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"Sind Sie schwanger?", "Wählen Sie die Grünen?". Im Vorstellungsgespräch ist nicht jede Frage erlaubt. Wann Bewerber lügen dürfen.

Im Arbeitsrecht gibt es ein Recht zur Lüge. Denn auf unzulässige Fragen des Arbeitgebers dürfen Mitarbeiter nicht nur schweigen, sondern auch bewusst wahrheitswidrig antworten.

Dieser Rechtsgrundsatz beherrscht das Arbeitsrecht seit Jahren und ist vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) jüngst sogar noch verschärft worden. Die wahrheitswidrige Antwort gibt dem Arbeitgeber bei unzulässigen Fragen selbst dann kein Recht, den Arbeitsvertrag anzufechten, wenn der Mitarbeiter für ihn "wertlos" ist (Az.: Rs. C - 109/00).

Im konkreten Fall hatte eine junge Frau ihre Schwangerschaft verschwiegen. Als sich später herausstellte, dass die Mitarbeiterin wegen des ohnehin befristeten Arbeitsvertrages für den Arbeitgeber letztlich "nutzlos", da kaum einsatzfähig war, wollte sich der Arbeitgeber vom Vertrag lösen. Anders als bisher das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt, winkte der EuGH jedoch auch in diesem besonderen Fall ab.

Die Luxemburger Richter urteilten vielmehr unmissverständlich: Allein wegen der Schwangerschaft dürfe der Arbeitgeber die Einstellung einer Mitarbeiterin nicht ablehnen. Das BAG ist dieser Rechtsprechung inzwischen in einem vergleichbaren Fall gefolgt (Az.: 2 AZR 621/01).

Sind Sie ganz gesund?

Umstritten ist unter Rechtsexperten und Gerichten aber weiter, welche Fragen ein Arbeitgeber überhaupt bei der Einstellung eines Mitarbeiters stellen darf. So hält etwa das BAG eine allgemein gehaltene "Gesundheitsfrage", anders als manche Arbeitsgerichte, für unzulässig. Die Bundesrichter wollen Fragen nach dem Gesundheitszustand jedoch dann zulassen, wenn eine Erkrankung die Eignung des Bewerbers "entweder erheblich beeinträchtigt oder aufhebt" (Az.: 2 AZR 279/83).

Strittig ist, ob ein Mitarbeiter nach einer Schwerbehinderung gefragt werden darf. Während das BAG sie grundsätzlich als zulässig ansieht (Az.: 2 AZR 54/97), haben Arbeitsrechtler inzwischen Zweifel. Sie verweisen auf eine neue europäische Gleichbehandlungsrichtlinie (2000/78/EG). Danach darf ein Arbeitgeber nur dann nach einer Schwerbehinderung fragen, wenn ein "zwingender Zusammenhang" mit der angestrebten Tätigkeit besteht. In jedem Fall kann der Arbeitgeber den Vertrag wegen arglistiger Täuschung dann nicht anfechten, wenn die Schwerbehinderung offensichtlich war, so das BAG (Az.: 2 AZR 380/99).

Links oder rechts?

Grundsätzlich geht auch die politische Einstellung eines Mitarbeiters den Arbeitgeber nichts an. Eine Ausnahme gilt für so genannte Tendenzbetriebe und für den öffentlichen Dienst. So darf ein überzeugter Atheist von der Mitarbeit in einer kirchlichen Einrichtung ausgeschlossen werden. Ebenso darf im Öffentlichen Dienst nach der Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei oder - so der Verfassungsgerichtshof Berlin (Az.: VerfGH 2/96) und das BAG (Az.: 2 AZR 549/97) - nach einer Stasi-Tätigkeit gefragt werden.

Der Arbeitgeber darf darüber hinaus der Unterwanderung seines Betriebes durch Sekten vorbeugen. Jedenfalls haben das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin (Az.: 13 Sa 19/97) und das Arbeitsgericht Ludwigshafen (Az.: 3 Ca 3165/92) Arbeitgebern erlaubt, nach einer Scientology-Mitgliedschaft zu fragen.

Dagegen darf der Arbeitgeber nach Vorstrafen nur fragen, wenn es für die Besetzung des Arbeitsplatzes von Bedeutung ist. Das BAG hat dies etwa für die Einstellung in den Polizeidienst angenommen (Az.: 2 AZR 320/98).

Eine uneingeschränkte Wahrheitspflicht besteht nach Auffassung des LAG Köln (Az.: 3 Sa 832/95) dann, wenn der Arbeitgeber nach früheren Beschäftigungsverhältnissen und deren Dauer fragt. Denn dies könne für die Einstellung durchaus von Bedeutung sein. Falsche Angaben seien daher regelmäßig als arglistige Täuschung zu werten.

© Quelle: sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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