Jobs für Berufsanfänger:Der schnelle Weg nach oben

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Konzern oder Mittelstand: Hochschulabsolventen schielen vor allem auf Jobs bei großen Firmen - zu Unrecht.

Der eine Vater war bei Daimler, der andere bei Merck, der dritte schwört auf Siemens: Wenn Berufsanfänger ihre Eltern nach einer sicheren Zukunft fragen, fallen oft die Namen von etablierten Unternehmen. In Deutschland sind das in der Regel solche aus den bedeutenden Branchen Chemie, Maschinen- und Anlagenbau, Pharmazie und Automobil. Doch nicht für jeden ist der Einstieg bei den Großen die beste Wahl. Auch bei ihnen werden die Bedingungen härter.

"Die Karriereleitern sind kürzer": Kleinere Unternehmen können für Berufseinsteiger aus vielen Gründen interessant sein. (Foto: Foto: photodisc)

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes war der Maschinenbau mit mehr als 930.000 Beschäftigten im Jahr 2005 die größte Industriebranche in Deutschland, 440.000 Mitarbeiter hatte die chemische Industrie. Und auch die jüngsten Umsatzzahlen sprechen für die etablierten deutschen Industriezweige. Dennoch gilt es bei der Wahl von Branche und Betrieb gut abzuwägen - auch dann, wenn die Eltern neben den Traditionsfirmen wenig gelten lassen wollen.

"Papa und Mama sind für junge Leute immer noch die wichtigsten Ansprechpartner, wenn es um die Berufsorientierung geht", sagt Volker Scharlowsky, der beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Berlin für den Bereich Bildung und Qualifizierung zuständig ist. "Leider haben die aber oft genau so wenig Ahnung von neuen Berufsbildern wie die Lehrer." Den Rat vieler Eltern, bei einem der großen deutschen Industriebetriebe einzusteigen, hält er zwar grundsätzlich für richtig. Stellen bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen können allerdings vielseitiger sein, sagt Bernhard Hohn von der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit in Bonn. Meist könnten Mitarbeiter dort auch schneller mehr Verantwortung übernehmen. "Die Abhängigkeit von der Auftragslage ist zwar in kleineren Unternehmen größer", sagt Hohn. Dafür seien die Karriereleitern kürzer. Darüber hinaus stiegen Akademiker als Berufsanfänger recht weit oben ein.

"Arbeitsplatzsicherheit, ein gutes Gehalt, Aufstiegschancen und die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen, das verbinden junge Leute mit einem Job bei den Großen", sagt Hohn. Dass dort keine Entlassungen anstehen, wenn die Wirtschaftslage es erfordert, sei allerdings ein Irrglaube. Gerade die Großen haben in den vergangenen Jahren sehr viele Mitarbeiter entlassen.

"Das wird noch weiter gehen", sagt Karl Bosshard, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Personalberatungsgesellschaft Kienbaum in Gummersbach. Berufseinsteiger sollten daher nicht glauben, dass sie ihr Berufsleben heute in einem einzigen Unternehmen verbringen können. Das gelte auch dann, wenn sie bei einem Traditionsunternehmen angestellt sind. "Gerade in Zeiten, in denen der Wind der Wirtschaft stark von vorne ins Gesicht bläst, fallen Aus- und Fortbildung als erstes hintenüber. Da bemühen sich die kleinen Unternehmen heute mehr - einfach, weil sie es müssen, um am Markt zu bestehen", sagt Bosshard.

Attraktiv seien dagegen nach wie vor die Programme der Altersvorsorge bei Konzernen. Außerdem ist bei den Großen auch ein Arbeitsplatzwechsel innerhalb der Firma einfacher. "Wenn die Freundin von Berlin nach Nürnberg zieht, kann ich da eventuell mit", sagt ZAV-Experte Hohn. Beim Wechsel des Unternehmens müssen sich Bewerber dagegen auf den freien Markt begeben. "Natürlich ist es leichter, innerhalb eines Unternehmens oder in einer Branche zu wechseln, als in eine andere Branche zu gehen, und ein Industriezweig mit vielen Mitarbeitern bietet dabei sicherlich Vorteile." Zudem sei ein großer Name oft eine gute Visitenkarte für spätere Bewerbungen bei anderen Arbeitgebern, fügt DGB-Mann Scharlowsky hinzu. Er gibt aber zu bedenken, dass es innovative Unternehmen in allen Größen gibt: "Auch der kleine Heizungsinstallateur arbeitet heute mit Notebook."

Angst vor der Anonymität

Schulabgänger sollten daher bei der Wahl eines Unternehmens nicht nur nach dem Namen, den Sozialleistungen und der vermeintlichen Arbeitsplatzsicherheit gehen. Es gelte immer, mehrere Punkte zu prüfen, sagt Scharlowsky: "Mit welchen Angeboten behaupten sie sich am Markt? Ist regelmäßige Weiterbildung vorgesehen? Gehen sie auch mal neue Wege, haben sie zum Beispiel eine ordentliche Website?"

"Ob ich in Papas Firma gehen soll, hängt davon ab, ob sie den internationalen Wandel vollzogen hat oder nicht", sagt Kienbaum-Berater Bosshard. Dabei sei die Frage nach der Auftragslage und der Stellung in der Branche wichtig. Der gute Name allein reiche für die Entscheidungsfindung nicht: "Wir haben ja gesehen, wie vormals scheinbar unangreifbar solide Unternehmen verkauft oder zerschlagen wurden oder in Konkurs gegangen sind." Entscheidend findet Bosshard auch noch eine emotionale Komponente: "Manche bekommen einfach Schweißausbrüche, wenn sie jeden Tag in ein 25-stöckiges Verwaltungsgebäude gehen müssen. Die sind in einem kleinen, schlagkräftigen Team viel besser aufgehoben."

© dpa, Thorsten Wiese - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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