Jobabbau und Arbeitsrecht:Entlassung nur im Notfall

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In der Krise wollen Unternehmen vor allem Kosten senken - und beim Personal sparen. Wie Firmen in der Krise versuchen, ihre Mitarbeiter loszuwerden - und wie diese sich davor schützen können.

D. Kuhr

In der Krise wollen die Unternehmen vor allem eines: ihre Kosten senken. Das größte Sparpotential sehen sie meist beim Personal. Ein Arbeitgeber hat dabei verschiedene Möglichkeiten.

Plötzlich arbeitslos: Dank Sozialauswahl muss sich ein Unternehmen ausgerechnet von den besonders Leistungsstarken trennen. (Foto: Foto: dpa)

Betriebsbedingte Kündigung

Für den Arbeitnehmer ist das die einschneidendste Maßnahmen. "Er verliert seinen Arbeitsplatz und wird in einer solchen Krisensituation in der Regel nur schwer einen neuen finden", sagt Martina Perreng, Arbeitsrechtlerin beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).

Doch der Arbeitgeber greift nur im Notfall zur betriebsbedingten Kündigung. Sie ist mit einem großen Aufwand verbunden, da sie zwingend eine Sozialauswahl verlangt. "Das heißt, dass der Arbeitgeber nicht frei wählen kann, welchen Mitarbeitern er kündigt", sagt Frank Achilles, Arbeitsrechtsexperte der Kanzlei Heisse Kursawe Eversheds in München. "Er muss berücksichtigen, wie alt der jeweilige Mitarbeiter ist, wie lange er dem Betrieb angehört oder auch welche Unterhaltspflichten er hat."

Die Sozialauswahl könne zur Folge haben, "dass sich ein Unternehmen ausgerechnet von den Mitarbeitern trennen muss, von denen es sich gar nicht trennen will, nämlich den besonders leistungsstarken." Allerdings sei es erlaubt, "Mitarbeiter, deren Weiterbeschäftigung aufgrund ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen im berechtigten betrieblichen Interesse liegt, von der Sozialauswahl auszunehmen". Außerdem dürfe der Arbeitgeber die Sozial- und Altersstruktur des Betriebs erhalten. "Er muss also nicht zwangsläufig immer die jüngsten Mitarbeiter kündigen, sonst besteht womöglich die Belegschaft plötzlich nur noch aus über 50-Jährigen."

Soll in einem Unternehmen mit Betriebsrat mehreren Beschäftigten gekündigt werden, "muss der Arbeitgeber in bestimmten, im Betriebsverfassungsgesetz geregelten Fällen einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zum Ausgleich der zu erwartenden sozialen Härten verhandeln", sagt DGB-Frau Perreng. "Arbeitnehmer, die bezweifeln, dass ihnen zu Recht gekündigt wurde, können sich innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage wehren."

Generell sollten Unternehmen aber bedenken, "dass sie Beschäftigte entlassen, die sie dringend wieder brauchen, wenn es aufwärts geht". Die betriebsbedingte Kündigung komme also nur in Betracht, wenn Arbeitsplätze nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft wegfielen. "Vor Ausspruch einer Kündigung muss der Arbeitgeber immer prüfen, ob es nicht eine andere Lösung gibt", sagt Perreng.

Auf der nächsten Seite: die Regelungen zu Alterszeit und Aufhebungsverträgen mit Abfindung

Altersteilzeit

Normalerweise läuft sie so ab, dass der Arbeitnehmer in der ersten Hälfte der Altersteilzeit-Periode voll arbeitet und in der zweiten Hälfte gar nicht mehr, sich also quasi im Vorruhestand befindet. "In dieser zweiten Hälfte der Periode zählt er nicht mehr zum Personalbestand, trotzdem erhält er über die gesamte Laufzeit sein an die Teilzeitbeschäftigung angepasstes Gehalt", sagt Achilles. "Da die Altersteilzeit immer mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses einhergeht, werden nicht selten als Anreiz zusätzlich noch Abfindungen gezahlt."

Aufhebungsvertrag mit Abfindung

Bei dieser Variante müssen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen. Sie sei unüblich geworden, sagt Achilles. Immer mehr Beschäftigte seien rechtsschutzversichert und somit bereit, den Arbeitgeber zu verklagen. "Zudem läuft der Arbeitnehmer nach wie vor Gefahr, dass ihm eine Zeit lang kein Arbeitslosengeld gezahlt wird." Dabei seien die Arbeitsagenturen eigentlich angewiesen, "Abfindungen nicht negativ zu berücksichtigen, wenn die konkrete Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung drohte".

Auf der nächsten Seite: die Regelungen zu Kurzarbeit und Arbeitszeitkonten.

Kurzarbeit

Kurzarbeit sei nur möglich, wenn ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder der Arbeitsvertrag sie vorsehe, erklärt Gewerkschafterin Perreng. Auf Anordnung des Arbeitgebers arbeiten die Angestellten dann für eine begrenzte Zeit weniger oder auch gar nicht. Ihr Gehalt reduziert sich entsprechend - im Extremfall bis auf null.

Der Arbeitgeber kann für seine Beschäftigten bei der Bundesagentur für Arbeit Kurzarbeitergeld beantragen, das allerdings den Verdienstausfall nur zum Teil ausgleicht. "Die Bundesagentur zahlt nur, wenn der Grund für die Kurzarbeit entweder die besondere wirtschaftliche Situation ist oder ein unabwendbares Ereignis", sagt Perreng. Kurzarbeit diene eher der Arbeitsplatzsicherung als dem Personalabbau, stellt Achilles klar.

Arbeitszeitkonten

"Werden sie genutzt, um die in Boom-Zeiten entstandenen Guthaben in schlechten Zeiten abzufeiern, sind sie ein geeignetes Mittel zur Sicherung des Arbeitsplatzes", sagt Achilles. Perreng weist aber darauf hin, dass das nur funktioniere, wenn die Entnahmemöglichkeit nicht von vornherein auf die Zeit vor dem Renteneintritt beschränkt worden sei. Will eine Firma Arbeitszeitkonten einführen, muss normalerweise der Betriebsrat mitbestimmen.

Auf der nächsten Seite: die Regelungen zum Sabbatical und dem Abbau freiwilliger Leistungen.

Sabbatical

Bei einem Sabbatical lässt sich der Arbeitnehmer beispielsweise für drei Monate freistellen und erhält dann in diesen drei Monaten sowie dem Rest des Jahres jeweils nur drei Viertel seines Gehalts. "Für den Arbeitnehmer problematisch ist, dass er sich selbst entbehrlich macht, denn das Unternehmen stellt sich organisatorisch auf die Zeit ohne ihn ein", sagt Achilles. Ein Sabbatical geht nur auf freiwilliger Basis.

Abbau freiwilliger Leistungen

"Werden Leistungen wie beispielsweise das Weihnachtsgeld nicht tariflich gewährt, sondern freiwillig, kann der Arbeitgeber sie grundsätzlich streichen", sagt Achilles, "allerdings hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht." Der Arbeitgeber könne auch versuchen, mit den Arbeitnehmern eine Stundung zu vereinbaren, sagt Perreng. "Das setzt aber voraus, dass den Beschäftigten solch eine Stundung möglich ist und klar abgesprochen wird, wann das Geld fließt."

© SZ vom 18.12.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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