Kommentar:Der Junior gehört den Ländern

Lesezeit: 2 min

Das Karlsruher Urteil zum Hochschulrahmengesetz schürt die Föderalismusdebatte.

Von Jeanne Rubner

Die Länder jubeln. Doch sie jubeln nicht, weil der Juniorprofessor, kaum eingeführt, schon wieder Auslaufmodell ist. Es ging ihnen nämlich gar nicht um den Ersatz-Assistenten: Mit ihrem Angriff auf das Hochschulrahmengesetz hatten die Kläger den Sack geschlagen, den Esel jedoch gemeint.

Selbst die härtesten Unionsgegner von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn können dem alternativen Modell des Juniorprofessors durchaus etwas abgewinnen: Dieser soll - im Gegensatz zum traditionellen, häufig zu alten, gelegentlich ausgebeuteten Assistenten - sich früh und selbstständig für eine Professur qualifizieren. Doch weil Bulmahn mit der Einführung des Juniors zugleich die deutsche Sonderprüfung für angehende Professoren, die Habilitation, abschaffen wollte, zog sie sich den Ärger der konservativen Universitätskreise zu.

Falscher Eigensinn

Beide Seiten entfachten einen Glaubenskrieg, der der Sache schadete. Denn auf die formale Qualifikation eines Nachwuchsforschers kommt es nicht so sehr an wie auf die Bedingungen, unter denen er oder sie arbeitet. Juniorprofessoren kann es durchaus passieren, dass sie von etablierten Kollegen ausgebeutet werden. Umgekehrt haben manche Assistenten das Glück, während ihrer Habilitationszeit bestens gefördert zu werden.

Vernünftig wäre gewesen, beide Wege zur Professur zuzulassen. Doch Bulmahn machte aus der Sache eine Herzens- und Glaubensangelegenheit. Ihre Absicht war richtig, ihr Eigensinn falsch. Trösten kann sie sich jetzt allenfalls damit, dass Karlsruhe den Juniorprofessor nicht ablehnt. Die Länder müssen deshalb auch schleunigst dafür sorgen, dass für die paar hundert schon angestellten Juniorforscher (und vermutlich für viele weitere zukünftige, denn selbst Unionsländer denken nicht daran, das Modell zu verbieten) klare Verhältnisse geschaffen werden.

Rein formal mögen die Verfassungsrichter richtig entschieden haben und den Bund in seine vom Grundgesetz gezeichneten, engen Grenzen verwiesen haben. Bulmahn wollte den Bundesrat kaltstellen, das ist ihr misslungen. Doch ob das Urteil letztlich gut für die Hochschulen ist, das muss man bezweifeln.

Allgemeine Verunsicherung

Der Spruch aus Karlsruhe wird die Föderalismusdebatte kräftig schüren. Die Unionsländer (die übrigens doppelzüngig sind, sonst hätten sie auch gegen das Ganztagsschulprogramm des Bundes klagen müssen) werden versuchen, das Hochschulrahmengesetz gleich ganz abzuschaffen. Das aber könnte sich als Bumerang für die Universitäten erweisen. Wenn jedes Land eigene Regeln erlässt, wer wann und wie Professor werden darf, wird das zur allgemeinen Verunsicherung führen, nicht aber zu international wettbewerbsfähigen Hochschulen.

Was Kleinstaaterei bringt, haben die Kultusminister mit ihrem Beharren auf einem sechzehnfach zerfaserten Schulsystem längst gezeigt. Man muss nicht alles gutheißen, was Berlin verfügt - doch ohne ein wenig Zentralismus geht es nicht.

© SZ vom 27.7.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: