Karriere in der Bank:Gekommen, um zu bleiben

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Erst Banklehre, dann BWL-Studium - ist diese klassische Karriere-Kombination heute noch sinnvoll?

Miriam Hoffmeyer

Der traditionelle Weg ins Management einer Bank ist lang. Sehr lang. Zwei Jahre dauert die Banklehre für Abiturienten. Wer eine Spitzenposition anstrebt, braucht darüber hinaus einen akademischen Abschluss, und bis zum Diplom vergehen normalerweise zehn bis zwölf Semester. Meist folgen noch ein oder zwei Jahre als Trainee, bevor die hoffnungsvollen Jung-Banker - die ihren dreißigsten Geburtstag dann oft schon hinter sich haben - endlich ihre erste richtige Stelle antreten.

Tummelplatz für Bankgenies: die Frankfurter Bankentürme. (Foto: Foto: dpa)

Nicole Fabig-Grychtol ist den langen Weg gegangen und hat es nie bereut. Die 37-Jährige leitet die Abteilung Produktmanagement und Vertriebssteuerung bei der Landesbank Baden-Württemberg, wo sie auch schon ihre Lehre gemacht hatte. Danach fing sie zunächst eine berufsbegleitende Weiterbildung zur Sparkassen-Fachwirtin an, entschied sich aber doch für ein BWL-Studium - auch um ihren Horizont zu erweitern. "In den Semesterferien habe ich Praktika bei Unternehmensberatungen und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gemacht und dadurch auch andere Branchen kennengelernt", sagt Fabig-Grychtol. "Den Kontakt zur Landesbank habe ich trotzdem immer gehalten."

Die Sparkassen, denen ein gutes Drittel der Auszubildenden nach der Lehre Ade sagt, um zu studieren, bemühen sich besonders um die Abtrünnigen. "Häufig sind es ja nicht die Schlechtesten, die gehen", sagt Pavel Uttitz von der Deutschen Sparkassenakademie. Ein Studenten-Betreuungsprogramm lädt die früheren Lehrlinge in mehr als 30 Städten zu Vorträgen und Treffen ein, bei der Eberle-Butschkau-Stiftung der Sparkassen-Finanzgruppe gibt es Büchergeld, Zuschüsse für Studienreisen und gelegentlich auch zinslose Darlehen.

Auch Nicole Fabig-Grychtol ging zu den Treffen des Studenten-Betreuungsprogramms. Vor allem aber konnte sie einmal pro Woche als Risiko-Controllerin bei der Landesbank jobben und dadurch ihr Studium finanzieren. Nach dem Diplom schwankte sie, ob sie Bankerin oder Wirtschaftsprüferin werden sollte. "Aber dann bekam ich ein Angebot von der Landesbank, das ich nicht ablehnen konnte." Nach einem Jahr Trainee-Zeit wurde sie Assistentin eines Vorstandsmitglieds.

Studieren und arbeiten

Weder die privaten Banken noch die Genossenschaftsbanken noch die Sparkassen haben Zahlen darüber, wie viele ihrer ehemaligen Auszubildenden nach einem Studium zurückkehren. Kein Wunder, dass die Haltung der Unternehmen zwiespältig ist: Zum einen kostet die Ausbildung sie viel Geld, und das ist verloren, wenn die frischgebackenen Bankkaufleute studieren und dann zur Konkurrenz oder in eine ganz andere Branche wechseln. Einige private Banken entscheiden sich deshalb lieber von vornherein gegen Lehrstellenbewerber, die eine allzu ausgeprägte Studierneigung durchblicken lassen.

Zum anderen wird aber eben auch akademischer Nachwuchs gebraucht. Und bei Einstellungen werden diejenigen Hochschulabsolventen bevorzugt, die auch eine Banklehre vorweisen können. "Diese Leute muss man schließlich nicht mehr von der Pike auf einarbeiten", erklärt Pavel Uttitz von der Sparkassen-Akademie.

Die Banken und Sparkassen haben einen Ausweg aus ihrem Dilemma gefunden: Sie bieten ihren Angestellten immer mehr berufsbegleitende Studiengänge an. So können sie ihre Mitarbeiter halten und ihnen trotzdem einen akademischen Abschluss ermöglichen. Wer diese Angebote wahrnimmt, wird in der Regel vom Arbeitgeber unterstützt, etwa durch die Übernahme von Gebühren und großzügige Teilzeitregelungen.

Während an den internen Bildungseinrichtungen der Branche früher nur mittlere Abschlüsse - etwa Bank- oder Sparkassen-Betriebswirt - erreicht werden konnten, bieten sie nun immer mehr Bachelor- und Master-Studiengänge an. So können Sparkassen-Angestellte an der Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe berufsbegleitend drei finanzwissenschaftliche Bachelor-Abschlüsse erwerben. Im Herbst beginnt dort auch ein erster Master-Studiengang "Management of Financial Institutions". Außerdem kooperieren die örtlichen Sparkassen mit einer Reihe von Hochschulen.

Master of Finance

Die privaten Banken haben ihre Bildungseinrichtungen in Frankfurt am Main, die Hochschule für Bankwirtschaft und die Bankakademie, vor kurzem in der "Frankfurt School of Finance and Management" zusammengefasst, die bundesweit fast 70 Standorte hat. Hier kann man die klassischen mittleren Qualifikationen erwerben, außerdem werden aber auch zahlreiche Bachelor- und Master-Programme angeboten, unter anderem "Master of Banking", "Master of Finance" oder "Master of Insurance". Die Genossenschaftsbanken, die seit zwei Jahren mit der privaten Steinbeis-Hochschule Berlin zusammenarbeiten, bieten ihren Angestellten ebenfalls eine Reihe von Studiengängen mit Bachelor- oder Master-Abschluss.

Der Zeitaufwand für Banklehre und Studium lässt sich durch eine andere Variante noch effektiver verkürzen: durch ausbildungsintegrierte Studiengänge. Bis vor einigen Jahren gab es so etwas nur an den Berufsakademien in Baden-Württemberg, deren Abschlüsse freilich nicht so angesehen sind wie ein Hochschuldiplom. In den letzten Jahren haben die privaten Banken, die Genossenschaftsbanken und die Sparkassen immer mehr ausbildungsintegrierte Studiengänge ins Leben gerufen, sieben bis zehn Prozent ihrer Auszubildenden nehmen daran teil. Nach drei Jahren sind sie Bankkaufleute mit IHK-Abschluss und haben außerdem einen akademischen Grad, meist ein Bachelor.

Gewusst was

Diese neuen Möglichkeiten eröffnen auch den Angestellten Chancen, die ihre feste Stelle nicht aufs Spiel setzen wollen. Patrick Beffert, Sachbearbeiter in der Kreditabteilung bei der Raiffeisenbank Neustadt, hat schon während der Ausbildung ein Studium an der Steinbeis-Hochschule angefangen. Trotz der Doppelbelastung ist er zufrieden. "Ein Vollzeitstudium hätte ich nicht gemacht", sagt Beffert. "Man gewöhnt sich ja ein bisschen ans Geldverdienen."

Freilich ist ein klassisches betriebs- oder volkswirtschaftliches Studium breiter angelegt als die Studiengänge, die die brancheninternen Bildungsstätten und ihre Partnerhochschulen anbieten. Wer sich für einen herkömmlichen Vollzeitstudiengang entscheidet, hat deshalb mehr vom Studentenleben als die berufstätigen Fernstudenten - und außerdem nach dem Abschluss auch mehr berufliche Möglichkeiten.

Trotzdem werde die klassische Kombination aus Banklehre und späterem Vollzeitstudium künftig seltener gewählt werden, meint der Leiter Personalentwicklung bei der Deutschen Bank, Benedikt Füssel: "Meiner Ansicht nach ist das ein Karriereweg, den nach und nach immer weniger Menschen einschlagen werden." Ein ausbildungsintegriertes Studium biete im Vergleich zum klassischen Vollzeitstudium einfach zu viele Vorteile. Dass sich Bewerber damit früh auf die Branche festlegen müssen, hält Füssel für kein Problem: "Früher haben sich viele nach dem Motto beworben: Eine Banklehre ist nie verkehrt. Meiner Einschätzung nach sind die meisten Bewerber heute viel zielstrebiger. Die wissen ganz genau, was sie wollen."

© SZ vom 28.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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