt Beyer. "Wenn wir aufgeregt sind, verschütten wir viel Adrenalin, und wenn man uns so missachtet, leidet unser Selbstbewusstsein - keine gute Voraussetzung für eine starke Verhandlungsposition."

Beyer rät, in einer solchen Situation Rückgrat zu zeigen, um das eigene Selbstwertgefühl wieder aufzupäppeln. "Wird man so stehengelassen, sollte man zur Sekretärin gehen und ihr ein Limit ankündigen. 'Ich warte gern noch weitere 15 Minuten, doch dann muss ich leider gehen.'" Tue sich in der viertel Stunde wieder nichts, müsse man dann tatsächlich gehen. "Sonst hat man sich weichkochen lassen."

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