Lebenskunst ist ...:... Mimosen auf Abstand zu halten

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Was man Mimosen gegenüber auch sagt oder tut, sie interpretieren es als verletzenden Angriff auf sich selbst. Ihre Reaktion ist entweder Weltschmerz oder eine wütende Gegenattacke.

Stefan F. Gross

Trifft man in der Botanik auf Mimosen, so bieten sie einen erfreulichen Anblick. Begegnet man ihnen aber im Büro oder Privatleben, so erweisen sie sich schnell als Plagegeister!

Beleidigte Leberwurst: Das eigentlich Unangenehme an Mimosen ist, dass sie ihrer Umwelt durch ihr Verhalten ständig ein schlechtes Gewissen machen. (Foto: Foto: iStock)

Etwas ausführlicher. Wenn man sich über die Eigenarten der Mimose (als Pflanze!) informiert, so findet man unter anderem folgenden Hinweis: "Alle Teile der Mimose sind mehr oder minder giftig und unverträglich. Sie sollte nicht verzehrt werden und unzugänglich für Kinder oder Haustiere stehen."

Die Eigenschaften menschlicher Mimosen sind kaum weniger unverträglich. Der Grund ist schnell erklärt: Was man ihnen gegenüber auch sagt oder tut, sie interpretieren es als verletzenden Angriff auf sich selbst - und so reagieren sie dann auch.

Gezielte Verunglimpfung

Ein nett gemeintes Kompliment wie "heute siehst du aber gut aus" empfinden sie als Beleidigung ihres Aussehens an allen anderen Tagen: "Bin ich sonst etwa hässlich?" Eine beiläufige Bemerkung über eine abweichende Vorliebe wie "ich trinke lieber Wein" ist für sie eine gezielte Verunglimpfung ihres eigenen Geschmacks: "Du denkst wohl, alle Biertrinker sind Proleten." Und selbst ein harmloser Hinweis wie "da vorne ist Rot" ist in ihren Ohren nicht anderes, als eine bösartige Belehrung: "Wenn Du alles besser weißt, dann fahr doch selbst!"

Ganz schlimm wird es natürlich, wenn es um Kritik geht. Wehe, man deutet auch nur an, dass man anderer Meinung ist oder dass man einen Verbesserungsvorschlag hat. Dann mutiert die Mimose zur beleidigten Leberwurst. Ihr Blick wird kalt, ihre Lippen verkniffen und ihr Körper starr. Es folgen Kopfschütteln, Seufzen und Beiseiteschauen. Und den Abschluss bilden entweder resignativer Weltschmerz ("Niemand versteht mich") oder wutentbrannte Gegenattacken ("Das lasse ich mir nicht bieten!").

Das eigentlich Unangenehme an Mimosen ist, dass sie ihrer Umwelt durch ihr Verhalten ständig ein schlechtes Gewissen machen. Der häufigste Satz, den Menschen in Gesprächen mit Mimosen von sich geben, lautet deshalb: "Das habe ich doch nicht so gemeint". Worauf die Mimosen antworten: "Doch, das hast du!" Und dann geht die Diskussion erst richtig los.

Es lohnt sich also, sich für einen klugen Umgang mit Mimosen (und ihren engen Verwandten, den beleidigten Leberwürsten) ausreichend zu konditionieren. Hier kommen drei Empfehlungen, die ihnen dabei helfen:

1. Ignorieren: Machen Sie das Spiel nicht mit. Erhalten Sie sich Ihren offenen (und auch heiteren) Stil der Kommunikation. Lassen Sie nicht zu, dass eine Mimose Sie dazu bringt, jedes Ihrer Worte auf die Goldwaage zu legen. Das würde Sie auf Dauer irre machen.

2. Nicht ewig diskutieren: Die meisten Mimosen gefallen sich in ihrer Rolle. Verzichten Sie also darauf, sich lange für eine Aussage zu rechtfertigen. Eine höfliche Erklärung genügt.

3. Stilempfinden: Achtung! Es gibt viele Menschen, die sensibel und feinfühlig sind, ohne dabei Mimosen zu sein! Achten Sie diesen Partnern gegenüber ganz bewusst auf ausreichende Liebenswürdigkeit und angemessenes Taktgefühl. Es ist richtig und es lohnt sich!

Bitte schreiben Sie uns heute: Gibt es in Ihrem Umfeld "Mimosen", "beleidigte Leberwürste" oder ähnliche Zeitgenossen? Wie gehen Sie damit um? Vielen Dank!

Stefan F. Gross ist Managementdozent, Autor und Kolumnist. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Thema der Verbindung von beruflichem Erfolg mit persönlicher Lebenskunst. Seine Kolumne "Lebenskunst" erscheint jeden Dienstag auf sueddeutsche.de.

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