Lebenskunst ist ...:... Besserwissern ihre Grenzen zu zeigen

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Selbstzweifel sind Rechthabern und Besserwissern völlig fremd, sie haben stets das größte Wissen und das letzte Wort. Stefan F. Gross weiß, wie man sich vor ihnen schützen kann.

Stefan F. Gross

Rechthaber und Besserwisser sind das Ende jeder normalen Unterhaltung. Für sie ist ein Gespräch kein Dialog, sondern eine Kampfhandlung. Auf die Idee, einem anderen Menschen in Ruhe zuzuhören, seine Gedanken zu akzeptieren und zu einem gemeinsamen Ergebnis zu finden, kommen sie nie. Im Gegenteil. Ihr einziges Streben liegt darin, dem anderen zu demonstrieren, wie wenig er weiß und wie wenig er kann - selbstverständlich ganz im Gegensatz zu ihnen selbst.

Besserwisser haben stets das letzte Wort: "Ich habe es doch selbst gesehen, die Welt eine Scheibe." (Foto: Foto: iStockphoto)

Inhaltlich geht es ihnen dabei nicht um die Lieferung von Substanz, sondern um die Selbstdarstellung als Universalexperte mit Unfehlbarkeitsanspruch. Selbstzweifel sind Rechthabern und Besserwissern daher völlig fremd. Ob es um Außenpolitik, Börsengeschehen, Weltraumfahrt oder die richtige Grilltemperatur geht, stets haben sie das größte Wissen und das letzte Wort: "Ich habe es doch selbst gesehen, die Welt eine Scheibe."

Hinzu kommt, dass Rechthaber und Besserwisser fast immer auch Dauerredner sind. Kaum haben sie das Wort an sich gerissen, kommen alle anderen über eine Rolle als staunende Statisten nicht mehr hinaus. Nichts kann Rechthaber und Besserwisser mehr begeistern, als der Klang ihrer eigenen Stimme.

Die spezifische Körperhaltung der Rechthaber und Besserwisser ist die Lauerstellung. Der Oberkörper ist in versteifter Form leicht nach hinten gekippt, die Gesichtzüge sind regungslos und die Augen verkniffen. Die Lippen sowieso.

Von Lehrern gehasst, von Klassenkameraden verdroschen

Alles das ändert sich schlagartig, sobald sie eine Chance sehen, ihren Gesprächspartnern in die Parade zu fahren. Nun schnellt der Oberkörper vor, ihre Mimik verzerrt sich zu diabolischer Vorfreude und sie legen los: "Nein, das ist anders, das sehen Sie falsch, das weiß ich besser, das werde ich Ihnen jetzt mal erklären."

Die Schulzeit von Rechthabern und Besserwissern muss schrecklich gewesen sein. Für ihr Verhalten wurden sie von ihren Lehrern höchstwahrscheinlich gehasst und von ihren Klassenkameraden mit Sicherheit verdroschen. Das haben sie niemals vergessen und das zahlen es ihrer Umwelt heute heim.

Das Zusammenleben mit Rechthabern und Besserwissern ist kein Genuss. Die folgenden drei Empfehlungen sollen Ihnen dabei helfen, sich besser vor ihnen zu schützen:

Erhöhen Sie Ihre innere Distanz. Ein Rechthaber belehrt Sie nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern weil er nichts anderes kann und nichts anderes will.Lassen Sie sich auf keine lange Diskussion ein. Es ist sinnlos. Setzen Sie stattdessen einen schnellen Schlusspunkt: "Vielen Dank für Ihre Anregungen. Ich werde sie mir durch den Kopf gehen lassen."Wenn er nicht locker lässt, dann stellen Sie ihm eine Frage, mit der Sie das Diskussionsthema verlassen und ihn in einen grundsätzlichen Begründungszwang bringen: "Was bringt Sie zur Annahme, dass Sie mit Ihren Behauptungen Recht haben?"

Stefan F. Gross ist Managementdozent, Autor und Kolumnist. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Thema der Verbindung von beruflichem Erfolg mit persönlicher Lebenskunst. Seine Kolumne "Lebenskunst" erscheint jeden Dienstag auf sueddeutsche.de.

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