Lebenszufriedenheit:Wir Neidhammel

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"Ein hohes Einkommen macht nur sehr bedingt glücklich", sagt der Ökonom Peter Schwarz. Wichtiger sei es, mehr zu verdienen als andere.

Die Körber-Stiftung schreibt jedes Jahr einen Wettbewerb für junge Wissenschaftler aus. Thema dieses Jahr war: "Ausweg Wachstum?". Zu den Preisträgern gehört der Volkswirt Peter Schwarz von der Uni Göttingen. Im normalen Wissenschaftsalltag beschäftigt er sich mit Steuerwettbewerb. Für die Körber-Stiftung hat er untersucht, welchen Einfluss das Einkommen auf die Lebenszufriedenheit seiner Mitmenschen hat.

Hat dem Glücksgefühl mit Formeln nachgespürt: Peter Schwarz. (Foto: Foto: oh)

sueddeutsche.de: Wie zufrieden sind denn die Deutschen mit ihrem Leben?

Peter Schwarz: Das hängt von vielen Faktoren ab wie Arbeit, Einkommen, Familienstand, Gesundheit und auch davon, wie man die eigene Position gegenüber der seiner Mitmenschen einschätzt. In dieser Hinsicht sind die Deutschen überraschend unzufrieden. Auf die Frage, ob sie glauben, einen gerechten Anteil am Lebensstandard zu haben, antworten in Westdeutschland ein Drittel mit "Nein". In Ostdeutschland sind es sogar doppelt so viele.

sueddeutsche.de: Woran liegt das? Verdienen sie nicht genug?

Schwarz: Ein hohes Einkommen macht nur bedingt glücklich. Es stimmt zwar, dass mit der Höhe des Einkommens auch die Zufriedenheit zunimmt. Eine viel größere Rolle spielt aber, wie ich meine eigene Position im Vergleich zu anderen einschätze.

Wichtiger als absolut viel zu haben, ist es mehr zu haben als andere.

sueddeutsche.de: Das heißt: Mir geht es umso besser, je schlechter es anderen geht?

Schwarz: So könnte man tatsächlich schlussfolgern. Es gibt eben Dinge, deren Knappheit gesellschaftlich konstruiert ist. Ein Luxusauto ist nur solange interessant solange es wenige davon gibt. Wenn alle einen Porsche oder Jaguar fahren, verliert das an Wert.

sueddeutsche.de: Andererseits würde sich dann keiner benachteiligt fühlen.

Schwarz: Es ist gar nicht sicher, ob die Umverteilung von Geldern das Wohlbefinden steigern könnte. Wenn man die Einkommen angleicht, könnte das auch den Effekt haben, dass der Wettbewerb noch stärker wird. Die Menschen würden dann möglicherweise noch mehr Geld für Statusgüter ausgeben, um sich von anderen abzuheben. Oder sie würden auf andere Kriterien Wert legen wie natürliche Schönheit oder Intelligenz.

sueddeutsche.de: Wie fühlen sich in dieser Neid-Gesellschaft Menschen ohne Einkommen bzw. ohne Job?

Schwarz: Arbeitslosen geht es deutlich schlechter als Beschäftigten. Ihr Wohlfahrtsverlust ist gravierend. Er lässt sich sogar berechnen: Wenn man den gefühlten Wert, einen Arbeitsplatz zu haben, in Geld ausdrückt, müsste man Arbeitslosen ein vier Mal höheres Einkommen geben als Job-Besitzern. Das widerlegt die Abzocker-These, wonach sich einige auf Kosten der Allgemeinheit ein schönes Leben machen.

Und es zeigt, dass einen Arbeitsplatz zu haben für das Lebensglück viel entscheidender ist als die Höhe des Einkommens.

© Interview: Nicola Holzapfel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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