Lehre:"Seminare in USA sind kleiner"

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Der Wirtschaftswissenschaftler Joachim Winter kennt die Bedingungen in Amerika und in Deutschland. Er hat in Berkeley gelehrt und ist heute Professor an der Universität München (LMU). Ein Gespräch über die Lage in Amerika.

Martin Thurau

Der Wirtschaftswissenschaftler Joachim Winter kennt die Bedingungen in Amerika und in Deutschland. Er hat in Berkeley gelehrt und ist heute Professor für Empirische Wirtschaftsforschung an der Universität München (LMU). Kürzlich hat er den renommierten "Ars legendi"-Preis für seine Leistungen in der Lehre bekommen.

Joachim Winter: "Das Studium ist leichter planbar." (Foto: Foto: rob)

SZ: Was unterscheidet die Lehre an einer US-Elite-Universität von der an einer deutschen Hochschule?

Joachim Winter: In den USA sind die Kurse kleiner, die Betreuung ist intensiver. Die Dozenten müssen nicht so viele Stunden lehren, so haben sie mehr Zeit für die Vorbereitung und die Studenten.

SZ: Die Lehre ist also auf viel mehr Schultern verteilt?

Winter: Ja, das Economics-Department in Berkeley zum Beispiel hat rund 60 Professoren, die Münchner VWL-Fakultät weniger als die Hälfte. Die Zahl der Studenten dagegen ist bei uns insgesamt etwa doppelt so hoch. Außerdem sind in den USA die Aufgaben flexibler zwischen den Professoren verteilt, die ihre Schwerpunkte jeweils in der Forschung oder der Lehre setzen. Zwar unterrichten dann oft gerade die forschungsstärksten Professoren nicht normale Studenten, sondern nur Doktoranden. Gleichzeitig wird aber großer Wert auf die Lehre gelegt; die meist jüngeren Kollegen müssen dort Leistung bringen.

SZ:Nehmen die Dozenten in den USA die Lehre ernster?

Winter: Wie sehr sich jemand engagiert, ist eine Frage der Persönlichkeit. Insgesamt aber hat die Lehre in den USA einen höheren Stellenwert. In Deutschland ist ihre Bedeutung eher noch gesunken, die Exzellenzinitiative beispielsweise hat ja die Forschung ganz in den Vordergrund gerückt.

SZ: Was verändern die neuen Bachelor- und Master-Studiengänge?

Winter: Das Studium ist leichter planbar, die Abschlüsse sind im Prinzip international vergleichbar. Für die Studenten bedeuten sie jedoch auch eine erhebliche Verschärfung des Studiums, es ist kürzer, alle Kurse enden mit Klausuren. Das führt zu einer Dauerprüfungssituation.

SZ: Sie haben einen Preis für gute Lehre bekommen. Warum wurden Sie ausgezeichnet?

Winter: In meinem Fach zumindest kann man in jeder Veranstaltung die Anwendungsbezüge herstellen; das habe ich konsequent versucht. Außerdem haben wir in einem Kurs mit mehr als 400 Teilnehmern Wettbewerbe zwischen den Arbeitsgruppen eingeführt, die die Studenten bei der Sache halten. So bekommt jede Gruppe eine regelmäßige Lernkontrolle, auch wenn wir nicht die Kapazitäten haben, individuell auf sie einzugehen.

© SZ vom 8.5.2008/bön - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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