Kommentar:Leuchtturm-Universitäten

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Warum der Bund ausgewählte Hochschulen mit Bundesmitteln unterstützen muss.

Von Jeanne Rubner

Es war einmal eine Universität in einer traditionsreichen, aber verarmten Stadt im Norden Deutschlands. Wer als Forscher dorthin ging, galt entweder als Marxist oder als verrückt. Heute können Professoren sich wieder trauen, zu erzählen, dass sie in Bremen forschen und lehren. Die Universität, auch wenn sie nicht zu den großen Zehn in Deutschland gehört, ist ein Musterbeispiel dafür, dass man Elite-Hochschulen wie seltene Pflanzen züchten kann, vorausgesetzt die Wachstumsbedingungen stimmen.

Bremen nämlich hat geschafft, was auch ein guter Pflanzenzüchter macht: die stärksten Triebe aussuchen und hochpäppeln, die schwachen zurückschneiden oder verkümmern lassen. Durch eine gezielte Förderung der besten Fachbereiche, durch das Anwerben von klugen Köpfen, von Drittmitteln und Spenden ist die Universität Bremen ihren Ruf der mittelmäßigen, roten Kaderschmiede losgeworden.

Übertragen auf den Streit zwischen Bund und Ländern um das richtige Elite-Konzept heißt das: Es ist sinnvoll, eine Hand voll bereits guter Universitäten auszusuchen und diese noch besser zu machen, so wie Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn es vorhat. Das wird, man kann es schwerlich leugnen, ein Zweiklassensystem erzeugen. So lange die zweite Klasse einen ordentlichen Standard bietet, ist das nicht weiter schlimm. Wer Spitzen haben will, muss in Kauf nehmen, dass nicht alles Spitze sein kann. Leuchttürme stellen immer jene Bereiche, wohin ihr Licht nicht scheint, in den Schatten.

Die Länderminister wollen das nicht einsehen. Von der Angst getrieben, ihre Landesuniversitäten könnten leer ausgehen, beharren sie auf einer breiten Förderung von Fachbereichen. Sie verkennen dabei, dass es die gesamte Universität ist, die in Forschung und Lehre einer Unterstützung bedarf - damit sie zu einem Leuchtturm werden kann. Der Bund sollte deshalb auf seinem Konzept bestehen. Kein Gesetz verbietet es, dass Berlin einzelne Universitäten mit Bundesmitteln alimentiert.

Gute Ideen setzen sich letztlich durch, auch gegen den Willen der Länder, die verbissen an ihrer Bildungshoheit festhalten und den Föderalismus zum Selbstzweck erklärt haben. Das Ganztagschulprogramm hat gezeigt, dass der Bund durchaus Akzente setzen kann. Erst protestierten die Länder aus Prinzip, jetzt halten alle die Hand auf. Selbst das renitente Bayern setzt auf die Bundesmittel, um die dringend notwendige Mittagsbetreuung der geplanten achtjährigen Gymnasien zu finanzieren.

In die Bildung, vom Kindergarten an, muss der Bund sich einmischen, denn das Thema ist zu wichtig, als dass man es den Ländern überlassen könnte. Gerade im Hochschulbereich haben viele Länder wenig Weitsicht bewiesen: Im Glaube, man könne sich so durchwursteln, bis die Studentenzahlen wieder sinken, ließen sie ihre Universitäten verkommen. Insofern wäre auch der Plan der Ministerpräsidenten, den Ländern die volle Kompetenz für Hochschulen und deren Finanzierung zu übertragen, eine Katastrophe.

Mehr Hochschulkompetenz für den Bund bedeutet freilich nicht, dass Berlin mehr Gesetze erlassen muss. Der Bund sollte mitreden und - wie beim Ganztagschulprogramm - seine Ziele festschreiben. Elite-Universitäten brauchen zwei Dinge: erstens Geld. Wenn das knapp ist, muss man eben umverteilen, zum Beispiel von der Kohlesubvention in die Bildungsinvestition. Zweitens aber braucht eine Hochschule die richtigen Rahmenbedingungen.

Eine Hochschule kann nur dann gut sein, wenn sie die besten Professoren und die besten Studenten aussuchen darf. Für den Bund heißt das jedoch Abkehr von unsinnigen Regelungen wie dem Studiengebührenverbot oder der Kapazitätsverordnung, die den Hochschulen vorschreibt, wie viele Studenten sie ausbilden muss. Wenn Edelgard Bulmahn das verstanden hat, kann sie dazu beitragen, dass ein paar Universitäten sich schnell nach ganz vorne vorarbeiten.

© SZ vom 26.3.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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